Man kann jetzt zu FuF stehen wie man will, aber ich habe bis jetzt keinen Blog gefunden, wo so spannende persönliche Geschichten und tolle Musikblogs zu einem Genuss geworden sind. Vor allem gibt es kaum irgendwo dieses breite Themenangebot. Auch wenn bei anderen, vor allem politischen Themen, die Fronten aufeinander prallen zeigt das ein Abbild unserer Gesellschaft und in dem Zustand in dem wir uns befinden. Aber das nur am Rande.
Bei diesem Blog geht es mir zum einen um Rockmusik -die Spitzenband aus Sarajevo- aus Ex-Jugoslawien, die mit englischen Texten problemlos unseren Rockgiganten zugeordnet werden könnte und zum anderen um schöne alte Erinnerungen meiner Abstammungsgeschichte.
Begegnung mit Jugo-Rock
Im musikalischen Mittelpunkt steht die Jugorockgruppe Bijelo Dugme (Weißer Knopf). Erstmals hörte ich von Bijelo Dugme Anfang der 80er Jahre in Split. Split ist eine wunderschöne Stadt in Kroatien etwas über 200 km von Dubrovnik entfernt. Meine Frau und ich waren Anfang der 80er Jahre oft in Split und durchquerten sozusagen kreuz und quer Jugoslawien, fast immer mit einem Opel. In Split waren wir immer auf dem gleichen Zeltplatz. Dort lernten wir auch sehr viele nette Leute kennen. Es war immer etwas los. Der Umgang miteinander war irgendwie entspannter als es mir heute so vorkommt. Ein Deutscher, namens Sveto geboren in Jugoslawien, der in unserem Alter war, war auch immer mit seiner Freundin auf diesem Campingplatz. In Split war ein großes Plattengeschäft in dem ich sozusagen Stammkunde war. Sveto hat mich auf Bijelo Dugme hingewiesen. Ich habe heute noch Platten von dieser Band.
Mit dem Manta in Split - die Wohnung auf dem Dach
Bijelo Dugme
Offiziell wurde Bijelo Dugme 1974 in Sarajevo –Bosnien-Herzegowina- gegründet. Einer der führenden Köpfe war der Gitarrist Goran Bregovic.
Wie bei so vielen Rockbands kamen auch dort die Drogenprobleme zum irgendwann zum Vorschein und wurden zum Problem;leider.Im Detail kenne ich die Geschichte der Band nicht so sehr. Aber bis heute höre ich immer wieder mal Songs dieser super Band, die bei ihrem Revival 2005 um 70.000 Fans anlockte.
Zudem war Bijelo Dugme immer ein Teil meiner Aufenthalte in Ex-Jugoslawien und ganz besonders der Song Bitanga i Prinzesa, Ooo, ne ide to (der Taugenichts und die Prinzessin, oh das geht nicht) ein Metapher zu der Beziehung meiner großen Liebe und späteren Ehefrau. Ich habe nie den ganzen Text verstanden, aber große Teile schon und irgendwie kam mir so viel bekannt. Aber dazu etwas später.
Meine Wurzeln
Meine Großeltern und Urgroßeltern sowie meine Mutter sind in und um Vukovar (Kroatien) geboren. Da sie donauschwäbischer Abstammung waren pflegten sie in dem Mix zwischen dem Jugo- und Deutschsein, deutsche Traditionen. Zuhause wurde bei ihnen immer Deutsch gesprochen. Also wurden beide Sprachen perfekt beherrscht.
Dann kam Hitler und in der Folge Ermordung, Massaker und die Vertreibung. Ich will darauf aber nicht näher eingehen. In den 50er Jahren landete man in Österreich und von dort aus ging ein Teil der Familie nach Deutschland und ein Teil nach Chicago.
Meine Familie landete in einer Siedlung in einem schwäbischen Dorf, wo nur Vertriebene und Kriegsflüchtlinge lebten. Später konnten meine Urgroßeltern und Großeltern das Vierfamilienhaus in dem sie untergebracht wurden kaufen.
Auf jeden Fall war ich kein Eingeborener in unserem schwäbischen Dorf, obwohl ich dort geboren bin, ließ man es mich und die Andersartigen spüren. Es entwickelte sich auch eine gewisse Parallelwelt, die aber harmoniert, weil sich alle „Gäste“ anständig aufführten. Für mich persönlich kein Vergleich mit heute. Wie gesagt, meine persönliche Meinung und Erfahrung.
