Seit die Berliner Charité verkündet hat, dass sie im Körper des russischen Systemkritikers Nawalny das Nervengift Novitschok nachgewiesen hat, springt Frau Merkel wohl insgeheim vor Freude im Sechseck. Sofort hat sie neue Sanktionen gegen Russland in den Raum gestellt, und ihr "Minister des Auswärtigen" Heiko Maas plustert sich in sorgsam einstudierter Drohgebärde gegen Russland auf. Merkel und Komplizen scheint es wie den meisten Politikern auf EU-Führungsebene nicht darum zu gehen, die wahren Hintergründe dieser Affäre aufzuklären, denn:
Will man ein Verbrechen klären, muss die erste Frage sein, wem es nützt. Nützt der Anschlag auf Nawalny Präsident Putin? Wohl kaum - er muss Nawalny nicht fürchten, denn wollte er einen unliebsamen Konkurrenten kaltstellen, hätte er dazu andere Mittel - man erinnere sich an den Fall Chodorkovsky. Die erwartbare öffentliche Reaktion von Merkel und Konsorten zeigt, dass ein Anschlag wie jener auf Nawalny den notorischen Gegnern Putins und Russlands in die Karten spielt - und das ist Putin schon lange klar und schliesst wohl ihn und die höchste russische Regierungsebene m.E. schon deshalb aus dem Kreis der Verdächtigen aus.
Wem nützt also der Anschlag auf Nawalny? Zum Beispiel irgendwelchen korrupten, vom Kreml unabhängig agierenden Gestalten aus russischer Regionalpolitik und Wirtschaft, denen Nawalny als Aufdecker vielleicht zu nahe kam. Dieter Knoflach hat dieses Szenario in seinem f+f Blog vom 03.09. „Ist Putin-Kritische Gruppe im FSB für Nawalny-Vergiftung verantwortlich ?“ sorgfältig und analytisch dargelegt und begründet.
Ebenso kommen als Auftraggeber bzw. Täter jene „üblichen Verdächtigen“ infrage, denen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen EU bzw. Deutschland und Russland ein Dorn im Auge wäre und denen klar ist, dass auf Merkels bedingten antirussischen Reflex Verlass ist. Dazu gehören auch jene Kreise, die das Nordstream-Projekt, das die russischen Erdgaslieferungen nach Deutschland intensivieren würde, mit allen Mitteln verhindern wollen. Damit rücken auch US-amerikanische Gas-Lobbyisten als Auftraggeber und der CIA als Ausführender in den erlesenen Kreis der Verdächtigen auf.
Zu weit hergeholt? Möglich. Aber immerhin denkbar genug, dass es der politische Anstand gebieten würde, Putin und Russland nicht ohne jeden Beweis an den Pranger zu stellen und mit Sanktionen zu bedrohen, die nebenbei bemerkt der EU ohnehin mehr schaden als Russland.
Bei einem "normalen" Kriminalfall würde auf Basis der derzeitig vorliegenden Fakten wohl kein Staatsanwalt Anklage erheben, ja nicht einmal U-Haft verhängen - aber solches Rechtsempfinden lassen Frau Merkel und Herr Maas, ebenso wie die allermeisten Mainstream-Medien wie schon gewohnt vermissen.