Huffington Post

Das hat ja lange gedauert: Heute hat sich der türkische Präsident Erdoğan über ein vom Satiremagazin extra3 gesendetes Musikvideo, das eine kritische Position zum "Merkel-Deal" mit der Türkei thematisiert, echauffiert.

Über sein Außenministerium ließ er den deutschen Botschafter wegen des satirischen TV-Beitrags einbestellen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Kaum ist der Türkei-Deal der Kanzlerin in trockenen Tüchern, testet der Sultan seine Grenzen aus. Meinungsfreiheit in Deutschland – schön und gut. Aber doch keine Witzchen über ihn, den Herrscher über die EU-Grenze!

Es ist nicht nur anmaßend, dass Erdoğan über die Presse und die Meinungsfreiheit in seinem eigenen Land nach Gutdünken entscheidet und kritische Stimmen schon mal auf die ein oder andere Weise verstummen lässt, jetzt scheint er dies auch schon auf seine "Partner" in der europäischen Union auszuweiten.

Noch viel schlimmer als diese Reaktion Erdoğans ist jedoch die Reaktion der deutschen Bundesregierung. Diese ist nämlich nonexistent. Keine Pressemitteilung oder gar -konferenz, nicht mal ein kleiner Tweet des sonst so aktiven Regierungssprechers Seibert. Nichts!

Zur Verdeutlichung: Die Einbestellung des Botschafters ist ein höchst heikles politisches Signal. In 2013 bestellte die deutsche Regierung den US-Botschafter ein, als der NSA-Skandal aufflog. Obgleich die Schuld in diesem Fall klar begründet war, war weder der Botschafter noch der US-Präsident "amused" über dieses Vorgehen.

Erstaunlich und traurig zugleich, dass scheinbar das eintritt, was viele regierungskritische Stimmen vermutet haben: Man kuscht, wenn der Sultan poltert. Es würde mich nicht wundern, wenn zeitnah gar noch Stimmen kommen, die dazu aufrufen, derlei "unnötige Provokationen" des lupenreinen Demokraten Erdoğan in Zukunft doch bitte zu vermeiden.

Vielleicht kommen sie ja von Steffen Seibert, per Twitter...