Inzwischen sind viele der donauschwäbischen Familien sehr wohlhabend und haben aus der Not eine Tugend gemacht.
Mein größtes Problem
Mein Problem war, dass ich Urgroßeltern hatte und Großeltern, vor allem mein Großvater, die in Ordnung waren. Das Problem waren meine Eltern. Meine Mutter war wohl zwischen Deutschland und ihrer Jugend in Jugoslawien hin und hergerissen und wurde wahrscheinlich dadurch zu einer sehr schwierigen Persönlichkeit. Von meinem Vater ganz zu schweigen. Ich war ein Unfall und bekam es zu spüren.
Dank meiner Urgroßeltern wurde ich vermutlich nicht zum Schläger und Säufer. Unsere Eingeborenen prognostizierten mir immer, dass ich sowieso ein Verbrecher werde. Meine Lehrer, bis auf wenige Ausnahmen, ebenfalls. Hätte es damals schon so etwas wie diesen Friday-Schwachsinn gegeben, hätte man mich sicher dauernd dorthin geschickt. Mehr als ein Volksschulabschluss war sowieso nicht drin. Danach vielleicht irgendwo Hilfsarbeiter. Durch den negativen Einfluss von meinem Vater wurde ich ein Alkohol- und Nikotinhasser. Meine Urgroßeltern wollten das Beste für mich. Meine Urgroßmutter erzählte mir viel von dem was sie mitgemacht hatten. Sie brachte Hass nie in Worten zum Ausdruck, aber ich spürte, dass sie Hitler und auch die Partisanen unter Tito verabscheute. Das färbte sehr ab. Anders als Urgroßmutter und auch mein Urgroßvater konnte ich schon sehr emotional reagieren. Ich wollte wissen warum man diesen Drecks-Hitler und diesen Tito nicht einfach abgemurkst hat, wenn das so abscheuliche Menschen und Mörder waren. Ach, Bub das verstehst du nicht, wurde mir als Kind erklärt. Das ist alles zu schwierig. Das ist bei mir von damals geblieben. Ich verabscheue heute noch Hitler und seine Schergen, denn durch ihn wurde auch meiner Familie viel Leid angetan. Darum kann ich auch richtig wütend werden, wenn man mich in diese Drecks-Nazi nähe bringt, nur weil ich gewisse Zustände die heute herrschen nicht akzeptiere und die sogenannten anständigen Politiker, für mich gehören persönlich besonders die CDU und ganz besonders die Grünen dazu, als eine Katastrophe ansehe. Diese Heuchler und egoistischen Machtgierigen. Sie sind doch die Ursache, weshalb es bei uns die AfD gibt. Und die SPD ist hoffentlich eh bald Geschichte.
Ja, ich habe damals viel nicht verstanden. Große Sorge meiner Urgroßmutter war es, dass ich kaum Chancen haben für meine Zukunft haben werde. Meinen Eltern war das egal was aus wmir wird. Ich müsste mehr mein Maul halten und mit dem Strom schwimmen, meinte meine Urgoßmutter. Das viel mir schon im Kindergarten schwer. Wenn mich die scheinheiligen Nonnen verprügelten und ich keine Ruhe gab und frech wurde, war das außergewöhnlich. Denn die Schleimerkinder bedanken sich noch für die göttliche Erziehungsmethode, so wie man es ihnen zu Hause eintrichterte. Mein Opa hingegeben meinte, recht hast du Bub, wehre dich. So wurde irgendwie meine Persönlichkeit geformt. Die Jugo-Sprache wollte man mir aber nicht lernen, da wohl die Erinnerungen an das was damit zusammenhing zu schmerzhaft waren. Meine Uroma brachte mir dennoch ein wenig bei. Allerdings hätte ich die Chance gehabt die Sprache heute perfekt zu beherrschen. Aber diese wurde aus nicht genau zu definierenden Gründen nicht genutzt.
