Noch ganz frisch ist das Urteil der 1. Schwurkammer am Landgericht Rottweil (Baden-Württemberg); das Urteil über einen Dreifachmörder ist gefällt. Ich gehe davon aus, dass jeder, der die grausame Tat mitbekommen oder gar näher mit ihr in Berührung gekommen ist, dieses Urteil erwartet hat.
18 Verhandlungstage wurden angesetzt und 92 Zeugen sollten dabei gehört werden.
Gerichtsurteile werden natürlich nicht nach der Erwartung der Bevölkerung gesprochen, sondern nach anderen Gesichtspunkten.
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Es war für mich, und ich hörte viele gleichklingende Stimmen nach dem Urteilsspruch, ein absolut gerechtes und vollkommen angemessenes Urteil, und vor allem kann man behaupten: es ist ein Urteil im Namen des Volkes.
Verurteilt wurde ein Dreifachmörder zu lebenslanger Haft. Auf ihn findet nun das Höchststrafmaß, das überhaupt möglich ist, Anwendung. Der Mörder muss solange hinter Gittern bleiben, wie es sein Verhalten erfordert. Das Gericht stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, deshalb kann der Verurteilte nicht mit einer Entlassung nach 15 Jahren rechnen.
Noch im Gerichtssaal verzichteten die Anwälte des Angeklagten auf Rechtsmittel, somit kann das Urteil als rechtskräftig angesehen werden.
Ich erlaube mir eine Bemerkung am Rande. Im Mordfall Susanna nannte ich den Mörder in meinem Beitrag dazu einen Killer. Hier hat es Bild gemacht. Die Bildzeitung bezeichnete diesen Dreifachmörder im Titel ihrer Berichterstattung als Killer. Ich schließe mich Bild an.
Was war geschehen?
Es war der Tag der Einschulung seines 6-Jährigen Sohnes Dario. Genau an diesem milden Septembertag traf ich mich zufällig mit alten Weggefährten meiner Polizeizeit im Nachbarort der Tatortgemeinde. In dieser Region versah ich einst eine zeitlang meinen Dienst.
Wir treffen uns regelmäßig zu einem Polizeistammtisch. Ich musste an diesem Abend früher los. Es war so gegen 21.15 Uhr als ich mich nichtsahnend und zufällig in der Nähe des Tatortes und Mörders befand. Wenige Minuten später wurden dort drei Menschen brutal hingerichtet.
Am nächsten Morgen bekam ich sofort Whatsappnachrichten aus unserer Polizeigruppe mit Fotos einer ganzen Polizeiarmada, die auf der Hauptstraße in der Nähe des Tatortes zu sehen war.
Hast du nichts mitbekommen? Bist du in die Fahndung reingefahren?, konnte ich lesen.
Gleich recherchierte ich, was denn damit gemeint war. Schnell wusste ich, worum es ging. Die Whatsapps gingen hin und her.
Man könnte sagen, was gegen 21.30 Uhr an diesem Tag seinen tragischen Ausgang nahm, war ein Eifersuchts- und Hassdrama.
Der 41-Jährige Kroate Drazen D. kündigte bereits längere Zeit vorher an, dass er seiner Ex-Lebenspartnerin, mit der er den 6-Jährigen Sohn Dario hatte, einen lebenslangen Schmerz zufügen werde. Grund dafür war die Trennung, die nicht er, sondern seine Ex-Partnerin im letzten Frühjahr vollzogen hatte. Damit war, so brutal das jetzt klingen mag, das Todesurteil für den kleinen Dario gefällt. Vollstrecker war sein eigener Vater. Durch seinen Tod soll der Mutter ein lebenslanger seelischer Schmerz zugefügt werden. Damit sie mit ihren quälenden Gedanken allein sein sollte, plante ihr Ex-Lebenspartner noch ihr die Augen auszustechen. Doch soweit ist es bei all der Dramatik glücklicherweise nicht mehr gekommen. Das war auch der Grund, weshalb sie dieses Massaker überlebt hat.
Vor etwa 7 Jahren lernte sich das Paar kennen. Kurz danach kam der gemeinsame Sohn Dario zur Welt.
Bis zur Trennung musste die junge Frau, die sich auf den Kroaten einließ, seine Wutausbrüche und andere Quälereien ertragen. Nicht selten überkam sie Todesangst, wenn sie geschlagen, gewürgt oder mit einem Kissen fast erstickt wurde.
Wenn er Alkohol und / oder Drogen nahm, wurde er noch aggressiver, war im Laufe des Prozesses zu erfahren.
