Manuela Haag www.dieHaag.at

Er fletschte die Zähne, stellte Haare und Schwanz hoch und ein Stück oberhalb seiner Darstellung hörte ich die Worte: "Keine Angst, der tut nichts." Naja, wie soll man keine Angst haben, wenn man Angst hat? Nun begann er an der Leine zu zerren,sah ein Stück weit größer aus, als er tatsächlich war, bäumte sich und die zierliche Gestalt hinter ihm rief: "Geh rein!! Geh rein!!" Kurzen Moment war ich wie angewurzelt, dann lief ich ins Haus. Nicht dass ich der Dame keine Kraft zumutete, aber der riesige Hund am anderen Ende der Leine schien sie regelrecht mit zu zerren. Dieses Bild kommt mir immer wieder hoch. Obwohl ich am Telefon sagte, sie mögen bitte ihren Hund in einen anderen Raum geben, wenn ich komme, ich hatte auch nicht die Absicht, lange zu verweilen, da ich schon Nadeln unter meinem Hintern verspürte, als ich schon den Gedanken in mir trug, ich müsste da jetzt hin. Als würde ich in einen Löwenkäfig rein müssen. Und der Löwe hatte nun mal nichts gefressen, sondern wartete nur noch auf mich - einen großen Happen, egal, wie ich schmecken würde, wenn man Hunger hat, frisst man halt alles.

Meine Angst gegenüber Hunden war in den Jahren gewachsen. Keine Ahnung, wie es dazu kam. Wir hatten selbst ganz früher, als ich noch kleiner war und dann auch die Hauptschule besuchte einen wirklich gutmütigen Hund. Irgendwann lief mir ein kleiner Foxterrier ständig hinter her, wenn ich mit meinem Fahrrad an seinem Haus vorbei fuhr; immer? Immer wenn ich den Berg hochradeln musste. Wenn ich wieder zurück, den Berg runter radelte, war er nie zu sehen. Schade, da hätte ich ihm nachjagen können. Ich erinnere mich an einen Schäfer, der mich in die Hand zwickte, wir besuchten sie; ich solle ruhig sein, meinte ein guter Freund, dem der Schäfer gehörte. Seiner Familie gehörte er. Ich war nicht ruhig. Er hatte aber angefangen. Er lief um uns her, bellte, stellte die Haare auf, fletschte die Zähne und ich konnte nichts anderes tun, als hin und her zu laufen und zu schreien. Der gute Freund schrie auch, dass ich nicht schreien solle und ruhig bleiben, aber es passierte einfach, dass ich mich bewegte. Mein Gehirn war zwar eingeschalten, aber dachte nur noch an: "HILFE!!!" Die gutgemeinten Worte nahm ich gar nicht wahr. Und schon zwickte mich der Schäfer in meine Hand. Ich blutete zwar nicht, aber wenn man Angst hat, dann erscheinen einem erstens einmal die Hunde größer, als sie tatsächlich sind und eine harmlose Wunde wird zu einem Kriegserlebnis (moment! Bitte Anmerkung: ich erzähle hier meine subjektive Erinnerung - wir könnten nun ausschweifen an die tragischen Misserien, die man oft in den Medien zu hören bekommt und viel tragischer sind als meine - ich erzähle weiter):

Was mich beruhigte, war, dass ich nicht die einzige war, die panische Angst vor Hunden hat. Es gibt sehr viele Menschen, die große Angst vor Hunden haben. Richtige Tipps gibt es vermutlich nicht. Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich jedes Mal Vorbereitungen traf, wenn ich wohin musste, wo Hunde waren. Also am Effektivsten war es, im Auto zu bleiben und wenn ich etwas bringen sollte, einfach raus zu werfen. Oder dann mit dem Handy anzurufen, sie mögen doch rauskommen. Oder jemanden reinschicken. Kinder zum Beispiel. "Ach, der tut dir nix, bring das schnell rein." Das genau ist mir mit Oma passiert. Wir saßen im Auto, ich musste sie wohin bringen, wo sie etwas abzugeben hatte, der Hund schwenzelte ums Auto und wir saßen drin, als wäre ein Gepard da draußen, der auf uns lauerte. Als sie diese Worte in den Mund nahm und mir zuwarf, gab es eine Diskussion, wer nun aussteigen möge, bis der Besitzer dieses kleinen Rackers kam und uns lachend beschützte.

