Wer den Wald vor lauter Bäume nicht mehr sieht, sollte auf einen Berg steigen. Genau dort war ich drei Tage: Bei Silvia Huber und Brigitte Weniger im Hans-Berger-Haus. Um die Bäume wieder zu sehen. Meine Lebensbäume, meine Meilensteine im Leben. Jetzt kann ich mein Notizbuch füllen, meine Biografie erzählen. Die Geschichten meiner Erinnerung. Warum? Damit erreichen wir Menschen, können Ihnen unsere Werte erklären. Einer von fünf Gründen, warum Biografien Sinn machen.
1. Biografien vermitteln Werte
2. Biografien wecken Verständnis für außergewöhnliche Lebenssituationen
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3. Das Schreiben von Biografien ruft Erinnerungen wach
4. Biografien machen Mut
5. Biografien lehren die Kunst des Weglassens
1. Biografien vermitteln Werte
Gruppen brauchen Regeln, das macht sie erfolgreicher und effizienter. Der Film »Coach Carter« mit Samuel L. Jackson in der Rolle des neuen Basketballtrainers in einer staatlichen Highschool ist ein gutes Beispiel. Als der Trainer seine Antrittsrede vor dem Team hält, etabliert er zuerst die Regeln. Er begründet sie mit seinen eigenen Erfolgen als Basketballspieler und ehemaliger Schüler derselben Schule. Wenn eine Führungskraft Regeln mit der eigenen Biografie untermauert, steht die Gruppe ihm schneller positiv gegenüber. Es ist ein Reflex, auf Neues zuerst mit Skepsis zu reagieren. Durch das Erzählen der eigenen Geschichte etabliert der Trainer Vertrauen. Er gibt etwas von seinem Leben preis und bekommt dafür die Aufmerksamkeit des Teams.
2. Biografien wecken Verständnis für außergewöhnliche Lebenssituationen
Biografien sind erinnerte Geschichten von Menschen. Sie erklären, warum wir geworden sind, wer wir heute sind. Zuhörer verstehen uns auf Grund unserer Biografien besser. Welches Schicksal muss ein junges Mädchen erlebt haben, um als Tellerwäscherin zu »enden«? Eine Position, die bildsprachlichen Charakter hat: am Ende der Servicekette. Eingestellt, um den Müll anderer Menschen zu beseitigen. Doch die Tellerwäscherin ist Künstlerin und Musikerin, der diese Arbeit Ruhe und Ordnung bietet. Wer hätte das gedacht! »Bubble dancers« ist der Spitzname für Abspüler in amerikanischen Restaurants. Die gleichnamige Seite porträtiert zehn Tellerwäscher, die jeden Tag mit ihren Händen - freiwillig oder auf Grund von Schicksalsschlägen - ihre Hände im Schmutz der Restaurantgäste baden.
3. Das Schreiben von Biografien ruft Erinnerungen wach
»Ohne Eindruck kein Ausdruck« - mit diesem Satz verabschiedet mich Brigitte Weninger vom Schreibseminar. Wie ein Musiker oder Sportler, der von Zeit zu Zeit seine Technik bei einem Profi verbessert, habe ich am Berg meine Schreibtechnik verfeinert. Ich lernte, mich auf Eindrücke einzulassen. Plötzlich roch ich wieder den Duft von Kiefern und sonnengewärmtem Waldboden. Er führte mich direkt an den Ferienort meiner Kindheit zurück. In Filmen lösen oft Symbole die Erinnerungen der Helden aus, womit die Erzählung beginnt. Im Film »Das Baumhaus« wird mit Auslösern gearbeitet, die den Vietnamveteranen (Kevin Costner) zurück in den Krieg bringen. Auch im realen Leben können wir auf unbewusst gespeicherte Informationen zurückgreifen, wenn wir diese Emotionen durch Sinneseindrücke wieder wecken. Denn Neurotransmitter speichern unsere unbewusst aufgenommenen Informationen mit Gefühlen ab. Später kann unser Gehirn wieder darauf zurückgreifen. Es vergleicht und entscheidet, ob die Situation Lust oder Unlust, Gefahr oder Sicherheit bedeutet.
4. Biografien machen Mut
In schwierigen Lebenssituationen kann man in Biografien von Menschen mit ähnlichen Schicksalen Trost und Rat finden. Dabei ergänzen die Erzählungen anderer unsere Erfahrungen. Passive Erlebnisse stimulieren die gleichen Gehirnregionen, die das aktive Erleben derselben Situation anregen würden. Zum Beispiel Evan Frank Lysaceks Geschichte über das Fallen und Aufstehen. Der US-amerikanische Eiskunstläufer hat sich 2009 den Weltmeistertitel und 2010 in Vancouver den Olympiasieg ersprungen. Seine Mutter beginnt die Erzählung jedoch mit folgenden Worten (frei übersetzt): »Eiskunstlauf ist ein Sport des Misserfolges, unabhängig von deinem Talent. Du musst tausend Mal fallen, bevor du ein Element perfektioniert hast. Aber wenn Eiskunstlauf dein Traum ist, musst du dafür kämpfen.« Ein Ansporn, immer wieder aufzustehen. Auch das Porträt über Lindsey Vonn beleuchtet ihre »im Schatten liegenden Lebensbäume«. »Du kannst nicht immer gewinnen, du musst hart dafür arbeiten. Nichts kommt zu dir. Arbeite hart und du kannst alles schaffen«, gab die Mutter Lindy Lund der amerikanischen Skirennläuferin mit auf den Weg.
5. Biografien lehren die Kunst des Weglassens
Was ist wirklich wichtig? Die größte Gabe eines Filmemachers, so erzählte mir ein Profi, sei die Kunst des Weglassens. In einer Biografie, die man zum Beispiel bei einer Bewerbung verwendet, ist diese Kunst entscheidend. Welche Meilensteine haben zu besonderen Fähigkeiten geführt, die dem künftigen Arbeitgeber nutzen könnten? Sie sind grundlegend. Welche Meilensteine verlängern nur unnötig die Vorstellung? Sie sollten weggelassen werden, um das Gegenüber nicht zu langweilen. Gleiches gilt natürlich auch für Kundengespräche.
Diese Werbespot-Serie erzählt in jeweils sechs Sekunden eine ganze Geschichte. Genau so können wir in wenige Worte Geschichten verpacken: Woran denken Sie bei »Zimt, Orangen und Nelken« mitten im Sommer?
Jetzt wissen Sie, wie Sie von Ihrer Biografie profitieren können. Schlagen Sie die erste Seite Ihres Notizbuches auf, und schreiben Sie Ihre Erinnerungen nieder. Vielleicht beginnen Sie gleich im Hier und Jetzt?
Oder haben Sie schon Erfahrungen im Niederschreiben von Erinnerungen und möchten Ihre Erkenntnisse mit uns teilen? Ich freue mich darauf!
Alles Liebe sendet
Leuchtturmwärterin Nina Karner
Danke für das Foto @Luis Llerena, Unplash