Mein(e) Alien (Frau) und ihr Befeuchter (Luftbefeuchter)

Natürlich leben außerirdische Wesen mit geheimnisvollen Fähigkeiten schon seit Jahrhunderten unter uns. Wir Männer nennen sie Ehefrauen. Ich habe so ein Alien zu Hause und kann das auch beweisen. Sie hat bewundernswerte Fähigkeiten von denen wir irdischen Männer nur träumen können.

Meine Frau zum Beispiel kann mit Pflanzen sprechen. Seit ich das beobachtet habe bin ich sehr vorsichtig, was ich in meinem Arbeitszimmer tue und sage. Ich bin überzeugt, dass die Palme, die mir meine Frau zum Geburtstag geschenkt hat, in Wahrheit ein privater NSA-Spitzel für sie ist. Den hat sie mit Seramis Vitalnahrung Flüssigdünger abhängig gemacht, um ihn zu zwingen mich zu observieren. Aber das alleine ist es nicht.

Zum Beispiel hat meine Frau Körpersensoren, die es bei mir - wahrscheinlich auch bei allen anderen Männern - gar nicht gibt. Sobald die kalte Jahreszeit anbricht und unsere Heizung zum ersten Mal anspringt fühlt meine Frau es: die Luft wird trocken. Sie spürt das sofort. An ihrer Haut, an ihrer Atmung und an der Tatsache, dass unsere Meerschweinchen über Nacht vertrocknet und zu Staub zerfallen sind. Und dann ist es soweit. Er wird wieder ausgepackt. Er wird wieder gereinigt und gepflegt. Er wird wieder strategisch in unserem Schlafzimmer platziert. Unser Luftbefeuchter, oder Befeuchter, wie er umgangssprachlich genannt wird!

Luftbefeuchter - der heilige Gral

Ich brauche ihn nicht. Ich hatte noch nie das Gefühl zu vertrocknen. Auch wenn die Heizung der Luft angeblich die Feuchtigkeit entzieht. Aber ich habe gelernt, die empfindlich Balance der Machtverteilung in unserem Heim nicht zu gefährden. Meine Frau hat die Macht und ich darf verteilen.

Versteht mich nicht falsch. Ich wollte wirklich erfassen wozu ein Luftbefeuchter gut ist? Ich wollte verstehen warum meine Frau ein derart enges Verhältnis zu diesem Gerät hat? Also habe ich mir Fachliteratur besorgt. Sogar einen Bestseller mit dem viel versprechenden Titel Feuchtgebiete. Aber, in dem Buch ging es gar nicht um Luftbefeuchter. Wer hätte das ahnen können? Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.

Dschungelcamp im Schlafzimmer

Meine Frau fühlt sich in unserem Schlafzimmer zur kalten - und daher beheizten - Jahreszeit nur wohl, wenn an den Innenseiten unserer Fenster das Kondenswasser herabrinnt. Wir haben regelmäßig - angeblich prominente - Gäste, die sich bei uns im Schlafzimmer intensiv auf die TV-Show Das Dschungelcamp vorbereiten. Ich kann kaum mehr schlafen.

Einmal habe ich geträumt, dass mich ein tobender Pygmäe und Dschungelbewohner attackiert. Ich habe aber noch im Schlaf reagiert und ihn mit einem Kopfstoss und perfektem Schulterwurf aus meinen Bett geworfen. Der Arzt in der Universitätsklinik meinte dann, dass das Cut am Kopf meines Sohnes nur vier Stiche benötigt und keine Narbe bleiben würde. Er hatte auch volles Verständnis für mich, denn auch seine Frau treibt ihn mit ihrem Luftbefeuchter in viele freiwillige Nachtdienste.

Das Schlimmste an dem Luftbefeuchter ist, dass der ja arbeitsintensiv ist. Denn wenn er seine ganze Feuchtigkeit an die Luft gespendet hat, dann ist er ja selber irgendwann vertrocknet. Und dann muss jemand Wasser nachfüllen. Tja, ich erinnere nur an die vorher erwähnte, gut ausbalancierte, Machtverteilung bei uns zu Haus. Wie hat meine Frau mit einem Lächeln - wobei mir eine gewisse Boshaftigkeit nicht verborgen blieb - gesagt: »Du bist ja eh schon in einem Alter, wo du in der Nacht mehrmals raus musst. Na dann machst du das gleich, das Nachfüllen. Danke Schatz.«

Verhöhnt von einem Feuchtigkeitsspender

Das Schmerzhafteste an diesem kleinen Seitenhieb war und ist, dass sie leider ein wenig recht hat. Was sollte ich also sagen? Nahezu widerspruchslos fügte ich mich in das Schicksal eines rechtlosen - aber wenigstens nicht vertrockneten - Wasserträgers.

Und es kam wie es kommen musste. Um ca. 2:30 Uhr in der Früh erinnert mich mein Körper daran, dass es nicht mehr lange hin ist, bis ich die Berechtigung für das Seniorenticket bei der deutschen Bahn habe. Ich muss raus. Ich kämpfe mich aus dem Bett und trotte los. Nach zwei Schritten ramme ich mit der großen Zehe meines rechten Fußes den vermaledeiten Luftbefeuchter. Nicht nur das, das „ich brauche Wasser“-Nachfülllämpchen leuchtet auch schon — und zwar höhnisch und zynisch, um mir unter die Nase zu reiben, dass meine Frau recht hatte.

Da stehe ich also. Mitten in der Nacht, schmerzende Zehe und höhnisch blinkendes Lämpchen. Also denke ich mir: »Du willst nachgefüllt werden? Das kannst du haben!« Und so erledige ich — männlich effizient — zwei Aufgaben mit einem Schlag. Auf gut wienerisch ausgedrückt: »In einem Aufwischerln!«. Und jetzt ist es in unserem Schlafzimmer nicht nur so feucht wie im Dschungel, nein, es riecht auch noch so.

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