Dafür dass es die SONY Virtual Reality Brille seit über einem halben Jahr gibt, ist der Online Store noch recht überschaubar. In der Zeit in der ich die Brille habe, verbrachte ich die meiste Spielzeit damit, Driveclub VR zu spielen - was mir einen der besten Gaming Momente in meiner Karriere als Spiele Freak bescherte. Einen ähnlichen Moment der Erleuchtung erlebte ich bisher maximal als ich in den frühen 80ern die Games “Marble Madness” oder “Dragons Lair” sah, damals noch in der einzigartigen Atmosphäre einer völlig verrauchten Spielhalle.

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Klar, Resident Evil 7 ist in aller Munde, und der Großteil spielt es noch auf dem klassischen 2D Fernseher. Ich habe es etliche Stunden mit der VR Brille gespielt, und obwohl ich zugeben muss ein paar echt unheimliche Momente erlebt zu haben, habe ich doch irgendwann das Interesse verloren. