Caitlyn, eine ruhige Siebtklässlerin in Kalifornien, wurde von ihren Klassenkameraden schikaniert. Vielleicht, weil das Mädchen jeden Tag dieselben Cowboystiefel trug. Das Ganze ist zehn Jahre her, doch ihre Englischlehrerin erinnert sich wie heute: »Die anderen Kinder waren furchtbar. Sogar die besten Kinder können sich manchmal abscheulich verhalten. Die Unterstufe ist ein Dschungel.« Ein Dschungel, dessen Gesetze sich ändern können.* Durch Storytelling.
Biologische Energiesparmaßnahmen
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Eingefahrene Meinungen (negativ gesprochen Vorurteile) über Personen, Unternehmen, Marken - lassen sich relativ einfach erklären. Das Gehirn arbeitet mit dem einfachen Lernprinzip der Evolution: »Das haben wir schon immer so gemacht.« Dabei spielt die »Energieeinsparung« des Organismus eine große Rolle. Denn je automatisierter unser Gehirn arbeitet, umso weniger Körperenergie (5 % statt 20 %), »verbraucht« es. Treten Bilder, Töne oder Ereignisse immer wieder zeitgleich mit einem Gefühl oder einer inneren Stimme auf, werden sie im Gehirn verknüpft. Cowboystiefel verbinden wir mit Wildnis und Abenteuer. Weil sie uns oft in diesem Zusammenhang gezeigt wurden. Diese Verbindung speichert das Gehirn ab. Es entsteht ein neuronales Netzwerk (vgl. Brain View von Hans Georg Häusel). Je mehr emotionale, akustische und optische Reize dabei aktiviert werden, desto größer wird das Netzwerk. Je öfter ein bestimmtes Ereignis mit einem dieser Reize zeitgleich auftritt, umso stärker wird die Verknüpfung. Bis die Stiefel alleine ausreichen, um das Gesamtbild einer Person - oberflächlich - zu formen. Bestätigt eine Information unsere Meinung, wird sie noch verfestigt. Da unser Gehirn nach Bekanntem sucht (Energie sparen), konzentrieren wir uns auf die Punkte, die diese Meinung bestätigen. Gegenteilige Nervennetzwerkspunkte werden immer schwächer und sterben ab. Wir selektieren unbewusst zu Gunsten unserer (vorgefertigten) Meinung. Denn das bedeutet Sicherheit; Gewohntes, das wenig Energie kostet.**
Was heißt das bezogen auf Storytelling, Mitarbeiterführung und Werbung?
1. Durch Geschichten kann man »Vorurteile« hervorrufen. Das heißt, man kann den Eindruck des Unternehmens für Mitarbeiter und die Öffentlichkeit prägen.
2. Storytelling hat viel mit Storylistening zu tun. Wenn wir den Geschichten von Menschen zuhören, können wir neue Blickwinkel kennen lernen und Vorurteile abbauen. Speziell Geschichten, die Emotionen hervorrufen, können Verständnis für Veränderungsprozesse hervorrufen.
3. Geschichten können am besten durch Storyshowing zum Leben erweckt werden. Je mehr ein Erzähler das Erzählte aktiv umsetzt, umso mehr wird er zum Vorbild. Veränderungsprozessen wird die »Bedrohlichkeit« genommen, sie werden zu denkbaren Möglichkeiten.
4. Verhaltensänderungen sind mit Geschichten leichter zu erzählen, zu merken, schneller nachvollziehbar und vor allem emotional erlebbar.
Zeit für neue Schuhe
Zurück zu Caitlyn. Ihre Englischlehrerin hat in der Klasse StoryCorps vorgestellt. Mit diesem - jetzt als App verfügbaren - Programm kann man Menschen interviewen und diese Gespräche in einer öffentlichen Datenbank für die Allgemeinheit aufbewahren oder privat archivieren. Caitlyn und ihre Mitschüler mussten zur Übung eine wichtige Person ihres Lebens interviewen. Das Mädchen mit den Cowboystiefeln wählte ihre Mutter. Diese erzählte von dem Leben, seit Caitlyns Vater an Krebs gestorben war. Vor seinem Tod wollte er seiner Tochter noch ein Geschenk für die Ewigkeit machen - sie wählten ein paar Cowboystiefel. Ein Jahr später wurde bei Cailtyn ebenfalls Hautkrebs festgestellt. Ein Stück ihres Fußes musste entfernt werden. Die Schuhe ihres Vaters waren die einzigen, die ihr genug Halt gaben. »Niemand von uns wusste das über sie«, erzählte die Lehrerin. »Wir fühlten uns alle ziemlich klein. Ich persönlich schämte mich. Wie konnte ich so etwas von einem meiner Schüler nicht wissen?«. Die Sticheleien stoppten. Nicht nur bei Caitlyn, sondern in der gesamten Klasse.* Storytelling veränderte alles.
Alles Liebe,
Nina
*Frei zusammengefasst aus »How telling stories can transform a classroom«, 30. September 2015,
**Dieses Hintergrundwissen verdanke ich Diplompsychologe Hans-Georg Häusel und seinen Büchern
Danke für das Foto an Chelsea Francis, Unplash