Wie viele wissen, zieht man, wenn man Angst hat, wirklich jeden Hund (in diesem Fall) an. Es gibt nur mehr Hunde auf dieser Welt. Und Missgeschicke. So radelte ich einmal mit meiner Tochter durch die Gegend, als uns ein Rotweiler, der gerade aus dem Auto steigen wollte und ihn der Besitzer nicht mehr erwischte, hinter uns her. Ich war so dermaßen wütend! Verantwortungslos! Und was ich mir so alles dachte. Als wir einmal spazieren gingen und an einem Bauernhof vorbei mussten, wechselte ich die Straßenseite, weil ich einen Hund zu hören bekam. Meine Tochter lachte, da sie den Hund kannte und schnurrstracks folgte uns dieser sogar. Ruhig und gemütlich überquerte er sogar die Straße. Wie kann er nur?? Er kann doch nicht einfach so die Straße überqueren! Das geht einfach nicht, wo sind die Besitzer? Ich ging zitternd weiter, beruhigte meine Tochter, dass er nichts tue und gab innerlich zu, dass ich mich eher selbst beruhigte, da sie keine Angst vor Hunden hat. Dem Hund schien das nicht zu interessieren, lediglich, wo wir hingehen mögen, das interessierte ihn vielleicht.

Jeder auf dieser Welt schien mindestens einen Hund zu haben. Oder zufälliger Weise büchste vielleicht ein Hund irgendwo aus und überquerte meinen Weg. Nie im Traum dachte ich daran, einen Hund näher kennen zu lernen. Sie sind böse. Sie wollen uns fressen, Raubtiere wie Fuchs und Luchs. Aber zugegeben, anstrengend ist es schon, Angst zu haben. Es kann einem auch niemand beruhigen. Die Worte "der tut dir nichts." oder "zeig einfach keine Angst, der Hund spürt das" schürrt noch mehr Angst, finde ich. Gut gemeint, aber trotzdem ärgerlich.

Was konnte ich nachempfinden, wenn mir jemand sagte, dass er Angst vor Hunden hat.

Vor ein paar Tagen begegnete ich einem Hund, den ich vorigen Sommer noch als Bestie wahr nahm. Er war Gott sei Dank hinter einem Zaun, aber bellte so dermaßen, dass ich mir dachte: "Hoffentlich kommt er nicht raus." Vor ein paar Tagen durfte ich eine tolle Tour mit Eseln machen. Meine zwei Herzen mussten zu Hause bleiben. Da war er wieder. Kam auf mich zu, ich ging in die Hocke und streichelte ihn. Er war so lieb! Er begrüßte mich freudig, wirkte nicht mehr so riesig und gefährlich. "Ein reinrassiger Dobermann", wurde mir gesagt. "Neeeee", antwortete ich unglaubwürdig. "Doch, doch! Es gibt auch braune", entgegnete mir die Besitzerin.

Wie konnte das passieren. Respekt habe ich noch vor Hunden, keine Frage. Aber ich gehe ganz anders auf sie zu. Und manchmal erwische ich mich, wenn Balu sich aufbäumt und zu bellen anfängt, dass ich sage: "Keine Angst, der tut nichts." Dann halte ich inne. Was soll ich sagen? Und wenn Missgeschicke passieren? Er hat schon ab und zu seine Flausen im Kopf. Das braucht Zeit, das weiß ich, und konsequente Führung. Da müssen wir beide noch lernen. Aber verstehen? Verstehen tu ich jene, die sich fürchten. Ob es nun für Aufregung sorgt, ja, zeitweise für Spannung. Für mich muss ich eingestehen, es ist auf der einen Seite ein unbeschreiblich tolles Gefühl, Lebewesen, von denen ich große Angst hatte, aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen und auch, wenn etwas passiert, ein Hund ausbüchst und meine Wege kreuzt, wir leben nun mal nicht alleine auf dieser Welt, was viele von uns vielleicht wünschen würden.

Will ich mit der Erzählung näher bringen, wie toll es sein kann, sich einem Hund anzuvertrauen? Nein. Das muss oder sollte jeder für sich selbst entscheiden. Ich - wie ich schon in den meisten Blogbeiträgen von mir schildere - bin froh, Vertrauen lernen zu dürfen. Aber was ich auch jetzt an mir selbst so toll finde: offen für andere Lebewesen zu sein. Das bereichert mich sehr!

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Daniela Noitz

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