Der deutsche Schriftsteller Jean Paul verwendete diesen Begriff, um eine tiefe Melancholie auszudrücken, welche eigentlich nicht direkt aus den eigenen Umständen herrührt. Es könnte auch als eine temporäre Depression bezeichnet werden, welche auch auf der Suche nach dem eigenen Platz in der Welt in Erscheinung treten kann. Meistens tritt dieser Weltschmerz – bei Menschen, die ihn fühlen können – erstmals in der Pubertät ein. Diese Einschränkung gibt es deshalb, weil nicht alle Menschen fähig sind, Weltschmerz zu empfinden. Menschen, die ihre Anforderungen an sich und ihren Lebensstandard in unmittelbarer Nähe stellen, kommen überhaupt nicht dazu, Weltschmerz zu empfinden. Denn um Weltschmerz fühlen zu können, muss man auch ein Gefühl bzw. Bewusstsein für die Welt und die Gesellschaft haben.

Weltschmerz = Gefühl der Trauer und schmerzhaft empfundener Melancholie, das jemand über seine eigene Unzulänglichkeit empfindet, die er zugleich als Teil der Unzulänglichkeit der Welt, der bestehenden Verhältnisse betrachtet

Doch wie geht man damit um und wie kann man diesen Schmerz identifizieren? Wie bei jedem Schmerz oder jeder Wehleidigkeit, sollte man diese im ersten Schritt akzeptieren und zulassen. Der Druck der Gesellschaft, dass es einem immer gut gehen muss ist eigentlich das, was für uns den Schmerz letztendlich so schlimm macht. Sobald man diesen Druck nicht mehr an sich ranlässt und den Schmerzen fühlt, weiß man vielleicht, was in der Literatur und von bekannten Philosophen unter dem Genuss am Leid zu verstehen ist. Sich in der Traurigkeit wohl zu fühlen und sich in ihr gehen zu lassen ist, ist akzeptabel und womöglich für denjenigen eine Notwendigkeit. Die Tendenz zum Pessimismus ist auch ein weiterer Aspekt, der einem dieses starke Gefühl der Melancholie eher eröffnet. Somit wird eine optimistische Person diese Traurigkeit über Unzulänglichkeit überhaupt nicht nachvollziehen können. Denn für Optimisten ist das Glas eben immer halb voll und nicht halb leer. Somit erkennen sie auch in möglicherweise negativen Sachverhalten noch Positives oder nehmen diese nicht so schwer hin.

Das Wort Weltschmerz hat ja auch etwas dramatisches, drastisches an sich und ist angesichts der aktuellen weltlichen Lage möglicherweise noch häufiger als sonst. Meine Generation ist im Gegensatz zu anderen ohne wirkliches Leid aufgewachsen und fühlt sich nun mit diesem mehr konfrontiert als je zuvor. Allein die Zuwanderung der Geflüchteten konfrontiert uns bereits damit, denn sie zeigt uns dass wir – trotz der Tatsache, dass es die Menschheit besser wissen müsste – immer noch Kriege führen und nach wie vor nicht in Frieden leben. Individuen mit Weltschmerz werden diese Tatsache nicht verstehen können. Warum gibt es Krieg, obwohl wir doch alle gemeinsam auf dieser Welt sind? Wir sollten uns doch lieber mit dem Wohl der Natur und der Menschheit auseinander setzen. Obwohl wir so viel haben, sind wir noch so gierig nach noch mehr und fressen uns in dieser materiellen Gier gegenseitig auf. Dabei ist die Zeit auf dieser Welt doch so begrenzt und gibt uns so wenig Möglichkeiten einen Unterschied zu machen. Deshalb sollten wir uns doch viel mehr Mühe geben einen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten. Und dennoch können wir es irgendwie nicht. Weltschmerz. Letztens habe ich mir den Jahresrückblick Nervöses Republik – Ein Jahr Deutschland angesehen und war so traurig, den Hass zu sehen, der so viele Leute, aus der Angst vor etwas Unbekanntem, in den Bann zog. Diese Zugehörigkeit, die Menschen im gemeinsamen Hassen fühlen ist so stark und reißerisch. Es wird einfach drauf losgehetzt, ohne sich selbst mal Gedanken zu der Thematik zu machen. Leider sind die Wenigsten von diesen Menschen anschließend mit einer gewissen Peinlichkeit über die eigene Dummheit berührt. Denn es gibt nun mal sehr viele Nationen auf dieser Welt und anstatt diese Tatsache zu akzeptieren, wird konsequent das Überleben der eigenen Haut in den Vordergrund gestellt. So als würde es nicht ausreichend Platz für alle geben. So als wäre ein Mensch mehr wert als ein anderer. Und da ist er wieder: Weltschmerz.

Es gibt noch einen ähnlichen Schmerz, den ich irgendwo aus dem Weltschmerz ableite: den Schmerz darüber, nirgendwo wirklich zugehörig zu sein. Diesen hat Holly Golightly in „Frühstück bei Tiffany“ (1961) meiner Meinung nach am Besten beschrieben:

„Kennen Sie das auch, wenn einem alles zum Hals raushängt?“ – „Wie meinen Sie das? Wenn man Weltschmerz hat?“ – „Nein. Den hat man, weil man zu dick wird oder weil es zu lange regnet. Man ist krank, das ist alles. Was ich meine, ist viel schlimmer. Man hat plötzlich Angst und weiß nicht wovor. Kennen Sie das Gefühl?“ – „Sicher.“ – „Wenn ich das Gefühl kriege, dann hilft nur eins: in ein Taxi springen und zu Tiffany fahren. Das beruhigt mich sofort. Es ist wie eine einsame Insel, da kann einem gar nichts Schlimmes passieren. Wenn ich irgendwo ein Fleckchen finde, wo ich dasselbe Gefühl habe wie bei Tiffany, dann kauf ich mir ’ne Einrichtung und geb der Katze einen Namen.“

Bei diesem Schmerz hilft wohl einfach nur Zeit. Manche Ursachen kann man erkennen und dennoch nicht so einfach lösen. Sich zugehörig und angekommen zu fühlen, hat nämlich viel mit dem eigenen Umfeld und den Umständen zu tun. Deshalb sollte man versuchen geduldig zu sein und den Menschen, die gut zu einem sind mehr Zeit zu widmen. Denn letztendlich ist nur bei den Bewohnern dieser Erde, auch Tieren, eine wirklich bereichernde Gegenseitigkeit zu finden.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 25.04.2017 22:51:00

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