Von Freunden und einem ehemaligen Arbeitgeber wurde er jedoch als nett, liebenswürdig und kameradschaftlich bezeichnet. Ich selbst war bei zwei Prozesstagen und bei der Urteilsverkündung dabei. An einem dieser Tage wurde eine Verwandte, die als Nichte bezeichnet wurde, vernommen. Sie nannte den Mörder immer Onkel. Sie besuchte mit ihm auch die Familie, wo ein Großteil noch in Bosnien-Herzegowina lebt. Dabei soll auch die Tatwaffe irgendwo in Serbien besorgt und hier her geschmuggelt worden sein. Man hörte aus den Worten der Nichte die nicht ganz harmonischen Familienverhältnisse gut heraus. Die Oberhäupter, wie Onkel Vater und Brüder seien alles die gleichen Sturköpfe. Immer haben sie Recht.
Der Vorsitzende Richter fragte nach, was sich sinngemäß so anhörte: Werden Probleme nicht ausdiskutiert, wollte er wissen. Besser nicht, der Unterlegene schweigt am Besten, erklärte die Nichte. Aber der Onkel sei immer nett gewesen. Sie hätten lange keinen Kontakt mehr gehabt. Aber ihr kleiner Sohn spielte oft mir Dario, nachdem der Kontakt wieder aufgebaut wurde. Wie können Sie sich die Tat erklären, wollte der Richter wissen. Gar nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass Onkel so etwas macht. Sonst war er aber immer nett.
Wie es der Leitende Oberstaatsanwalt schon in einem der Anklagepunkte eindeutig feststellte und dies auch dem Angeklagten vorgeworfen hat: Sie gingen nicht zu Ihrer Ex-Partnerin um zu reden, sondern um zu töten. Der Mörder habe versucht, den Tatentschluss wohl etwas abzumildern, indem er über seine Anwälte hervorbrachte, dass er reden wollte.
Das Besorgen der Mordwaffe ist doch eindeutig ein weiteres Indiz für eine geplante Tat.
Auch seelisch beeinflussende Kriegserlebnisse des damaligen Balkankrieges, wurden angeführt, um die psychische Verfassung dorthin zu führen, wo sie Anwälte und Täter wahrscheinlich gern gehabt hätten. Dann die schwere Kindheit, die bei den Schilderungen der Nichte nicht zu überhören war, dürfte in die gleiche Richtung abgezielt haben. Sei´s drum. Ich will mich darüber nicht weiter auslassen, zumal ich keine Experte oder Mediziner bin.
Für den Prozess wurde der Täter eingehend untersucht. Kurz gesagt wurde ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. Das wiederum war jedoch kein Grund anzunehmen, dass er im Affekt oder aufgrund einer psychischen Störung gehandelt hat. Er wusste genau was er tat, muss der Gutachter bekräftigt haben. Das wiederum führte bei der Urteilsfindung mit dazu, dass keine verminderte oder gar die Schuldungfähigkeit eine Rolle spielten. Nein, es wurde sogar eine besondere Schwere der Schuld festgestellt, was wiederum zu der Höchststrafe führte. Deshalb kommt der Verurteilte auch nicht in eine geschlossene Anstalt sondern in eine Haftanstalt.
Nach der Trennung wollte die Ex-Partnerin und Mutter des kleinen Dario mit dem Kind ein neues Leben anfangen, weg vom dem gewalttätigen Partner und Vater des Kindes. Mit ihrem neuen Lebensgefährten dem 34-Jährigen Anatolij R. wollte sie sich nun ein neues Leben aufbauen.
Sie wusste, dass dies nicht einfach werden wird, denn Drazen D., der Verlassene, kündigte seine Tat an.
Dies war auch Behörden und der Polizei bekannt. Aber solange wirklich nichts passiert, sind gerade der Polizei im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden. Eine Anzeige wegen Bedrohung? Das bringt nicht viel.
Der Tathergang
Nach der Urteilsverkündung folgte die Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters der 1. Schwurkammer am Landgericht Rottweil, die etwa zwei Stunden dauerte. Die ausführliche Urteilsbegründung hörte sich an wie ein brutaler Gruselfilm.
Das Leben der durch die Morde zerstörten Familien und das des Täters wurden dabei in wesentlichen Punkten mit beleuchtet. Die Tat selbst wurde ebenfalls nochmals detailliert geschildert. Nachfolgend die wesentlichen Abläufe:
Plötzlich gegen 21.30 Uhr stand Drazen D. mit einem Sturmgewehr auf der Terrasse, der neuen Wohnung seiner Ex-Lebenspartnerin. Es muss wohl für ihn nicht sehr schwierig gewesen sein herauszufinden, wo sie nun wohnt.
