Was der ORF bei der Berichterstattung zur Wien-Wahl geliefert hat, war für einen Nicht-Wiener kaum auszuhalten. Einstieg um 16:45, zäh wie Leder, das ganze Theater. Das Einzige, mit dem Tarek L. aufwartete, war ein Sammelsurium längst bekannter Umfragewerte. Es dauerte ewig, bis dann wirklich die ersten Hochrechnungen - also die ersten Zahlen - einlangten. Es stellt sich die Frage, weshalb so ein Aufhebens gemacht wird, wo doch über eine Stunde lang nur Nicht-Ergebnisse vorzuweisen waren.
So ein Trara gab es weder bei der Oberösterreich-Wahl noch beim steirischen Urnengang. Was soll das also? Bloß, weil Wien die Hauptstadt ist? Sind dort die Stimmen etwa mehr wert als bei den Ländern? Dies hieße außerdem, die Wiener an sich seien mehr Wert als der Rest. Die Überheblichkeit der Großstädter, die kennt man ja. Transportiert durch die großen Medienhäuser, die ihre Hauptquartiere in Wien haben und auch sonst sehr stark Wien bzw. zumindest ostösterreichisch orientiert sind. Der ORF tanzt in dem Reigen freilich hocherregt mit.
An dem Abend war es für mich schwer, zu entscheiden, wer penetranter und unausstehlicher war: Vassilakou oder Tesarek. Letzterer für seine unmanierliche Art, mit anderen zu reden oder seine aus allen Öffnungen hervortretende SPÖ-Huldigung und Häupl-Knierutscherei auf der einen oder die Grüne Vassilakou mit dem angeblichen "Wählerwillen" ausgestattet und ihre Rückgratlosigkeit auf der anderen Seite.
Lassen wir es mit der Peinlichkeit namens Tesarek insofern bewenden, als er einmal mehr den lebenden Beweis lieferte, dass man in Wien nur dann reüssieren kann, indem man demonstriert, wie artig man rote Schuhsohlen leckt.
Die Grüne Vassilakou, für mich als Nicht-Wiener nicht unbedingt eine Bekanntheit. Doch nach dem TV-Duell und der gestrigen Nachwahlanalyse werde ich sie so schnell nicht vergessen. Mich wundert es nicht, dass man sie im Internet gerne "Vassilakuh" schimpft. - Auch eine Neuigkeit für mich.
Höre ich sie reden, kommt mir immer die Claudia Roth der BRD-Grünen in den Sinn. Vassilakou ist vom selben Ungeist beseelt, von einer schreienden Präpotenz und infantilen Engstirnigkeit. Und in der Tat, beide eint derselbe fehlende Reifeprozess, den Thorsten Hinz in der JF einmal - treffender geht es kaum - so skizzierte:
"Die Grünen-Politikerin Claudia Roth hat die Stationen, die den Reifeprozeß vom Mädchen zur erwachsenen Frau markieren, souverän vermieden: Ehe, Mutterschaft, Familie." Zugegeben, im Gegensatz zu Roth hat sie irgendwann auch geheiratet.
Nur so ist es zu erklären, mit welcher Selbstgefälligkeit sie ihr persönliches Scheitern bei der Wahl trotzig überspielte und sogar von einem Wählerwillen sprach, den die Wahl angeblich für Rot-Grün zeitigte. Der Wählerwille sagt eindeutig Rot-Blau, für all jene, die es mit Zahlen nicht so haben oder visuell eingeschränkt sind und deshalb Balkendiagramme nicht korrekt interpretieren können.
Vassilakou sagte, sie werde bei einem Minus zurücktreten. Also, was ist jetzt?