Menschlichkeit auf dem Prüfstand

„Ganz Österreich braucht keine Flüchtlinge mehr“, war kürzlich bei einer Bürgerversammlung in Spital am Semmering zu hören. Unser Land ist in den letzten Monaten mit einer steigenden Zahl von Flüchtlingen konfrontiert worden: Die Kriege in Syrien und im Irak trieben große Teile der dortigen Bevölkerung in die Flucht. Nur die wenigsten von ihnen erreichen die EU und somit auch Österreich.

Der Unmut im Lande ist groß, trotz der Tatsache, dass...

Österreich solchen Flüchtlingswellen mehrmals im letzten Jahrhundert begegnete. Erinnern wir uns nur an den Balkankrieg, darunter insbesondere an die heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen und ethnische Säuberungen in Bosnien-Herzegowina. Rund 90.000 Bosnier fanden damals Zuflucht in Österreich, für sie wurden sogar spezielle Gesetzesbestimmungen verabschiedet, um ihren Aufenthalt hier zu erleichtern. Rund 60.000 von ihnen blieben dauerhaft hier und wählten Österreich als Mittelpunkt ihres Lebensinteresses. Heutzutage gelten die bosnisch-herzegowinischen Zuwanderer – darunter muslimische Bosniaken, orthodoxe Serben und katholische Kroaten – als bestens integriert, über sie gibt es in den Medien kaum negative Schlagzeilen.

Die Zahl der syrischen und irakischen Flüchtlinge ist im Vergleich zu den bosnischen damals sehr gering. Warum ist die Empörung in der österreichischen Öffentlichkeit heutzutage denn so groß?

Rechtspopulisten bestimmen den Diskurs

Es ist vor allem ein negatives mediales Bild, welches die Asylpolitik in den letzten Jahren begleitet. Durch die Ostöffnung und die Balkankriege ist die Zahl der Zuwanderer in Österreich stark angestiegen. Das rechte politische Lager hat diesen Umstand bisher immer gut für sich genutzt, die Großparteien halfen bei vielen restriktiven Gesetzesbeschlüssen auch mit.  Der politische Zugang zur Migration und Asyl war bis vor wenigen Jahren ausschließlich populistisch bis rechtsradikal besetzt. Erst in den letzten Jahren sorgten viele Initiativen und einige weisen Politiker für eine Versachlichung der Migrationsdebatte.

Nun droht uns wieder eine Radikalisierung der Atmosphäre: Der österreichische Boulevard nimmt sich des Themas Flüchtlinge und Asyl wieder an, Bürgerversammlungen und Bürgermeister widersetzen sich den Unterbringungsplänen. Diesem Hickhack muss ein rasches Ende gesetzt werden. Warum? Weil es unsere menschliche Pflicht ist, den notleidenden Menschen zu helfen. Österreich hat eine lange und gute Tradition, wenn es um Unterbringung von Flüchtlingen geht. So wie damals ist auch jetzt die ganze Gesellschaft gefordert, inklusive Zuwanderer! Hinter den Flüchtlingszahlen stehen schließlich menschliche Schicksale und Gesichter.

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