
„Wien, Wien, es ist so schön mit dir – zu schön, um wahr zu sein“: Das sind Schlachtgesänge, die man im Februar 2025 nicht in Wien, sondern in Deutschland hört. Im hippen Alternativ-Bezirk Ehrenfeld in der Live Music Hall. Zu Gast dort ist ein gewisser Franz Bibiza, der nach einigen undergroundigen „Lehrjahren“ in der Wiener Rap-, Hip Hop- und Indie Pop-Szene seit 2022 die deutschsprachigen Hallen füllt. Sold Out lautet auch das stolze Attribut der Show in Köln, das sind „österreichische Verhältnisse“ in Deutschland, auf die man stolz sein kann. Im Gegensatz zu jenen, die sich in der politischen Arena abspielen (die sich aber zumindest machtpolitisch vorerst kalmiert haben).
Bereits im Vorprogramm laufen Kult-Tracks aus der Austro-Pop-Szene, von Falco, dessen Seelenverwandtschaft in punkto Schmäh, Sound,Style und Charisma Bibiza nicht abstreiten kann (und auch nicht abstreiten soll), Rainhard Fendrichs „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen“ oder „Kokain“ von Boris Bukowski (der kürzlich mit den anderen Wiener Heroes von Wanda live auf der Bühne stand). Als Support winkt ein Auftritt des Linzer FM4-Favourites Mavi Phoenix, der mit seinem Coming-Out-Background ideal in das tolerant-queere Kölner Szene-Viertel passt und einige neue Tracks aus seinem kommenden Album präsentiert.
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Rausch, Exzess, Dekadenz mit einem Schuss Melancholie und politischer Agitation: Das sind die Zutaten der über 90 Minuten langen Show von Master Bibiza in der Live Music Hall. Mit an Bord seine „Hawara“, also seine Band bestehend aus Enzo Gaier (Gitarre), Markus Windisch (Bass), Xaver Nahler (Keyboard) und Moritz Meixner (Drums). Rechts auf der Bühne wurde eine schicke Bar mit Weinflaschen platziert. Das kongeniale Vorratslager für Bibizas Absturz-Hymnen „Stadtpark Insomnia“, „Blau“ oder „Schick mit Scheck“. „Man bringe mir den Spritzwein“, Bibiza im roten, kurzärmeligen Hemd, die Menge „Bitte!“, „nur so find ich zurück zu meiner Mitte“. Die Kölner Fans vor allem in den vordersten Reihen sind nicht nur textsicher, sondern befinden sich von der ersten Minute an im Tanzrausch. Und Bibiza liefert ihnen den allerbesten musikalischen (!) Party-Stoff aus seinen großartigen Alben „Wiener Schickeria“ (2023) und „Bis einer weint“ (2024): „Aufnimmawiederschaun“ (ein herrlicher Abgesang an eine beendete Beziehung), das rockige „Wunschkonzert“ oder der Rock´n Roll-Hadern „Salamander & Chamäleons“.
Die gesellschaftlichen Untertöne fehlen aber trotz Party-Feelings von Anfang an nicht: Beim Single-Hit „Tanzen“ stellt Bibiza die „Geier und notgeilen Schimpansen“ in den Clubs an den Pranger. „Sie will einfach tanzen“ und nicht dauernd von aufdringlichen Männern belästigt werden. Feminismus at its best. Im ruhig angelegten Track „Luxusparese“ rechnet Bibiza mit der europäischen Menschenrechtspolitik ab: „Europa, du hast eh keine Probleme, mach deine Grenzen dicht und streichel deine Seele. Ist leicht zu lachen mit dem Gold in der Kehle.“ Dann lehnt sich Bibiza lässig an die Bühnen-Bar, durchblättert eine Zeitung und liefert vier Tage vor der Bundestagswahl - den politischen Sager des Abends. „Hier steht, dass viel zu viele Arschlöcher Rechtsextreme wählen. Das kann ich nicht verstehn. Ich hoffe, ihr auch nicht?“Frenetischer Applaus im Kölner Publikum.
Nach dem Party-Crasher „Donau“ begibt sich Bibiza auf eine melancholisch-tiefsinnige Ebene. Auf der Setlist stehen „hinfalln“ und „angefahrn“, zwei Titel, bei denen man nicht so genau weiß, ob es sich dabei um das lyrische Ich oder um die eigenen Befindlichkeiten des Künstlers handelt. Bibiza hüllt sich naturgemäß in Schweigen. Die Stimmung ist auf jeden Fall auf dem Siedepunkt, als der Wiener bei der Zugabe mit „Opernring Blues“ und „Femme Fatale“ noch zwei Burner aus seinem ersten Album „Wiener Schickeria“ zum Besten gibt. Danach heißt es „Gute Nacht“ sagen mit dem gleichnamigen Titel und den bedeutungsschwangeren Worten „Wir sind unsterblich. Bis einer weint“. Und damit die Party bei den Fans in den Gedanken noch weitergeht, läuft noch der balkanbeat-vermixte „Letzte Tanz“. Bis zur nächsten Bibiza-Show im lässigen Köln…




