21 Zeilen sind dem Wahlprogramm der AfD Thüringen für die Landtagswahl am 1. September vorangestellt. Es handelt sich um den Text des Volkslieds „Rauscht ihr noch, ihr alten Wälder“ des Lyrikers Franz Langheinrich aus dem Jahr 1912. Langheinrich wird auf der ersten Seite des AfD-Programms namentlich erwähnt.

Damit wird klar: Die AfD wirbt mit dem Gedicht eines glühenden Anhängers des Nationalsozialismus. Der 1945 verstorbene Langheinrich war Teil der völkischen und nationalistischen Deutschen Kunstgesellschaft, die 1920 von völkischen Künstlern nach eigenen Angaben mit dem Ziel gegründet worden war, für eine „rein deutsche“ sowie gegen eine „Verrottung der Kunst“ einzutreten.

Laut der Kunsthistorikerin Kirsten Baumann, die zu völkischer und nationalsozialistischer Kunstkritik promovierte, handelte es sich bei der Deutschen Kunstgesellschaft um eine „extrem aggressive, völkisch-fundamentalistische Gruppierung“. Die Organisation ordnete Kunst mit biologistischen Zuschreibungen als „rasserein“ oder „artfremd“ ein.

Um 1930 trat die Deutsche Kunstgesellschaft dem antisemitischen Kampfbund für deutsche Kultur des führenden NSDAP-Ideologen und späteren Kriegsverbrechers Alfred Rosenberg bei. Der paramilitärisch organisierte Kampfbund war 1933 an Säuberungsaktionen deutscher Museen und öffentlichen Bücherverbrennungen beteiligt, bei denen „undeutsche“ und „entartete“ Literatur vernichtet wurde.

Langheinrich, der nun prominent im Wahlprogramm der Thüringer AfD präsentiert wird, hielt für die Deutsche Kunstgesellschaft unter anderem im Januar 1935 eine Rede zum Thema „Bolschewismus in der Politik und in der Kunst“. In der von der Kunstgesellschaft herausgegebenen Zeitschrift „Das Bild“ hieß es im gleichen Monat: „Mit dieser Kampfansage schloß sich Franz Langheinrich aufs engste an die Kulturrede Alfred Rosenbergs vom 19. im Julmond (Dezember) 1934 im Sportpalast zu Berlin an, wo der vom Führer ernannte Wächter der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung der Bewegung zum Kampf gegen jede Verfälschung der nationalsozialistischen Kulturabsichten aufgerufen hatte.“

Was Langheinrich in Texten schrieb

Mindestens zwischen 1934 und 1936 veröffentlichte Langheinrich Texte in der NSDAP-Parteizeitung „Völkischer Beobachter“. Ab Juli 1935 war er für den Münchner Teil der Zeitschrift „Das Bild“ zuständig. Laut Baumanns Dissertation wurde er zu einem der wichtigsten Autoren. Demnach war die Zeitschrift „geprägt von offenem Antisemitismus“.

In der damals unter NS-Einfluss stehenden Zeitschrift „Das Bayerland“ bezog sich Langheinrich im Jahr 1937 positiv auf „Mein Kampf“ und auf eine Rede des damaligen Reichskanzlers Adolf Hitler. In einem weiteren Text aus diesem Jahr lobte Langheinrich die nationalsozialistische Propagandaausstellung „Entartete Kunst“ und zitierte ebenfalls Hitler.

WELT konnte die Texte in der vergangenen Woche in der Berliner Kunstbibliothek einsehen.

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