Ich pflege einen breit gefächerten Bekanntenkreis, in dem nahezu jede Meinung vorkommt. Bei manchen auf dem Niveau eines Kleinkindes und bei anderen durchaus subjektiv durchdacht und wohlartikuliert. Was mich jedoch mit Furcht erfüllt ist, dass nicht nur die geistig Bescheidenen, sondern auch die (zumindest halte ich sie dafür) Intelligenten aller Lager in ein primitiv-sozialistisches Denken verfallen. Anstelle von Einzelbetrachtungen kommt es zur Definition als Gruppe. Unabhängig davon, ob es die Flüchtlinge, deren Helfer, die Freiheitlichen oder die Roten und Grünen sind; es wird in eine Schublade gesteckt. Aufgrund der Zugehörigkeit wird in einem Maße vorverurteilt, dass (nach Marx) Gewalt rechtfertigt und jeden Einzelnen (obwohl er nur gleich handelt wie seine Kontrahenten) in ein moralisches Hoch bringt.
Auf der Strecke bleiben wie immer die Menschen. Egal ob es eine Morddrohung gegen Flüchtlinge im Internet oder ein Bierdosenwurf auf Andersdenkende, unter dem Gejohle Umherstehender ist, wir müssen wieder an unsere liberale Demokratie denken. Wir müssen den Andersdenkenden mit Respekt begegnen, wir dürfen nicht von Einzelfällen auf ganze Gruppen schließen.
Wenn wir uns zum Beispiel den Club der Freiheitlichen im Nationalrat ansehen, dann finden wir auch dort eine breite Streuung von verschiedenen Persönlichkeiten. Da sitzen Leute wie Frau Dr. Winter, von deren Fähigkeit sinnerfassend zu lesen, ich alles andere als überzeugt bin. Da sitzen auch hochintelligente Ideologen wie ein MMMag. Dr. Kassegger der sich nicht ganz zu Unrecht beleidigt fühlt, wenn man eine seiner Reden als Winterniveau betitelt. Trotz seiner Bildung und Intelligenz glaubt er an eine “Newworldorder” und das sein “Nationales Erbe” der Gegenentwurf der Aufklärung und der bürgerlichen Revolution unter dem Wahlspruch “Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit” ist. Es gibt aber auch andere in diesem Parlamentsklub, einen Mag. Schrangl zum Beispiel, der wenn man seine Facebookbeiträge verfolgt, durchaus vernünftige und konstruktive Positionen vertritt und mit Sicherheit für konstruktive Lösungen bereit wäre. Doch wahltaktisch bringt das leider gar nichts; daher sitzt er irgendwo hinten und kommt medial nicht vor.
Auch auf der anderen Seite gibt es nicht nur den doofen “Gutmensch”, so gibt es zum Beispiel den Grünen Efgani Dönmez, der obwohl er mitten in der Wahlschlacht zwischen Gut und Böse steht, stets beide Seiten betrachtet. Seine Seite www.efganidoenmez.at hat nur leider nicht annähernd die Bedeutung in der Debatte, die sie verdient hätte. Es gibt natürlich auch die “Guten und Gerechten” mit moralischem Zeigefinger die Alles daransetzen, (ob absichtlich oder nicht) das Land weiter zu polarisieren und auch vor Gewalt für ihre “gute” Sache nicht zurückschrecken. Beispielsweise ein Robert Misik oder ein Karl Öllinger (der bei Gewaltrechtfertigungen natürlich viel vorsichtiger ist).
Doch was ist mit den Flüchtlingen selbst, sind die jetzt gut oder schlecht?
Wer bis hier gelesen hat erkennt wohl sofort, dass die Frage als solches idiotisch ist. Auch diese Gruppe ist viel zu unterschiedlich, um sie über einen Kamm zu scheren. Ich selbst habe viel Kontakt mit Flüchtlingen und kenne zumindest einen Teil der Bandbreite: Vom großbürgerlichen Unternehmer aus Bagdad, der sich und seiner Familie ein sicheres, bescheidenes Leben in einer säkularen liberalen Demokratie bei den Schleppern erkaufen wollte. Über syrische Kinder, die perfektes Hochdeutsch sprechen und sich über nichts so sehr freuen wie ein Buch zum Lesen. Bis hin zu allein reisenden Männern, die auch wieder eine Bandbreite sondergleichen Abdecken. Vom betrunken Radfahren und pöbeln gegen die Polizei, “Späße” beim Herumtauschen von Ausweisen, über die Arroganz weiterhin nur Farsi sprechen zu wollen, bis hin zum Verweigern des Händeschüttelns mit einer Frau, hab ich alles schon gesehen. Aber es gibt auch die, die froh sind in keinem islamischen Land mehr zu leben, die innerhalb von 3 Monaten Deutsch lernen und helfen wo sie können, die die Wohnung täglich putzen und in einem Ausmaß für alles dankbar sind, das für uns völlig unvorstellbar ist.
Ich hoffe inständigst, dass ich dazu beigetragen habe, Vorurteile aller Art abzubauen. Wir müssen wieder anfangen von Sippenhaftung Abstand zu nehmen.