Wir stehen vor der größten Herausforderung unserer Zeit. Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Europa auf der Suche nach Schutz. Das jagt vielen Österreichern Angst ein. Ich aber habe keine Angst.
Neulich saß ich mit meiner Schwiegermutter im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Meine Schwiegermutter äußerte ihre Angst und erzählte mir von Warnhinweisen vor Flüchtlingen, die von Freunden auf Facebook gepostet wurden. Ich schaute mir die Profile an. Neben den ganzen Warnmeldungen mit Hinweisen auf die Kronen Zeitung und unzensuriert.at sieht man Bilder, wie die Leute vor idyllischen Landschaften picknicken, einen Sommer in Kroatien verbringen und im hauseigenen Garten grillen. Gleichzeitig drücken diese Menschen ihre Angst davor aus, dass sich unter die Flüchtlinge IS-Terroristen mischen und Anschläge in Österreich planen, Wirtschaftsflüchtlinge unseren Sozialstaat plündern und unsere Frauen wegnehmen wollen, damit sie sich hier ein schönes Leben machen können.
Angst um das Auto
Man hat Angst um die Arbeit, Angst um die sauberen Straßen, Angst um den Garten, Angst um die Kinder, Angst um den Hund, ja sogar Angst um das Auto. Ich kann die polemische Angstmache gegenüber Flüchtlingen nicht nachvollziehen. Diesen Menschen geht es so gut, sie besitzen alles, was sich ein Otto Normalverbraucher wünscht und haben Angst vor Schutzsuchenden, die während ihrer Flucht die tiefsten Abgründe des Lebens kennenlernen mussten.
Froh darüber in Österreich zu sein
Aber ich habe keine Angst. Obwohl meine wirtschaftliche Lage ziemlich prekär ist, bin ich froh, dass ich im friedlichen, sozialen, demokratischen und im Vergleich zu anderen Ländern relativ gerechten Österreich leben darf. Nachts hört man hier keine Schusswaffen, sondern das Zirpen der Grashüpfer. Mädchen dürfen hier zur Schule gehen, ohne dass ihr Weg dorthin zur einer Todesfalle wird. Man darf hier eine Oppositionspartei wählen, ohne dass man in der darauffolgenden Nacht in einen Folterkeller gesteckt wird. Unsere Wohnungen und Häuser erlauben uns eine Privatsphäre zu haben, ohne dass eine Geheimpolizei an der Tür klingelt. Über Essen und Trinken muss man sich kaum Gedanken machen, denn hier sind sie so selbstverständlich, wie das Amen in der Kirche. Dass ich das alles haben darf, darüber bin ich sehr froh. Doch viele in Österreich sind sich dessen gar nicht mehr richtig bewusst und regen sich vor dem Desktop mit Chips und Cola über Verhältnisse auf, die im Vergleich zu den Geschehnissen in Bürgerkriegsländern schon ein paradiesischer Zustand ist. Das ist doch ziemlich Dekadent.
So manch einer sollte persönlich erfahren, welche Zustände in Syrien, im Irak, Eritrea und Afghanistan herrschen. Dann wird man – so glaube ich – erst erfahren, wie sich Angst tatsächlich anfühlt.