Wer sie mit geringem Informationsstand gemeinsam in der „Pressestunde“ erlebte, musste Werner Faymann für den Gewinner und Reinhold Mitterlehner für das Opfer der gemeinsamen Steuerreform empfinden.
Nach langer sozialdemokratischer Defensive zeigt sich der Spin wieder einmal als Genosse und die SPÖ als geschlossenere Partei.
Wahlplakate, Parteitagsbeschlüsse, Dauerpropaganda der Sozialdemokraten mit der unverrückbaren Forderung nach Vermögenssteuern in Milliardenhöhe blieben am Ende unerfüllt. Der Parteivorsitzende tänzelte locker unter dieser Latte durch, die ihm von den Genossen noch vor Wochen als ultimativer Test gelegt worden war.
Der bestens orchestrierte Partei-Jubel über die in Summe tatsächlich beeindruckenden fünf Milliarden Steuerentlastung für Arbeitnehmer und Pensionisten machte die angeblich schon aus Gründen der Gerechtigkeit unverzichtbaren Millionärssteuern zur Fußnote. Außer matten Protesten bei den frustrierten aber machtlosen Jung-Sozis und lautem Beifall in den Boulevard-Blättern der zufriedenen und mächtigen Multimillionäre Dichand & Fellner war das Thema erledigt.
Werner Faymann konnte leicht locker sein am Sonntag im ORF-Studio.
Dass es für Reinhold Mitterlehner deutlich weniger Grund zur Fröhlichkeit gab, hat mehrere Gründe.
Dass er und Finanzminister Hans Jörg Schelling das ÖVP-Nein gegen alle Formen von Vermögenssteuern durchgehalten haben, lässt sich propagandistisch nur sehr schwer verwerten. Macht man sich doch damit rasch zum begrenzt populären Verteidiger der Superreichen .
Dass der schwarze Wirtschaftsbund und seine Wirtschaftskammerspitze das offensichtlich als Selbstverständlichkeit verbuchen und nun statt Beifall dafür zu spenden mit massivem öffentlichem Widerstand gegen die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung der Steuersenkung reagieren, ist das parteiinterne Dilemma und gleichzeitig das mediale Problem der ÖVP und ihres Parteichefs. Von Geschlossenheit der Volkspartei ist keine Rede.
Noch viel gravierender aber ist, dass jetzt Finanzminister Schelling federführend und hauptverantwortlich die höchst umstrittenen Maßnahmen für die Gegenfinanzierung umsetzen muss.
Der Finanzminister an der beinharten Verhandlungsfront mit seinen Parteifreunden in der Wirtschaft, der Kanzler in der bequemen Loge mit seinen hoch zufriedenen Genossen in ÖGB und Arbeiterkammer.
An den Gesichtern von Faymann und Mitterlehner konnte man diese Lage am Sonntag ablesen.
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