„Massentierhaltung?“, „Artgerechte Haltung?“, „Humane Schlachtung?“ – jetzt mal Tacheles!

"Meiner Erfahrung nach streiten die Menschen, die eine artgerechte Haltung und eine humane Schlachtung fordern am stärksten für den Erhalt des Status quo."

Scheibt mein veganer Freund @Heckmeck in seinem jüngsten Blog hier auf f+f. Da hab ich den Fehdehandschuh natürlich aufnehmen müssen. Nachfolgend meine Erwiderung.

Hi Freund Heckmeck - da bin ich ja nun direkt angesprochen. „humane“ schlachtung ist eine sprachliche missgeburt. "Möglichst stressfrei", oder wie ich es - nietzsche nachsprechend - formuliert habe: „töten mit sanfter hand“, das gefiele mir schon besser. Das wäre etwas, was ich für erstrebenswert erachte.

Ich wünschte mir so vieles und weiß doch, dass es ganz anders aussieht. Und dass dies ganz-anders-aussehen seine gründe hat. lass uns doch mal die gründe ins auge fassen, bevor wir uns sofort in die haare geraten wir fleischfresser und ihr veganer.

im fall der viel zu wenig differenziert betrachteten „massentierhaltung“ sind die gründe meines erachtens in einem längst unhinterfragten effizienzstreben gelegen - ein mir bekannter super innovativer bio-hühnermäster bezeichnet sich übrigens gern selbst als massentierhalter: bei 4800 hühnern pro stall müsse man schon von masse reden, sagt er.

weit mehr jedenfalls als (angeblich) empathielose, tierquälerische bauern oder (zugegeben) unwissenden oder verdrängenden konsumenten sehe ich ein nichts außen vor lassendes industrielles produktionssystem als hauptgrund für das phänomen massentierhaltung. Die dort geforderte effizienz wie sich in züchtung, haltung, optimierung des futters und dessen verwertung etc. nieder schlägt, ist im wesen keine andere als jene, die uns menschen (scheinbar) dazu zwingt, immer mehr zu leisten, einem wirtschaftswachstum und einer leistungsteigerung nachzulaufen, nachzuforschen etc., bzw. nachzutrauern, wenn sie mal nicht wie geplant geschafft wird.

Die massentierhaltung ist in dieses industrielle produktionssystem unweigerlich eingebunden als ein essentieller bestandteil desselben, ohne den dieses zusammenbrechen würde. Und damit all die (zweifelhaften?) damit verbundenen errungenschaften. Der technische fortschritt macht‘s möglich – ja nötig! – er gibt vor und wir richten uns danach. In allen modernen hochtechnolgisch gestützten arten der produktion hat „gott effizienz“ längst das ruder in der hand. Nur so ist es nämlich möglich, dass einer der treibstoffe für diese effizienz, die nahrungsmittel nämlich, zu einem die gesamtökonomie nicht gefährdenden super günstigen preis dem menschen zu verfügung gestellt werden können. Auf dass dieser ständig energie habe und selber wieder kräftig an der effizienzsteigerung (damit verbunden wirtschaftswachstum, kaufkraftsteigerung etc.) mitwirken kann.

Ein „minderleistendes“ huhn etwa, welches sich erfolgreich all den „fortschritten“ in zucht, haltung, hygiene etc. verweigern hat dürfen, fällt in sachen effizienz derart weit hinter seine optimierten artgenossen zurück, dass sein preis als lebensmittel schlicht nicht wettbewerbsfähig ist. Nach unseren begriffen lächerlich teuer ist es. Mein demeter-huhn, das „natürlich“ auch keine zehn jahre leben hat „dürfen“, sondern eins und in dieser zeit stattliche drei Kilo schwer werden durfte (Schlachtgewicht), kostet mich satte 50 Euro! Und die zahl ich meinem bauern direkt, ohne zwischenhandel, der sich bei diesen preisen natürlich von selbst verbietet. So würde es aussehen, wenn wir unsere nutztiere nicht längst zu höchstleistern gemacht hätten.

