Ich war beim Hautarzt. Routine, nichts Aufregendes, Muttermalkontrolle und ein paar Fragen. Ein neuer Arzt/Ärztin, eine neue Praxis, gross, hell, schön.
Im Angebot die ganze Palette: Allergien, Hautkrankheiten, -veränderungen, man nimmt sich Zeit, berät, bei uns sind Sie gut aufgehoben. Im Internet vorher über die Leistungen informiert.
O.K., gerne, wenn die drauf schauen und testen können, wo der Ausschlag, der immer wieder kommt und geht, und die extra raue Haut herkommt und man muss nicht von Pontius zu Pilates (fg) laufen und man hat alles unter einem Dach, ja, gerne, da geh` ma hin..
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Danke!
Die Praxis war noch schöner als auf den Bildern. Viel Grün, eine sehr entspannt aussehende Buddhafigur, Wasser plätscherte, ansprechende Bilder, sogar die Sessel waren nett anzusehen. Kinder spielten, sahen auch nicht sonderlich ängstlich aus (ein gutes Zeichen) und die Vorzimmerdame war wirklich sehr freundlich.
Ich wartete ein bisschen, so 15 Minuten, das war auch vollkommen ok. Für mich im Rahmen bei einem Termin.
Bei der Begrüssung wurde mir die Hand gereicht, warum ich hier sei. Muttermalkontrolle, eventuelle Allergien, raue Haut. Ich solle mich freimachen. Unterwäsche und Socken waren egal. Wunderte mich ein bisschen, weil dort könnten ja auch Male sein.. Der Arzt/die Ärztin nahm diese "Muttermallupe" zu Hand und fuhr ratzfatz von einem zum anderen, schnell schnell darüber hinweg, murmelte "na, bei Ihnen zahlt es sich wenigstens aus". Ob es sonst noch etwas gibt. Ja, ich würd gern wissen, warum die Haut so rau ist. Na, sie müssen sie eincremen. Ja, danke, das weiss ich, das tu ich auch, nein, heute nicht, ich bin ja zur Untersuchung hier. Haben sie eine Allergie? Ja. Na dann müssen sie schauen, dass sie Dinge mit diesem Stoff X nicht verwenden. Ja, danke, das ist mir klar. Das tu ich seit 2,5 Jahren nicht, trotzdem ist die Haut rau, rissig, wieso kann das sein, haben sie eine Idee? Na, sie müssen jedes Produkt genau durchlesen, dass sie verwenden, dann kann das nicht passieren. Haben sie keinen Allergiepass bekommen? Doch. Na dann lesen sie ihn einmal, da steht genau drinnen, wie das heisst und dann müssen sie die Inhaltsstoffe von jedem Produkt genau durchlesen. Womit duschen Sie? Parfumfreie Seife, weil ich auf Parfum reagiere. Ich verschreibe Ihnen Produkt X. Darauf reagiere ich allergisch, weil da PARFUM drinnen ist. Aha. Na dann verschreibe ich Ihnen das (kritzel), damit cremen sie sich ein, zusätzlich ein Antihistamin. Ich werde sehr, sehr müde auf Antihistamin. (kritzel) Auf dieses nicht. Produkt x mit x mg? (kritzelstopp) Das nehme ich manchmal am Abend zum einschlafen. (ungeduldiges Fingertippen, dann neues kritzel). Wofür ist das Antihistamin? Na, weil sie allergisch reagieren. Worauf?
Pause.
Gibt es sonst noch etwas? Nein, danke.
Ich klappe meinen Laptop zu, weil ich zur Vorbereitung alle Hautveränderungen fotografiert hatte, um der medizinischen Fachkraft die umständlichen Erklärungen zu ersparen. Die speziell ausgebildete medizinsche Fachkraft hatte keinen Blick darauf geworfen. Es bestand kein Interesse daran. Auch meine Allergiebefunde waren nicht von Interesse. Auch dass mein Rücken juckte, wurde nicht beachtet. Ich soll mich nur von Stoff x fernhalten. Abschaselungsnote 1.
