Wenn man eine gewisse Zeit in einer Beziehung ist, ist es ja oft so, dass viele Themen durchgekaut sind und man nur bedingt neuen, wirklich interessanten Gesprächsstoff findet, wie beispielsweise damals in der Kennenlern-Phase. Das zumindest ließ mich mein Umfeld im Urlaub vermuten. Und damit sind gar nicht die 50+-Paare gemeint, welche wahrscheinlich mindestens 15 Jahre zusammen sind, sondern die jungen Paare, welchen ich maximal 5 Jahre gebe. Die sitzen nämlich beinahe alle beim Frühstück und Abendessen und haben sich scheinbar gar nichts zu sagen. Stattdessen werden andere Menschen beobachtet oder aufs Smartphone gestiert. Ab und an gibt es einen kurzen Wortwechsel wie z.B. "Ich geh' mal auf's Klo" oder "Ich geh' mal zum Buffet" und das war's dann auch für's Erste. Manchmal wird noch für ein paar Bilder, welche auf sozialen Netzwerken hochgeladen werden, lächelnd posiert, um den Menschen im Wohnort zu zeigen, wie toll der Urlaub doch ist. Und anschließend wird sich wieder nur angeschwiegen. Offenbar ist das die Auszeit, welche diese Menschen für 600€-800€ pro Person kaufen wollten.
Mittlerweile habe ich selbst verstanden, dass die wenigsten Beziehungen wirklich auf einer romantischen Liebe aufbauen, sondern eher aus gesellschaftlich passenden Schachtelsystemen und Zeitvertreib resultieren. Sexuell scheint die Beziehung auch von wenigen Höhepunkten geprägt zu sein, denn dann würden die Paare zumindest irgendeine Art von Post-Sex-Euphorie ausstrahlen. Diese habe ich zumindest einige Male bei den 50+-Paaren gesehen. Den Hang zur Selbstdarstellung auf sozialen Netzwerken und das Bespielen des Hirns mit Informationen aus ebendiesen, gänzlich für die Sprachlosigkeit verantwortlich zu machen, wäre sicher verwerflich, aber dennoch denke ich, dass das auf jeden Fall eine große Rolle in der unerfüllten Pärchen-Interaktion heutzutage spielt. Und das Traurigste an der Sache ist, dass die Personen dabei keine Resonanz erfahren. Laut Hartmut Rosa ist Resonanz nämlich ein unheimlich wichtiges Kriterium innerhalb der zwischenmenschlichen Kommunikation. Denn Gespräche mit Resonanz fördern unsere Weiterentwicklung und lassen uns wachsen an der Interaktion. Das sind diejenigen Gespräche, in welchen man die Zeit vergisst und für sich persönlich neue Erkenntnisse sammelt, also folglich auf eine gewisse Art dazulernt. Daher finde ich es sehr schade, dass man diese mit der Person, welche man am häufigsten um sich hat, offenbar sehr selten hat. Da braucht man sich eigentlich auch nicht wundern, dass sich die jüngeren Generationen so häufig scheiden lassen. Jedem normalen Menschen würde so eine unbefriedigende Interaktion irgendwann an die Substanz gehen.
Ich fand es ziemlich schade, wie viele Menschen den Anschein machten in diesem Urlaub festzustecken. Denn eigentlich nimmt man sich diesen, um sich mal von dem alltäglichen Wahnsinn zu lösen und nur das zu tun, was die Seele baumeln lässt. Doch bei diesen Paaren hatte ich eher das Gefühl, als gäbe es neben dem alltäglichen Leben irgendwie nichts mehr. Als wäre das der einzige Inhalt in ihrem Leben und alles andere (z.B. Urlaub, Beziehung) nur etwas, was sich eher nebensächlich abspielt. Denn eine solche Teilnahmslosigkeit an den schönen Dingen des Lebens impliziert irgendeine Form von Unstimmigkeit. Selbst die Aktivitäten innerhalb der sozialen Netzwerke lassen in diesen Fällen darauf schließen, dass es auch hier primär um andere Menschen, indem man diesen eine Darstellung des schönen Urlaubs liefert. Unabhängig davon ob das nun wirklich so ist oder nicht. Realitätsflucht wird für unsere Generation höchstwahrscheinlich immer relevanter werden, doch dieses Fass werde ich in einem anderen Blogeintrag öffnen. Abschließend kann man nur hoffen, dass sich die Sprachlosigkeit nicht auch außerhalb des Urlaubs breitmacht und meine Beobachtungen nur temporär an die Urlaubssituation gebunden sind.
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pixabay/JUrban