Höchstleister und damit wäre ich bei einem argument, das ich von bauern immer wieder höre, höchstes leistende tiere fordern ihrerseits ein höchstmaß an professionalität und „leistungsfreundlicher“ umgebung, zuwendung, betreuung etc. Höchstleistende Nutztiere müssen innerhalb der leistungsmaximierungsphilosophie genauso „wohl“ und gesund erhalten werden wie ein spitzensportler oder ein topmanager (ich weiß, die tun das ja alle total freiwillig und im vollen bewusstsein ihres tuns – so wie wir alle! - und werden von niemadem dazu gezwungen – das stelle ich eben sehr in abrede…). So viel zum tatsächlich geschmacklosen vergleich mit kz’s. (dieser trifft nur insofern etwas, als es auch dort darum ging, mit hilfe der technik äußerste effizienz beim töten und beseitigen der leichen zu erreichen). dort, wo dies im großen stil schief geht, und die tiere „ihre leistung nicht mehr bringen“, weil sie krank werden etc., liegen managementfehler (sic!) weit eher vor als bewusste tierquälerei. wer meint, ich redete damit etwas schön, der versteht mich nicht. ich rede nur tacheles!

Wenn ich also eine bessere haltung und „sanftes töten“ propagiere, bzw in sachen fleischkonsum hier immer weniger bereit bin, kompromisse im sinne der leistungsmaximierung auf kosten des hochleistungstieres einzugehen, dann tue ich das aus einem völlig anderen beweggrund heraus als ihr veganer, indem ich versuche die gesamtzusammenhänge mitzudenken, welche hinter der herkömmlichen – ja eigentlich auch biologischen – nutztierhaltung stehen (ein „bio-huhn“ der rasse hubbard, ähnlich marktführend wie ross 308 im konventionellen bereich – lebt halt statt 4-5 wochen deren 8 – und hat mehr platz, gewiss und auslauf, was ihm sicher gut tut – aber das ist es auch schon.) Dass ich damit „am stärksten für den Erhalt des Status quo [streite]“, glaube ich nicht.

Noch ein wort zum unwort „artgerecht“ im zusammenhang mit unseren nutztieren. Ich halte auch diesen begriff für einen aus dem bereich marketing. weil sich ein ross 308 – das ist der name der rasse des huhns, welches 80 % der Weltproduktion „bestreitet“ – in etwa so weit entfernt hat vom frei laufenden urhuhn, einem fleischfressenden saurier übrigens, wie wir homo sapiens sapiens vom homo erectus – was soll da der begriff „artgerecht“? wie müssten wir menschen artgerecht leben? im kollektiv mammuts jagend? Oder – sofern wir glückliche südseeinsulaner als vorbild nehmen: von den früchten in den mund und uns ansonsten nur der liebe widmend? – artgerecht: ein unbrauchbarer begriff also, wenn ich ehrlich bin.

Auf der alm habe ich dem absoluten luxus fröhnen dürfen, eine ganz unmittelbare langfristige mensch-nutztier erfahrung zu machen, deren veganer und nicht-veganer zum allergrößten teil entbehren. Ich weiß, dass dort oben (teilweise) andere, aus unserer zeit ein wenig heraus gehobene gesetze herrschen. Die totale unterwerfung unter die effizienz ist auf der alm nicht möglich – nicht für das tier, nicht für den menschen. Ich würde mir für viele menschen diese erfahrung wünschen. Man kommt dem tier ganz leibhaftig näher und ist den ideologien, utopien und fantasien eines „so hätt ich’s gern“, „so wäre es für alle besser“ auf der einen bzw. eines „so muss es sein, so war es immer schon“ auf der anderen seite nicht so hoffnungslos ausgeliefert.

und wer jetz noch die nerven dazu hat, kann sich ja ein bild machen, wie das aussieht heute. am beispiel huhn. bio und konventionell. wir von land schafft leben haben uns in ställen umgesehen, im schlachthof gefilmt, mit bauern und forschern gesprochen und auch tierschützer (vier pfoten) um ihre meinung gefragt.

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Watzlawick

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