Das erste Mal in Jugoslawien-Erinnerungen
Mein Großvater fand sich nie in Deutschland zurecht. Er hasste dieses Land. Immer wieder zog es ihn in die alte Heimat zu seinen früheren Kumpels. Ein Teil der Verwandtschaft lebte auch noch in Vukovar. Er nutzte jede Chance sich dorthin zu verziehen. Eines Tages, ich war um die 13 Jahre alt, meinte er Bub, du musst wissen wo deine Wurzeln liegen. Du kommst mit, wir fahren für ein paar Wochen nach Vukovar. In einem Ford 12m fuhren wir also Anfang der 70er nach Vukovar. Ich könnte fast ein Buch darüber schreiben, was ich dort erlebte.
Meinem Opa war eh alles egal. Er ließ mir Freiheiten die kaum vorstellbar waren. Ich trieb mich alleine an der Donau herum und lernte interessante Leute kennen. Heute würden Eltern in Panik ausrasten, würden sich ihre Jungen so verhalten wie ich damals. An der Donau stieß ich auf verarmte Leute, die offensichtlich glücklich waren. Ein Junge in meinem Altern namens Zvonko sah aus wie Huckleberry Finn. Zvonko dachte ich sei Amerikaner in meinem T-Shirt und den Jeans. Er lebte mit seiner Familie in einer Art Schrebergartensiedlung. Also Holzbaracken mit kleinem Vorgarten an der Donau. Sprachlich schlugen wir uns mit dem was ich konnte und mit Händen und Füßen durch. Ständig war ich dann mit jungen Leuten zusammen. Wir hörten Musik, wo ich dachte dass man das dort nicht kennen würde. Beatles, Stones und das was mir behagte. Von Bijelo Dugme war damals allerdings noch nichts bekannt. Mein Opa war oft auf Sauftouren mit alten Kumpels. Ich war auch ab und zu mit ihm unterwegs und er zeigte mir Orte unserer Familiengeschichte und seiner Jugend. Eines Abends, so gegen 18.00 Uhr, meinte mein Opa, er und ein Kumpel würden in einem alten Fiat eine Tour machen. Ich soll mitkommen. Die ganze Nachte haben beide gesoffen. Ich schlief hin und wieder auf einer Eckbank in irgendeiner Kneipe. Morgens gegen 06.00 Uhr ging es bis mittags an die Donau an eine Art Bar. Wieder so ein Treffen alter Freunde, das begossen werden musste. Bis Mittag ging es weiter. Ich schlief immer irgendwo. Mein Opa und sein fahrender Kumpel waren total besoffen. Der Fiat lief ja nicht schnell und konnte geradeso noch von einem Betrunken gesteuert werden.
Mit Zvonko erlebte ich in dieser kurzen Zeit sehr viel. Mich würde interessieren ob er noch lebt, aber das werde ich nie erfahren.
So lernte ich Jugoslawien vor dem Krieg und der Zerstörung kennen. Ein Zurück gab es für meine Großeltern nie mehr. Doch Österreich ist meinem Opa besser gelegen als Deutschland. Deshalb ließen sich meine Großeltern Anfang der 80er Jahre endgültig in Vorarlberg nieder.
Bitanga I Princeza
Ein Toptitel von Bijelo Dugme
Als ich meine große Liebe kennenlernte habe ich es gerade zum Hauptschulabschluss gebracht. Mein Schwiegervater, ein Eingeborener aus einer Nachbargemeinde, wusste ja wo ich herkomme und was meine Eltern, vor allem mein Vater für einer war. Er versuchte seiner Prinzessin oft klar zu machen, dass ich ein Taugenichts wäre. Der will nicht schaffen, hat Flausen als Musiker im Kopf. Er wollte unbedingt, dass meine große Liebe einen Einheimischen nimmt. Dort war es so, dass die Eltern nach erfolgreicher Zeugung gleich einen Bauplatz kauften und einen Bausparvertrag anlegten.
Die junge Liebe irgendwie passend zu bei Bitanga i Princeza
Dann heirateten wir auch noch jung. Die Prinzessin wollte nicht hören und der besorgte Vater gab irgendwann verzweifelt auf. Die Ehe wird eh nicht lange halten, dachte er und unsere Demoskopen.
