Anders kann man nicht ausdrücken was Christoph Rickels vor 10 Jahren widerfahren ist. Kleine Ursache große Wirkung. Wegen eines spendierten Drinks prügelte ein eifersüchtiger Typ Christoph fast zu Tode.

Quelle: first-togetherness.com - Strelitzer Zeitung

Christophs Geschichte machte Schlagzeilen, vor allem wie Christoph sein Schicksal angenommen hat. Seine Leidesgeschichte hat mich unheimlich berührt.

In habe in meiner über zwei Jahrzehntelangen Zeit bei der Polizei überwiegend im operativen Dienst genügend Formen der Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten erlebt.

Ich bin skrupellosen brutalen Menschen begegnet, die bereit waren jemand wegen einer Kleinigkeit so zuzurichten, dass der Unterlegene sein Leben verlieren oder zumindest als Krüppel hätte enden können. Beim Einschreiten war oft das letzte Mittel, um entsprechende Zustände der Gewalt zu beenden, ebenfalls polizeiliche Gewalt anzuwenden. Und wenn man sich anschließend nach dem Sinn gefragt hat, wird es keine plausible Antwort darauf geben.

Ich weiß selbst sehr gut wie es ist, wenn man plötzlich in eine lebensbedrohliche Situation kommt und dabei das Gefühl der Todesangst kennenlernt.

Bei mir liegt dieser spezielle Vorfall nun schon zwei Jahrzehnte zurück und immer wieder schwirrt er mir bei entsprechenden Situationen im Kopf herum.

Als angehender Kommissar bekam ich einen Spezialauftrag. Ich sollte mich federführend um die Festnahme eines brutalen Bankräubers kümmern. Womit mein Kollege und ich nicht gerechnet hatten, dass der Bankräuber nicht alleine am vorgesehenen Festnahmeort aufgetaucht ist. Beim geplanten Zugriff schaute ich plötzlich in den Lauf einer abgesägten Pumpgun und wäre um Haaresbreite erschossen worden.

Ich glaube es war nur das diplomatische und zielgerichtete Handeln, das Zureden und mein Kollege, was mir letztendlich das Leben gerettet haben. Wäre der erste Schuss gefallen hätte es bestimmt mehrere Tote gegeben und ich wäre dabei gewesen.

Als ich Christophs Botschaft hörte dachte ich wieder daran, an den Bankräuber dem eigentlich alles egal war. In dieser Situation versuchte ich ihm durch gutes Zureden symbolisch die Hand zu reichen, wie er später sagte hat mir das tatsächlich mein Leben gerettet. Die gewaltfreie Auseinandersetzung ist auch Christophs Kernbotschaft.

Man muss sich gewaltlos die Hand reichen, erst dann ist man cool. Ich weiß, nicht jeder nimmt diese Hand an. Dennoch liegt Christoph mit seinem Engagement absolut richtig. Leider hatte er damals nicht die Chance zu reden und seine Hand zureichen.

Wer ist Christoph

Mir ist Christoph in einer Talkshow aufgefallen. Ehrlich gesagt, ich schaue nicht mehr viele Talkshows. Ich will aber an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen warum das so ist.

Beim Durchzappen landete ich bei dieser besagten Talkshow wo es mehr um, ich sage es einmal so, Lifestyle ging. Erst plauderte Wofgang Stumph, ein erstklassiger Schauspieler, einer der Wenigen die wir noch haben. Übrigens auch ein Unterstützer von Christoph. Nach Wolfgang Stumph wollte ich wieder wegzappen und dann kam Christoph. Sofort fielen seine Sprachschwierigkeiten auf und dann wurde man neugierig, ich gebe es zu. Auch die Anmoderation durch Hubertus Meyer-Burckardt war schon spannend. Schon beim ersten Satz und dem erfrischenden Blick wirkte Christoph sofort überaus sympathisch.

Quelle:

you tube mit dem Tatausschnitt - bei min 2:20 ist die Tat zu sehen.

Christophs Drama

Was aber ist mit Christoph überhaupt geschehen? Es war vor zehn Jahren bei einer Abschlussfeier in einer Disco. Dort hat er einem Mädchen einen Drink spendiert. Dann beim Verlassen der Disco schlug, wie es sich später herausstellte der eifersüchtige Freund so brutal auf ihn ein, dass er in Folge mit dem Kopf auf den Boden knallte. Christoph hatte nicht die geringste Chance zu reagieren geschweige denn ein klärendes Gespräch mit dem kaltblütigen Schläger zu führen.

Auf einer Überwachungskamera wurde der brutale Angriff festgehalten. Wenn man diese Bilder sieht fehlen einem die Worte.

Ein Glück dass es Christoph noch gibt

Christoph lag knapp vier Monate im Koma. Seiner Mutter wurde von den Ärzten gesagt, dass es schlecht um ihn stehen würde.

