Kaum vorstellbar, dass ich zum Hundefreund geworden bin. Vor einigen Monaten noch, flippte ich aus, wenn ich einem Hund ohne Leine gegenüber stand. Selbst wenn er mich noch so gutmütig anblickte, sah ich mich immer auf seiner Speisekarte. Es war für mich immer wieder ein Adrenalinstoß, Angst machte sich breit.

Und dann diese plötzliche Wende: Ausgerechnet meine beste Freundin mit zwei tollen Hunden, stand mir in schweren Zeiten beiseite und sagte: "Ich glaube, ein Hund würde dir gut tun." Hörte ich richtig? Keine Katze, keinen Wellensittich oder Fische, nein, ein Hund. "Nein, das geht nicht", meinte ich, fuhr nach Hause und ihre Worte hämmerten immer wieder in mir. Ein Hund. Ein großer Hund? Nein, etwas kleines vielleicht. Ein Schoßhündchen? Nein, ich soll ja raus. Ein lieber Hund? Was ist, wenn ich etwas nicht schaffe? Was mache ich dann mit ihm? Was ist, wenn ich einmal ins Krankenhaus muss? Oder unterwegs sein muss? Wohin? Auf unser kleines Frauchen konnte ich mich bestimmt nicht immer verlassen. Irgendwie vergaß ich meine Angst. Recht hatte sie. Die Kinder sind groß geworden, der Mann ist irgendwo und ich sitze da und denke zu neunzig Prozent an die Arbeit und an die Pflichten. Aber ausgerechnet ein Hund?

Ich konnte es nicht vergessen. Ich erinnerte mich an unseren damaligen Hund, eine treue Seele! Auf einem Bauernhof wurde ich groß, da hatten die Tiere ihren Platz, ihren Freiraum und es war bei weitem nicht so, wie ich es jetzt erlebe. Flocki hieß er. Er war ein plumper, aber gutmütiger Hund. Wartete immer, wenn wir von der Schule heimkamen. Ich sehe ihn heute noch auf dem Feld sitzen, er wusste immer ganz genau, wann wir kamen. Er war ein freier Hund. Wuchs ohne Hundeschule und ohne Leine auf. Flocki wurde etwa 18 Jahre alt. Er war nicht wegzudenken. Im Laufe der Jahre hielt ich Tiere für Hindernisse. Nicht, dass ich ihnen Leid wünschte, aber ich war immer der Meinung, Tiere gehörten raus, in den Wald und auf Wiesen, wenn überhaupt auf einen Bauernhof. Einfach dorthin, wo sie selbst sein können.

Die Worte hingen bei mir immer noch tief und fest. Ich schaute sehr viele Inserate an, manches sprach mich an, ich dachte, dieser Hund könnte ... aber vielleicht doch nicht ... .

Dann der Facebookaufruf. Das wollte ich zuvor gar nicht machen, aber ganz spontan dachte ich: "Warum nicht?" Also schrieb ich: "Ich suche einen Hund, der zu uns passt und wir zu ihm." Es kamen einige Tipps und darunter tauchte plötzlich das Bild von Codita auf. Kennen Sie diese Momente, wo plötzlich alles rosa wird oder quasi weich? Wo man von diesem Lebewesen einfach nicht mehr wegschauen kann? Kurzerhand rief ich Daniela an - ich berichtete schon ein paar Blogeinträge zuvor von ihr. Sie sah das Foto und meinte ganz spontan und fröhlich: "Sie ist es! Wann können wir sie holen? Wo lebt sie überhaupt?"

Diesen Abschnitt meines Lebens werde ich nie vergessen. Es kommt mir vor, als wär es gestern gewesen. "In Rumänien, Brasov, steht da. Vielleicht ist es doch ein bisschen zu ..." "Nein", entgegnete mir Daniela, "wir fahren dahin."

