Signale senden mit Geschichten: Sieben Bereiche, in denen sie wirken

Sie treffen beim Ausgehen mit einem Studienkollegen einen Freund aus der Kindheit? Höchstwahrscheinlich stellen Sie die beiden einander mit einer Geschichte vor. Wenn auch vielleicht mit einer Kurzen: »Mit Franz habe ich schon Sandburgen gebaut. Mit Max habe ich Informatik studiert.« Das ist der Erste von sieben Bereichen, in denen Geschichten wirken: bei Vorstellungen. Im privaten und im beruflichen Umfeld.

1. Geschichten verleihen uns Einzigartigkeit bei Vorstellungsgesprächen

2. Geschichten erklären Veränderungen bei Umstrukturierungen

3. Geschichten portionieren Fakten gehirngerecht fürs Publikum

4. Geschichten überzeugen Investoren und Zahlenfreaks mit Emotionen

5. Geschichten motivieren und binden Mitarbeiter

6. Geschichten zeigen Lösungswege für Kundenprobleme

7. Geschichten gewöhnen an Neues und schätzen Bewährtes

1. Geschichten verleihen uns Einzigartigkeit bei Vorstellungsgesprächen

»Bei meiner letzten Arbeitsstelle habe ich die Pressearbeit für technisch sehr komplexe Produkte verantwortet (der Alltag des Helden). Ich musste damit Endkunden erreichen, die technische Details langweilen (der Schurke). Also habe ich begonnen, Geschichten von Kunden zu erzählen, die unsere Produkte verwenden und wie sich dadurch ihr Alltag verbessert (die Lösung). Ich habe daraus gelernt, dass man zu jedem Produkt interessante Geschichten finden kann (der Nutzen für das neue Unternehmen).«

Mit Geschichten heben wir uns bei Vorstellungsgesprächen, Antrittsreden und neuen Bekanntschaften von der Masse ab. Emotionen beeinflussen unser Gegenüber mehr denn Fakten. Verpacken wir unseren Lebenslauf in eine Heldenreise, gewinnen wir ihre Aufmerksamkeit.

2. Geschichten erklären Veränderungen bei Umstrukturierungen

Die Karriere der weltweit erfolgreichen Kinderbuchautorin Brigitte Weninger (über vier Millionen verkaufte Bücher in 42 Sprachen) begann mit einem sehr persönlichen Buch. In »Auf Wiedersehen Papa« erzählte sie die Geschichte eines Kindes, dessen Eltern sich getrennt haben. Genauer gesagt die Geschichte ihres Sohnes, um ihm die Trennung von seinem Papa besser erklären zu können.

Mit Geschichten können wir nicht nur Kindern Veränderungen erklären, sondern auch Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten. Warum ein Unternehmen an ein anderes verkauft wird. Wieso bei einem Produkt Veränderungen in der Zusammensetzung durchgeführt werden. Weshalb bestimmte Lieferanten durch andere ersetzt werden. Geschichten erklären Veränderungen und helfen, die Beweggründe leichter zu begreifen. Dadurch ermöglichen sie, mit Ungewissheit umzugehen.

3. Geschichten portionieren Fakten gehirngerecht fürs Publikum

Jill Bolte Taylor ist Gehirnforscherin. Vortrag erklärt sie dem Publikum, was bei einem Schlaganfall passiert. Langweilig? Im Gegenteil. Sie ist eine von vielen erfolgreichen Beispielen der Vortragsreihe TED - ideas worth spreading. 17 Millionen Klicks beweisen, dass Geschichten wirken. Auch bei einem medizinischen Thema.

Geschichten können Fakten in spannende Vorträge verpacken, denen Zuhörer auch wirklich zuhören. Auch wenn Kunden über technisches Wissen verfügen, nehmen sie bei Fachvorträgen mehr Inhalt auf, wenn die Präsentation oder Firmenvorstellung der Struktur einer Heldenreise folgt. Geschichten bieten den Rahmen, um Aufmerksamkeit herzustellen und Zuhörer zu gewinnen. Vortragenden hilft der Aufbau, um frei zu sprechen und den Faden nicht zu verlieren.

4. Geschichten überzeugen Investoren und Zahlenfreaks mit Emotionen

Mein guter Freund und Studienkollege Gregor Fink hat vor einigen Jahren einen schweren Schicksalsschlag erlitten: Sein Bruder ist während einer Radtour an plötzlichem Herztod gestorben. Gregor startete deshalb eine ungewöhnliche Kampagne zur Bekämpfung des plötzlichen Herztods im Sport: Er radelte von seinem Heimatort Pischelsdorf (bei Graz) an Wasserwegen entlang bis ans Schwarze Meer. Dabei hat er jeden seiner Pulsschläge während dieser Reise verkauft. Seine Unterstützer konnten ihn via Blog begleiten. Mit den Spendengeldern finanzierte Gregor den ersten Defibrillator für den lokalen Fußballplatz. Die persönliche Erfahrung und das Engagement von Gregor Fink überzeugte den Interwetten-Gründer Wolfgang Fabian und Stephan Kothgasser, gemeinsam mit ihm die Heartbeat Foundation zu gründen. Sie haben bereits neun Herzsicherheitsprojekte umgesetzt, ein Buch veröffentlicht und einen Fernsehspot gedreht. Der Spot erzählt die Geschichte von Sportler Fabian.