Auf der Terrasse befanden sich zu diesem Zeitpunkt unter anderem der neue Freund Anatolij R. und dessen 29-Jährige Cousine, die zufällig anwesend war. Sie war Gast bei der Einschulungsfeier des später ermordeten Sohnes Dario. Ohne viele Worte kam Drazen D. gleich zur Sache und feuerte mit zwei Schüssen auf Anatolij R. Da es sich bei der Tatwaffe um ein Repetiergewehr handelte, musste der Mörder also auch von Hand nachlanden. Dieser Moment wäre auch ein Moment zum Nachdenken gewesen. Zum Nachdenken, ob die Tat tatsächlich fortgesetzt werden soll. Ich glaube für den Mörder gab es einen solchen Gedanken nicht.
Gleich danach schoss er einmal auf die Cousine von Anatolij R. Seine Ex-Freundin und der kleine Dario bekamen dies alles mit. Die dreijährige Tochter der erschossenen Cousine flüchtete ins Bad und versteckte sich dort in einem Schränkchen. Seine Ex-Partnerin ließ er wie erwähnt bewusst am Leben, damit sie lebenslang unter dieser Tat und dem Verlust des Sohnes und des neuen Freundes leiden soll. Die Cousine war eher Mittel zum Zweck um den Leidensdruck zu erhöhen. Die Ex-Freundin wurde noch von ihrem neuen sterbenden Freund aufgefordert, abzuhauen und die Polizei zu rufen, was sie dann auch tat.
Nun kam Dario dran. Er war inzwischen im Haus auf einer Fensterbank und zitterte vor Angst als sein Vater mit dem Sturmgewehr auf ihn zukam. Dario muss seinen Vater noch angefleht haben, ihn am Leben zu lassen. Doch dieser streckte ihn eiskalt mit drei Schüssen nieder. Dann verließ er das Haus und ging dabei nochmals an den beiden anderen Opfern vorbei. Anatolij R. muss zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen sein. Trotzdem schoss Drazen D. ihm nochmals ins Herz. Wahrscheinlich um ganz sicher zu gehen, dass er auch wirklich keine Überlebenschance mehr hat. Die Cousine kämpfte während dessen verzweifelt um ihr Leben und flehte den Killer an sie leben zu lassen. Auf sie hat er nicht noch einmal geschossen, sondern zündete sich noch eine Zigarette an und ging zur Flucht über. Der eine Schuss auf die Cousine war trotzdem ausreichend. Sie ist wenig später in einem nahegelegenen Krankenhaus an ihrer Schussverletzung gestorben.
Ein Polizeibeamter, der auch am Tatort war erzählte mir, dass Polizeiangehörige sogar in Tränen ausgebrochen sind als sie das 6-Jährige Kind in der Blutlache tot liegen sahen.
Eine Polizeibeamtin konnte bei ihrer Vernehmung im Gerichtssaal ihre Tränen nicht mehr verbergen als es gedanklich wieder zurück an den Tatort und der Kinderleiche ging.
Als es bei der Urteilbegründung wieder soweit war und der Tatablauf geschildert wurde und der eigene Vater sein Kind, nur um die Mutter damit seelisch zu quälen erschossen hat, schaute ich zur Anklagebank.
Keine Regung, keine Emotion, nichts was irgendwie mit Empathie in Verbindung gebracht werden könnte, war beim Dreifachmörder zu sehen oder zu erkennen. So muss es auch während allen Prozesstagen gewesen sein. Einmal grinste er sogar eine Zeugin an als sie bei einer Frage entgegnete, der Richter soll doch den Angeklagten selbst fragen.
Wer wenigstens noch ein wenig Mitgefühl in sich hat, müsste doch in so einem Moment in Tränen und Reue ausbrechen. Was ist das für ein eiskalter Mensch. Im voll besetzen Gerichtssaal ging es einigen oder wahrscheinlich den meisten so, dass sie mit ihren Tränen kämpfen mussten. Ich nehme mich dabei nicht aus.
Wie der Gutachter richtig attestierte ist er eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Wie musste der kleine Dario vor seinem Tod seelisch leiden? Er liebte seine Mutter aber auch seinen Vater, der ihn letztendlich hingerichtet hat. Ich musste dabei an eine Szene denken, wo ich gelesen habe, dass eine Nachbarin Dario mit einem Baseballschläger im Garten sah und ihn fragte, was er denn damit will. Dario muss geantwortet haben, dass er damit seine Mama beschützen will, denn sein Papa hat gesagt er will sie umbringen.