Am Heimweg dachte ich über ähnliche Begegnungen der 3. Art nach. Die Aussagen von Ärzten wie: das KANN nicht wehtun. Na, sie sind aber besonders empfindlich (während ein Gazestreifen aus einer offenen Wunde gezogen wurde). Da war die Aussage, dass die roten Pünktchen im Alter auftreten ja schon fast nett. DAS kann man gar nicht spüren, DAS bilden sie sich ein, DAS kann nicht sein, DAS ist psychisch (ich wurde 3 Wochen später operiert, da wurde das "psychische" dann entfernt..), das ist nicht üblich, das hab ich noch nie gehört.. Eine Schwester wollte mir vor Jahren eine Spritze voller Luft injizieren, ich bat sie, ein bisschen auf den Stempel zu drücken, weil die Spritze leer aussah, sie wollte einfach zustechen und ich musste drauf schauen, dass die Spritze auf den Boden fiel, um ihr zu beweisen, dass sie leer war. Sie war leer und die vorher sehr unfreundlich schimpfende Schwester war plötzlich sehr höflich. Bei einer Massage bat ich darum, keine Lotion zu verwenden, eine Masseurin rief in fremdländischem Aktenz: wieso sie haben Halluzination? (Sie konnte kaum Deutsch erkannte ich in diesem Moment). Eine andere pappte mir das Zeugs auf den Nacken und ich verlor kurzfristig meine Stimme.
Ist es die Lösung, zu Wahl- oder Privatärzten und Fachpersonal zu gehen? Nicht immer, ist meine Befürchtung. Da könnte es nämlich auch geschehen, dass dann mal hier und da eine Kleinigkeit gemacht wird, die vielleicht nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Ich verstehe schon, wir arbeiten alle nicht aus Spass, wir wollen auch alle Geld verdienen, aber wie schaut das auf dem Gesundheitssektor aus?
Ein Bekannter hat als Pharmareferent gearbeitet. Ärzte bekommen Prämien, wenn sie ein gewisses Präparat verschreiben. Ich kenne keine Details, kann mir aber vorstellen, dass das Blüten treiben kann. Ein Arzt bekommt einen gewissen Betrag pro Kassenpatient. Wenn der Arzt jetzt, so nett und bemüht er sein mag, seine Vorzimmerdame zahlen muss, seine Miete höher wird, er irgendwelche Ausgaben hat, dann MUSS er ja eigentlich zwangsweise pro Patient weniger Zeit aufwenden, weil er ja pro Patient mit der Kassa abrechnet. Wenn der Privatdoc auch grosse Ausgaben hat, muss er mehr verlangen, also mehr am Patienten tun, mehr einzelne Posten verrechnen. Ich verstehe das, das ist logisch.
Meine Frage ist, wo bleibt der Patient? Nach meiner Berechnung müssten ja beide, Kassendoc und auch der Private darauf schauen, dass der Patient NICHT gesund wird. Der Kassendoc mit Abschaseln und schnellen Rezepten, an denen er Prämien kassiert und der Private mit vielen extra gut heilenden Zusatzleistungen. Hmmm..
Heisst das jetzt, dass Ärzte grenzenlos machen können, was sie wollen, mit uns reden können, wie sie wollen und es immer schwerer und schwerer wird, einen passenden Gesundheitspartner zu finden, der mit einem mündigen Patienten auf Augenhöhe zurechtkommt?
Ich muss ihm ja glauben, was er sagt, ich habe es nicht studiert und wenn man googelt was man hat, passiert es, dass die Frage, die man eingibt, auf die Seite dessen springt, der am meisten dafür bezahlt hat. Also wieder nicht das beste Ergebnis, sondern dort, wo das Geld wohnt, nein besser, wo es in Zukunft wohnen soll.
Ich bin am Gesundheitssektor recht brav, halte Termine ein, arbeite mit, dokumentiere Fort- und auch Rückschritte und bin recht possierlich. Hallo Doc, wer will mich? ;)