Start-ups können mit ihren persönlichen Geschichten Investoren überzeugen. Sie können glaubhaft machen, warum sie sich für ein Thema, ein Produkt oder eine Dienstleistung einsetzen. Dadurch erreichen sie die Emotionen eventueller Geldgeber. Denn auch Investoren lassen sich mehr von Emotionen, Leidenschaft und Liebe, denn von Logik bewegen.

5. Geschichten motivieren und binden Mitarbeiter

Nachdem die Rassentrennung 1964 in Amerika abgeschafft wurde, übernahm der Schwarze Herman Boone als Chefcoach die Footballmannschaft »Titanen«. Aus einem ursprünglich rein weißen Team wurde eine gemischtfarbige Mannschaft mit schwarzem Cheftrainer. Um daraus eine Gewinnermannschaft zu machen, machte der Coach die Rassentrennung zum Schurken. Mitten in der Nacht lies er das Team zu einem Schlachtfeld rennen. Dort beschrieb er ihnen den Kampf zwischen Weißen und Schwarzen: Den Geruch von Rauch, den Anblick von blutgetränkten Feldern, die verzweifelten Schreie, das Gefühl von heißem Blei. Das Team sollte nicht zulassen, dass die Hautfarbe sie trenne. Bei einem wichtigen Spiel rief er ihnen wieder in Erinnerung, wer ihr eigentlicher Feind war: Nicht die gegnerische, ausschließlich weiße, Mannschaft, sondern der Gedanke der Rassentrennung, der über Sieg oder Niederlage entscheidet. »Gegen jede Regel« ist die geniale Verfilmung dieser wahren Geschichte mit Denzel Washington.

Wenn man in Unternehmen einen Schurken identifiziert, motiviert das die Angestellten und stärkt das Teamgefüge. Schufte können dabei Mitbewerber oder auch Umstände sein, die es mit dem Produkt oder der Dienstleistung zu bekämpfen gilt. Sie machen aus Unternehmen Mythen und aus Mitarbeitern die Helfer des Helden. Auch in privaten Beziehungen kann die »Wir gegen den Rest der Welt«-Einstellung enormen Zusammenhalt wirken.

6. Geschichten zeigen Lösungswege für Kundenprobleme

Kennen Sie das? Ein Mann beim Shopping. Er hasst es, windet sich, wird vom Jäger zum Gejagten. Wenn Ihnen diese Situation bekannt vorkommt, werden Sie die Geschichte aufmerksam verfolgen. Sie wird relevant für Ihr Gehirn. Was hat der Held in der gleichen Situation getan? Wie hat er das Thema gelöst? Eine gute Geschichte liefert die passende Antwort.

Geschichten stellen die Lösungswege des Helden aus einer Sackgasse dar. Unser Gehirn vergleicht die Heldenreise mit unseren Herausforderungen. Passen sie zusammen, fesselt die Geschichte unsere Aufmerksamkeit. Sie wird relevant für uns, bietet uns eine Lösung an.

7. Geschichten gewöhnen an Neues und schätzen Bewährtes

Keine Frage, er war neu. Aber er erinnerte an eine Erfolgsgeschichte der Automobilbranche. Die Reinkarnation des VW Käfer ist ein gelungenes Beispiel, wie Volkswagen 1998 aus dem Käfer einen Beetle machte. VW half uns mit einem Werbefilm, das Neue anzunehmen. https://youtu.be/ELMyKTSvIQ4 Die Geschichte knüpft dabei geschickt an Erinnerungen an, um die Brücke zum Neuen herzustellen. Ohne den VW Käfer dabei als »Altes« herabzusetzen, sondern ihn im Gegenteil als Legende weiterleben zu lassen.

Unser Gehirn lehnt Neues im ersten Moment als natürliche Reaktion ab. Es möchte möglichst viele Gewohnheiten entwickeln, um Energie zu sparen. Doch verpackt in eine Geschichte können wir uns schnell an Neues gewöhnen. Es wird uns vertraut und plötzlich zur Gewohnheit. Das funktioniert nicht nur bei neuen Produkten, sondern auch bei neuen Geschäftsmodellen, Ideen. Geschichten machen Dinge greifbar.

In meinem vorherigen Blog habe ich die sieben Vorteile von Geschichten beschrieben. Heute haben Sie von den zahlreichen Einsatzgebieten für Geschichten gelesen. Kennen Sie weitere erfolgreiche Einsatzgebiete? Dann teilen Sie Ihr Signal mit uns! Beim nächsten Mal werden Sie erfahren, welche Zutaten eine gute Geschichte ausmachen.

Alles Liebe sendet

Leuchtturmwärterin Nina

Foto: Doganca Ozturan

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