Als ich meinen ersten Beruf als bester der Handwerkskammer abgeschlossen habe, stellte sich bei meinem Schwiegervater ein beruhigenderes Gefühl ein. Als sein Schwiegersohn dann studierte, konnte er es nicht fassen. Als ich Bürgermeister wurde und wir schon ein Haus aus eigenen Kräften hatten, erklärte ich ihm, dass er sich um seine Tochter oder zumindest eine davon keine Sorgen mehr machen muss. Auch wenn ich nicht mehr bin, hat sie ausgesorgt. Als er schon im Sterben lag, rief er immer nach mir. Er nannte mich Nobsy. Wo ist er, Nobsy, er muss mich ins Bett bringen. So schleppte der Bitanga seinen sterbenden Schwiegervater in Windeln abends in seinen letzten Lebensmonaten vom Sofa ins Bett. Auch in seiner letzten Stunde waren wir alle bei ihm. Meine Frau liebte ihren Vater. Aber was unsere Beziehung anging, da hörte sie überhaupt nicht auf ihn.
Leute wie Merkels Speichellecker Kauder hatten damals ein großes Ansehen bei uns. Ich hatte anfangs viel mit ihm zu tun. Bei offiziellen Veranstaltungen, wo ich Reden schwingen musste saß mein Schwiegervater bei der Politprominenz wie bei Kauder und Co. Damit hätte er nie gerechnet. Meine Frau hasste diese Verpflichtungen und sagte mir am ersten Tag als sie Kauder kennenlernte was das für ein Typ sei. Widerwärtig, egoistisch, opportunistisch und machtgierig; immer unter dem Vorwand sich für das Volk aufzuopfern.Recht hatte sie. Das Hilfsarbeitermädchen, das die Mutterrolle mit voller Überzeugung eingenommen und mir den Rücken gestärkt hat, hat ein ungewöhnliches Gespür.
Als mein Schwiegervater nur noch Momente vom Tod entfernt war, hatten wir das Gefühl, dass er zufrieden war mit dem wie es letztendlich gelaufen ist. Die Kinder sind versorgt und nun kann er beruhigt Abschied nehmen.
Aus dem Bitanga wurde das was er nie für möglich hielt. Aber das Wichtigste war ihm, dass es seiner Prinzessin gut ging.
Jugoslawien ist mehr als nur ein zerfleddertes Land
Als wir jung verheiratet waren lebten wir mit einer Jugofamilie im gleichen Haus zusammen. Sie sind später wieder zurück in die Nähe von Belgrad. Ich erlebte auch auf diese Art eine Mentalität der Jugos, gemixt mit Moslems, die meine Frau und ich richtig genossen haben.
Mit diesem Boot ging es auf eine schöne Insel bei Split - Abenteuer pur
Wir feierten, auch mit Rock von Bijelo Dugme und haben das Leben genossen. Es war irgendwie scheißegal, wer was glaubte und wer woher kam. Kroaten und Serben lebten friedlich nebeneinander.
Mit meiner Frau fuhr ich kreuz und quer durch Jugoslawien. Belgrad, Montenegro, natürlich Vukovar, Sarajevo, Split sowieso und natürlich Dubrovnik.
Danilo und Mila lebten ein Zeitlang in Deutschland. In Smederevo bei Belgrad bauten sie ein Haus und gingen wieder in die alte heimat zurück. Auch sie besuchten wir dort auf usneren Juog-Touren.
Irgendwo in Belgrad
Bei Danilo in Smederevo - er hatte noch seinen grünen Ascona aus Deutschland und ich den "Zwillingsbruder" in Rot.
Der Blick auf die Donau, den wir von Danilos Terrasse oft an den Abenden unseres Aufenthalts genießen konnten
Ich konnte es nicht fassen als der Krieg losging. Wie konnte man ein so schönes Land derart zerstören. Vukovar wurde gleich zu Beginn dem Erdboden gleich gemacht. Mein Opa hat es nicht mehr erlebt, was aus seiner Ursprungsheimat gemacht wurde.
Trotz allem kann uns niemand schöne und prägende Erinnerungen nehmen.
Alle Fotos privat - damals gab´s noch kein Handy. Filme wurden noch entwicklet und waren oft verwackelt::::)
Zum Schluss noch Jugo-Rock
Zum Schluss noch Auszüge aus dem vielseitigen Repertoire von Bijelo Dugme und alten Erinnerungen
Bijelo Dugme Revival live