Man muss sich einmal vorstellen, was in Christophs Eltern vorging. Wegen eines spendierten Drinks wird mit fast zu Tode geprügelt. Und nur durch ganz viel Glück hat er überlebt und die Eltern können froh sein, dass sie ihren Christoph noch haben.

Allerdings ist er zu 80 % schwerbehindert.

Christoph stellt sich seinem Schicksal

Er lässt seinem Schicksal ab jetzt keine Chance mehr. Er ist eine bewundernswerte Persönlichkeit. Jemand wie ihn muss man einfach mögen und auch vor ihm den Hut ziehen. Mit seinem Engagement hilft er der zunehmenden gesellschaftlichen Verrohung entgegenzuwirken.

Christoph hat das Projekt first togetherness gegründet und bringt damit zum Ausdruck, dass Gewalt und das Spielen des großen Mackers überhaupt nicht cool sind. Es ist ein Projekt gegen Gewalt im Irrgarten zur Gerechtigkeit. Durch seine Sympathie und Überzeugungskraft schaffte er es auch Prominente in seinen Bann und mit ihm an einem Strang zu ziehen.

Wenn Christoph seine Geschichte erzählt und für Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit kämpft und dabei Tränen fließen, ist das eigentlich nur eine logische Folge und die Empathie, die uns auch immer mehr abhandengekommen ist.

Ein unglaublich tapferer Held, der keine Fäuste braucht, sondern zeigt wie ein friedliches Miteinander funktionieren kann. Leider haben wir zu wenig Christophs, die uns immer wieder die Augen öffnen.

Christoph hat mich in wenigen Minuten so überzeugt, dass ich mit ihm in Kontrakt getreten bin.

Es macht Spaß und Freude mit ihm in Verbindung zu stehen und ihn zu unterstützen.

Wenn Christoph ruft werde ich ihn gern mit meinen Erfahrungen und Möglichkeiten zur Seite stehen.

Gerechtigkeit oder der Weg in die Selbstjustiz

Eine Anmerkung muss ich dazu zum Schluss noch los werden:

Es macht mich wütend, wenn ich miterlebe was für weltfremde Urteile unsere Justiz fällt und wie Opfer häufig im Stich gelassen oder sogar selbst zum Täter –etwa nach dem Motto selbst schuld- umkonstruiert werden. Ich kann mit meinem Rechtsverständnis nicht mehr nachvollziehen was unseren Juristen teilweise im Kopf herum schwirren muss. Und das auch noch im Namen des Volkes. Mit den Gesetzen selbst brauchen weder Politker noch Juristen herumlamentieren.

Während meines Studiums habe ich mich lange genug damit auseindernsetzen müssen. Die angeblich fehlenden härteren Gesetze sind es meistens gar nicht, sondern die vorhandenen Gesetze finden von unseren Gerichten und Juristen gar keine vorgesehene Anwendung mehr.

Und sollten im Laufe von Prozessen Gesetzeslücken festgestellt werden, dann müssen diese eben sofort vom Gesetzgeber geschlossen werden.

Foto: pixabay

Christophs Schläger, der aus meiner Sicht seinen Tod billigend in Kauf genommen hat, wurde zu einer zwei Jährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Das ist in etwa so als ob der Richter nur ein wenig mit dem Zeigefinger gestikuliert um dem Schläger zu signalisieren, böser Jungen das macht man doch nicht. Fehlt nur noch die schwere Kindheit. Dann ist die richterliche Rechtfertigung für Ultralighturteile perfekt.

Von dem ihm zustehenden Schmerzensgeld in Höhe von etwa 200.000 Euro hat Christoph bis heute auch noch nichts gesehen.

Das Geld bringt Christoph zwar seine Gesundheit nicht mehr zurück, aber ein Täter muss einerseits kapieren und spüren was er angerichtet hat und andererseits muss damit Christophs Alltag erleichert werden können.

Doch mit so einer Justiz und mit unserem total verdrehten Rechtswesen und –verständis kapieren es solche hirnlose Schlägertypen sowieso nie.

Urteile müssen abschreckende Wirkung haben und Täter sollten damit konsequent für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden.

Wenn wundert es, wenn wir bei diesen gerichtlichen Zuständen irgendwann in Richtung Selbstjustiz abdriften. Natürlich gehört Selbstjustiz nicht zu Christophs Botschaft und es ist auch keine Lösung.

Deshalb ist in diesem Punkt dringend die Justiz gefordert. Sie sollte im Namen des Volkes zu ihrer Verantwortung stehen und wieder mit nachvollziehbaren Urteilen dieser sicher drohenden Gefahr vorbeugen.

Christophs Seite

http://first-togetherness.com/

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