Ja, der tapfere Dario hat ungeahnt seine Mama beschützt und musste dafür mit seinem Leben bezahlen.
Blick auf den Mörder
So ein Verbrechen wirft Fragen um Fragen auf. Manchmal auch die Frage, ob unsere Gesellschaft noch brutaler und skrupelloser wird. Täglich liest man inzwischen von derartigen Gewaltverbrechen und abartigen Menschen die dazu im Stande sind. Werden es immer mehr oder war es schon immer so?
Das Leben von Drazen D. lief sicher nicht überwiegend geradeaus. Es gibt genügend Erklärungsansätze, weshalb ein Mensch so wie dieser Mörder ist.
Ein Sadist, ein Macho und unfähig, ein normales Leben zu führen. Aber so eine Tat ist trotz allem unbegreiflich.
Drazen D. war schon einmal verheiratet. Aus dieser Ehe stammen zwei weitere Kinder, die nun einen Mörder als Vater haben, der ihren Stiefbruder und zwei weitere Menschen ermordet hat. Mit dieser Hypothek aufzuwachsen, ist eine Bürde die sie ihrem Vater verdanken können. Wer so einen Vater hat ist schon gestraft genug.
Auch seine Ex-Ehefrau muss Drazen D. gequält haben. Einmal muss er sie sogar aufgefordert haben vom Balkon zu springen. Durch die Flucht in einen Frauenhaus beendete sie dieses Martyrium. Sie wählte den Fluchtort so, dass Drazen D. sie nicht so einfach aufspüren konnte.
Auch sie wollte er umbringen. Ihr Glück und das der Kinder war wohl, dass Drazen D. dann eine neue Lebenspartnerin mit der er dann den kleinen Dario hatte kennenlernte.
Nach dem Mord war Drazen D. fünf Tage auf der Flucht. Die Fahndungsmaßnahmen und die Ermittlungsarbeit der Polizei waren vorbildlich.
Durch einen Hinweis aus der Bevölkerung wurde Drazen D. in einer kleinen Gemeinde im Tatortlandkreis festgenommen. Er ließ sich von Streifenbeamten widerstandslos festnehmen. Bei der Festnahme sagte er, dass er der sei, den sie suchen würden.
Wie bei der Urteilsbegründung zu erfahren war, spielte Drazen D. mit dem Gedanken sich in der Schweiz abzusetzen oder sich umzubringen. Doch sich umzubringen fehlte ihm dann doch der Mut.
Als unrealistisch stufte der Vorsitzende Richter das Absetzen in die Schweiz ein. Nach so einer Tat hätte man ihn weltweit gesucht.
Prozess und die Justiz
Hier hat die Justiz saubere Arbeit geleistet. Was noch folgen wird, weil Behörden und Polizei von der Tatandrohung gewusst haben steht auf einem anderen Blatt und muss wie der Vorsitzende Richter erklärte getrennt beurteilt werden.
Auf jeden Fall gingen die Polizei und das Gericht jedem Hinweis nach. Bei einem schweigenden Angeklagten war das umso schwieriger. Erst später als er wohl von der Beweislast erdrückt wurde, kam es zum Geständnis. Zugute gehalten wurde dem Angeklagten, dass er sich keiner Untersuchung oder Maßnahmen gegen ihn widersetzte.
Den Leitenden Oberstaatsanwalt kenne ich beiläufig aus dienstlichen Angelegenheiten. Den Vorsitzenden Richter nur vom Hörensagen. Dort eilte ihm ein guter Ruf voraus. Jetzt wo ich Teile des Prozesses miterlebt habe und mir viele Abläufe nicht ganz fremd sind, kann ich diesen Juristen nur meinen größten Respekt aussprechen. So sieht ein rechtsstaatliches Verfahren aus. Nichts wurde dem Zufall überlassen und jedem Hinweis wurde akribisch nachgegangen, um sich für die letztendlich Urteilsfindung ein klares Bild machen zu können. Justiz, Polizei und andere Behörden arbeiten reibungslos Hand in Hand.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass hier ein Prozess durchgeführt wurde, wo es keine Kritikpunkt zu finden gibt. Alles in sich war einwandfrei stimmig.
Ein sehr sachlicher, besonnener, fachlich absolut kompetenter und menschlicher Richter hat hier den Prozess geführt. Und auch der Ankläger, der Leitende Oberstaatsanwalt steht dem in nichts nach.
Das ist eine Justiz, die man sie sich wünscht und die Urteile die tatsächlich im Namen des Volkes angesehen werden können.