Storytelling ist die Erzählkunst, die in erfolgreichen Büchern angewendet wird. Von der Bibel bis zu Bestsellern. Aber wieso sollte jeder Mensch mindestens eine Geschichte erzählen können? Sechs Umstände sprechen dafür, Regeln, Wissen, Erfahrungen und Werte in Geschichten zu verpacken.

Methodisch wird Storytelling seit einiger Zeit - so sagt Wikipedia - für Bildung, Therapien und Wissensmanagement angewendet. Außerdem ist es eine beliebte Technik des professionellen Geschichtenerzählens. Marketingfachleute auf der ganzen Welt setzen es gezielt zur wirkungsvollen Unternehmenskommunikation ein. Doch Storytelling praktizierten wir schon, da war das Wort »Marketing« noch nicht erfunden. Seit Menschen sprechen, das sind zwischen 70.000 und 40.000 Jahren. Instinktiv haben unsere Vorfahren erkannt, dass Informationen, Regeln und Erlebnisse leichter zu merken sind, wenn wir sie in Geschichten verpacken. Was früher am Lagerfeuer ausgetauscht wurde, besprechen wir heute am Tresen.

Die Neurobiologie hat nachgewiesen, dass unsere Vorfahren Recht hatten. Geschichten aktivieren mehrere Gehirnregionen gleichzeitig (im Gegensatz zu Fakten). Sie beeinflussen die Hormonausschüttung im Körper (Oxytocin, Cortisol und Dopamin) und werden durch Emotionen und innere Bilder sofort gespeichert. Fakten hingegen müssen öfter wiederholt werden, bevor sie in unserem Gehirn einen fixen Platz bekommen. Viele Unternehmen nutzen die Macht der Geschichten: Bosch, Nivea, Moleskine, Beate Uhse, Coca Cola, Nespresso, Red Bull. Firmengründer wie Ingvar Kampsrad von Ikea oder Heini Staudinger von GEA oder Margarete Steiff liefern Anekdoten, die Werte vermitteln. »Schön und gut«, höre ich Sie denken, »doch warum sollte jeder von uns mindestens eine Geschichte erzählen können?«

1. Wenn Sie von Ihren Kindern verlangen, neben dem Studium zu arbeiten, ist es ratsam, selbst eine Geschichte über ein Praktikum erzählen zu können. Oder eben eine Anekdote, die erklärt, wie Ihnen diese fehlende Erfahrung später geschadet hat und warum Sie heute so großen Wert darauf legen. Denn: Geschichten vermitteln Werte besser.

2. Die natürliche Reaktion auf Neues? »Nein, danke.« Das hat unser Körper so eingerichtet. Rituale sparen unsere Körperressourcen für Kampf und Flucht. Wenn sich Zuhörer auf eine Geschichte konzentrieren, wird diese natürliche Abwehrreaktion ausgehebelt. Heißt: Geschichten verhindern Gegendruck.

3. Kennen Sie Kopfkino? Geschichten werden sofort in Bilder verwandelt. Sie vermitteln Emotionen und lösen Emotionen aus (zumindest bei mir, wenn ich wieder mal für die Hauptfigur heule oder erschrecke). So wandern sie auf direktem Weg in unser Gehirn. Anders als Fakten, die wir mühsam lernen müssen. Geschichten sind leichter merkbar.

4. Wann haben Sie am leichtesten gelernt? Ich, wenn mich die Inhalte fasziniert haben, ich sie gleich anwenden konnte und mich damit identifiziert habe. Das tun Geschichten. Sie wirken vertraut und wir können mit in Geschichten verpacktes Wissen leichter weitergeben.

5. »Das kenn` ich!« - kommt Ihnen das bekannt vor? Je älter wir werden, umso mehr haben wir erlebt und können uns sofort in eine Person in ähnlicher Situation versetzten. Und Erfahrungen sowie Geschichten über Erlebnisse verbinden.

6. Der vielleicht wichtigste Punkt, warum Sie Geschichten erzählen sollten: Geschichten haben Sie geprägt. So bleiben Sie bei Gesprächspartnern in Erinnerung. Geschichten verleihen Ihnen Einzigartigkeit.

Geschichten müssen nicht unbedingt real sein, um diese Effekte zu erzielen. Gehirnforscher haben festgestellt, dass auch fiktive Geschichten wirken. Sogar, wenn das Publikum das weiß. Denn auch wenn sie erfunden sind, haben sie Überzeugungskraft. Das Zuhören zwingt unsere Wahrnehmung, die lebensechten und plausiblen Erklärungen dem logischen Denken zu bevorzugen. Ich erinnere mich an das Buch »Illuminati« von Dan Brown. Die Geschichte war für mich so schlüssig, dass ich während des Lesens von ihrer Echtheit überzeugt war. Obwohl viel »fantastischer«, ist mir dasselbe bei »Meteor« passiert. Vielleicht kennen Sie das, wenn man plötzlich in diese erzählte Welt versinkt, erschrickt, lacht und zittert.

Übrigens nutzen viele Redner mittlerweile Leadertelling® - Führen und Gestalten mit Storytelling. Digital-Experte Karl-Heinz Land von der Kölner Digitalberatung neuland hat den reißerischen Titel seines Buches »Digitalisierter Darwinismus. Der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell« durch seinen Sohn Felix Land in einer Geschichte visualisiert. Dazu hat er sich der Struktur einer echten Geschichte bedient: dem Aussterben der Dinosaurier.

So funktioniert Storytelling. Deshalb sollte Jeder/Jede mindestens eine gute Geschichte parat haben, die in Erinnerung bleibt.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen
irmi

irmi bewertete diesen Eintrag vor 9 Jahren

3 Kommentare
User
Mention
Hash-Tag
Tippe @ für Erwähnungen, # für Hashtags.
  • 👍
  • 🤗
  • 😉
  • 😂
  • 🙁
  • 😀
  • 😋
  • 😗
  • 😎
  • ❤️
  • 🤮
  • 😡

Mehr von Nina