Die jüngsten Ereignisse deuten auf eine Phase der Konsolidierung und des Ausgleichs hin, wobei die Hayat Tahrir al-Sham (HTS) bisher eine überraschend ausgleichende und zivile Politik verfolgt.
In Syrien werden derzeit Probleme und Differenzen gelöst. Es gibt Anzeichen dafür, dass Großbritannien erwägt, die HTS von der Terrorliste zu streichen, während die USA, bald unter Trump-Administration eher zurückhaltend bleiben. Europäische Länder haben bereits zahlreiche Kontakte zur neuen Führung aufgenommen.
Bemerkenswert ist, dass die HTS eine "De-Bathifizierung" vermeiden will, um einen Zusammenbruch wie im Irak zu verhindern. Nur Straftäter sollen verfolgt werden, während Mitglieder der Bath-Partei ausdrücklich aufgefordert werden, weiterhin zu arbeiten. Die bloße Parteimitgliedschaft soll kein Problem darstellen. Die HTS konsolidiert ihre Macht und installiert neue Strukturen. Dabei muss sie mit vielen Rebellenfraktionen umgehen, deren Ziele von der Eroberung Israels über einen Krieg gegen die USA bis hin zu dem Wunsch nach Ruhe reichen.
Die neue Regierung versucht, diese unterschiedlichen Interessen zu konsolidieren. Der neue Ministerpräsident trat zunächst mit der islamischen Flagge auf, verzichtete aber nach Protesten darauf. HTS-Führer al-Dscholani erscheint inzwischen in ziviler Kleidung statt in Kampfmontur. Dies sagt zwar nichts über die tatsächlichen Absichten aus, zeigt aber den Wunsch nach einer moderateren Außenwirkung. Die HTS versucht, den Eindruck zu erwecken, dass sie die Ordnung aufrechterhalten und andere Rebellengruppen disziplinieren will.
Interessanterweise wurden Drogenfabriken des Assad-Regimes entdeckt, die dem Clan angeblich Milliarden eingebracht haben sollen. Dort soll Captagon produziert worden, das in alle Welt exportiert wurde.
Al-Dscholani hat angekündigt, das zentralistische sozialistische Wirtschaftssystem durch eine Marktwirtschaft zu ersetzen. Es gibt Bemühungen, einen Rechtsstaat durchzusetzen, einschließlich Checkpoints, die geplündertes Gut einsammeln sollen.
Im Norden hat die SDF (Syrische Demokratische Kräfte) die Kontrolle über Manbij verloren. Es soll ein Abkommen mit der SNA geben, vermittelt von den USA, das einen Waffenstillstand vom 12. bis 16. Dezember vorsieht. Ein wichtiger Damm soll an Zivilisten übergeben werden, der Strom für Aleppo liefert.
Es gibt Anzeichen für eine mögliche Einigung zwischen SDF und HTS. Die Kurden sollen eine semi-autonome Region zur Selbstverwaltung erhalten, während die SDF Teil der neuen Streitkräfte werden soll. Das ganze Land soll nun unter der grün-weiß-schwarzen Fahne vereint sein, was Syrien erstmals seit 2011 wieder vereint.
Israel hat seine Luftkampagne beendet und dabei 80 bis 90% des technischen Waffenmaterials zerstört. Israel hat nun die vollständige Luftüberlegenheit über Syrien. Russland zieht sich zurück, verhandelt aber über den Verbleib seiner Basen. Der Iran versucht, durch Aufrufe an die syrische Jugend wieder an Einfluss zu gewinnen. Russland evakuiert hochmodernes Gerät von seiner Airbase Hmeimin, hofft aber auf neue Abkommen bezüglich Hmeimim und Tartus.
Es lässt sich sagen, dass der Bürgerkrieg im Bürgerkrieg zu Ende zu sein scheint. Die weitere Entwicklung hängt stark vom Verhalten der HTS ab. Israel hat im Südwesten Territorium besetzt, während Russland sich weiter zurückzieht, aber auf neue Abkommen hofft. Der Westen scheint zögerlich zu reagieren und lässt möglicherweise Chancen verstreichen, die Situation zu beeinflussen.