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Anfang der Woche platzte die Bombe: Joachim Gauck wird 2017 nicht mehr als Bundespräsident kandidieren. Einige sind ob dieser Aussage betrübt, fühlten sie sich doch vom „überparteilichen“ Präsidenten gut vertreten. Andere sind erleichert und gleichzeitig nervös: Einerseits ist man den Mann los, der sich wider Erwarten häufiger auf Schmusekurs zur Kanzlerin zeigte, als – wie es vorher vermutet wurde – ihr auch mal die Stirn zu bieten. Andererseits zeigen die Debatten um Gaucks Nachfolge, dass hier womöglich die politische Kompassnadel in Richtung einer schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl 2017 gesetzt wird.
Als mögliche Kandidaten gelten bereits Kathrin Göring-Eckhardt oder der grüne Liebling der Massen aus dem Ländle: Wilfried Kretschmann. Gerade mit letzterem schlüge die Kanzlerin wie schon so oft zwei Fliegen mit einer Klappe: Einen populären Konkurrenten aus dem zukünftigen Regierungslager ins höchste Amt wegloben und damit der CDU in Baden-Württemberg die Chance zur Wiedererlangung der Regierungsführung geben. Für die Grünen dürfte es schwierig werden, Kretschmann zu ersetzen, der im Landtagswahlkampf vorallem dank seiner Persönlichkeit auch Stimmen jenseits der grünen Stammwählerschaft holte. Ein ähnlich charismatischer Kandidat ist hier nicht in Sicht.
Sollte also die Gauck-Nachfolge das klare Signal Richtung Schwarz-Grün im Bund setzen, stünde die SPD als der große Verlierer da:
- Seit 2005 nur noch Juniorpartner in der Großen Koalition, nicht imstande, eigene Verdienste in der Regierungsarbeit positiv nach außen zu verkaufen.
- Die Pläne für eine rot-rot-grüne Regierung durch Abwerben des wichtigsten Koalitionspartners zerstört
- In der Wählergunst irgendwo um die 20% herumschwirrend
Wie so oft bietet aber ein absolutes Tief auch immer die Chance auf einen Neuanfang!
Eine SPD, die sich auch personell in der Spitze komplett erneuert und die alten, linkslastigen Zöpfe abschneidet, könnte sich als Oppositionsführer profilieren, indem man sich klar von Merkels Politik, die ohnehin den Grünen näher als der eigenen Partei zu stehen scheint, abgrenzt und die Kanzlerin quasi rechts überholt, ohne jedoch in die extremen Positionen der AfD zu rutschen. Netter Nebeneffekt: Man sammelt die Merkel-frustrierten, denen die AfD zu rechts erscheint ebenso ein wie einzelne CSU-Wähler, denen ihre Chefin längst zu weit ins linke Lager gerückt ist.
Auf diesem Wege könnte sich die SPD als konservative Alternative zur Union positionieren und wieder enger mit der FDP zusammenarbeiten, die sich auf dem Weg zurück auf die bundespolitische Bühne klar vom Merkelkurs in der Flüchtlingskrise distanziert. Eine Renaissance des sozial-liberalen Bündnisses wäre eine Option für 2021, wenn auch mit anderen politischen Positionen als anno 1969.
Der SPD stünde dabei zudem die Möglichkeit offen, sich wieder auf ihre ursprüngliche Klientel, die einfachen Arbeiter und Angestellten rückzubesinnen. Eben jene lässt Merkel mit ihrem politischen Linkskurs, speziell in der Aslypolitik zunehmend ins Abseits rücken. Eine volksnahe SPD, die nicht nur bei hilfsbedürftigen Flüchtlingen schnell den Geldbeutel öffnet, sondern auch den eigenen Bürgern unter die Arme greift (Paradebeispiel: Unwetter in Süddeutschland), hätte jedenfalls bessere Chancen, als eine SPD, die weiter ihren politischen Kurs hält und irgendwann zwischen CDU und Grünen zerrieben wird.