Der Rückzug aus Kherson lässt vor allem auf ein inzwischen extrem unstabiles Gefüge in der militärischen Führung in Moskau schliessen: Es passt nichts mehr zusammen.
Einrichten zur Verteidigung unter gleichzeitigem Abzug der eigenen Kräfte ist kompletter Unfug, zum Täuschen hätten simple Scheinstellungen gereicht.
Das war eher "links blinken und rechts abbiegen".
Das sieht also eher danach aus, dass der Kreml so langsam die Kontrolle verliert und die Einheiten und Verbände vor Ort eigenmächtig anders agieren als dies eigentlich beabsichtigt ist.
Was bei den 2-Wochen-Überlebens-Wundern an Reservisten zweifelsfrei die richtige Entscheidung war.
Trotzdem aber erstaunt es, denn aus Moskau kamen da direkt erkennbar andere Befehle zur Verteidigung.
Die Frage ist jetzt allerdings, wie sich dieser Kontrollverlust in der Ukraine entwickeln wird:
Wenn der russische Mini-Zar diese Kontrolle zurückerlangen will, wird er wohl umso unmenschlicher gegen die Ukraine und die eigenen Truppenteile vor Ort agieren müssen. Das kann also ein noch übleres Gemetzel werden - wobei das wohl konventionell bleiben dürfte.
Gewinnt er die Kontrolle aber nicht zurück, brechen die Strukturen seiner Invasionsarmee völlig in sich zusammen und die Sache ist endgültig gelaufen.
Es ist also gar nicht so wesentlich, dass die Stadt aufgegeben wurde und zurück an die Ukraine fiel. Wesentlich ist die Perspektive aus diesem Kontrollverlust, denn das kann nicht nur die Flucht oder den Rückzug aus einzelnen Gebieten bedeuten.
Denn wenn eh schon Befehle verweigert werden, dann kann das durchaus auch zur Kapitulation grösserer Verbände führen.
Das sind Auflösungserscheinungen auf russischer Seite, die jetzt im Winter noch grösser werden dürften.
Die nächsten Wochen werden also ganz entscheidend sein für den weiteren Verlauf dieses Krieges und bieten sogar das Potential für einen Sieg der Ukraine.
Entscheidend dabei ist nur noch eines:
Die russischen Streitkräfte bloss nicht mehr dabei stören, weiterhin so grosse Fehler zu machen.
Denn Russland besiegt sich im wahrsten Wortsinne gerade selbst.