Kurzer Schwenk zu der Situation vor dem Facebookaufruf: wir hatten schon einen Hund aus Ungarn im Auge, da war uns die Strecke doch zu weit gewesen. "Naja, vielleicht ist er schon weg?" meinte ich. Aber wir schrieben den Herrn an, Codita, so hieß die Hündin war noch da. Sie hatte ein kaputtes Bein, wurde auf der Straße gefunden und operiert.

Wir packten unsere Sachen und fuhren ganz spontan zwölf Stunden nach Brasov. Planten zuvor, mit welchem Fahrzeug wir fahren könnten - mit dem Flugzeug? Nein, das könnten wir Codita nicht antun, sollten wir uns mögen und sie würde mitkommen. Mit dem Zug? Was ist, wenn wir plötzlich stehen bleiben müssen? Also mit dem Auto. Während der Fahrt wurde uns klar, wie verrückt wir beide doch waren. Aber wir könnten nie im Leben verlangen, dass das Tier hergefahren wird – und wenn es nicht passt, dann eben wieder weg damit . Wir mussten uns selbst überzeugen. Weiters merkte Daniela an, dass ich ohnehin einmal raus müsste und ein Wochenende in Brasov würde mir gut tun. Das liebe ich unter anderem an ihr. Ihre Spontanität und ihr Einfühlungsvermögen.

Tausend Fragen hatte ich während der Fahrt im Kopf. Wie würde unsere Begegnung sein? Ich habe doch Angst vor Hunden, wie wird sie darauf reagieren? Bin ich nun komplett übergeschnappt?

Zuvor zeigte ich das Foto noch einigen anderen Freunden, die mir zusprachen, dass Codita genau zu mir passen würde. Sie hätten das im Gefühl. Aber kann ich mich auf andere verlassen? Nein.

Wir kamen in Brasov an. Recht freundlich wurden wir begrüßt und die Stadt ist traumhaft schön! Wir trafen auch gleich auf Codita. Das erste, was ich noch in Erinnerung hatte, wie stürmisch sie uns begrüßte. Ich muss heute noch lächeln, wenn ich daran denke. Meine Gedanken waren durcheinander. Hund - Angst - mein Gott, ist sie süß!

Da wir in Brasov waren, durften wir auch die Stadt etwas näher kennen lernen. Meine Gedanken waren aber großteils bei Codita. Und so viele Fragen. Kann ich sie führen? Einige Fragen hatte ich im Vorfeld schon geklärt. Dann gingen wir dort Gassi. Das war ein sehr guter Anfang, denn dort liefen auch einige Hunde frei herum. Wenn ich es dort schaffe, kann ich es zu Hause auch schaffen.

Sie hat sich so schnell einfach in mein Herz geschlichen und tut mir unbeschreiblich gut! Wir nahmen sie also mit nach Hause und die Fahrt war einfacher mit ihr als wir dachten. Es war doch ein weiter Weg, aber Codita war so brav und ruhig. Manchmal blieben wir stehen, dass wir uns die Beine vertreten oder irgendwo einen Kaffee trinken konnten und Codita ihr Geschäftchen verrichten konnte, aber es war nicht so oft, als wir angenommen hatten.

Zu Hause hatten wir vorher schon Schuhe und alle möglichen Gegenstände weggeräumt, die für Codita vielleicht interessant sein könnten. Meinen Elfenbein - Zimmerpflanze - musste ich jedoch stehen lassen - mit ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie ihn nicht interessant finden würde.

Sie fand gar nichts interessant, was Schuhe und Sachen betrifft, die ich interessant finde. Bis auf Socken. Die liebt sie.

Ich sitze gerade da, schaue nach links, wie Coditas Blicke gerade einer Fliege verfolgt. Sie kauert neben mir auf dem Sofa, Balu ist im anderen Zimmer und ich schwelge in Erinnerungen. Was bin ich einfach froh, mich meiner Angst gestellt zu haben.

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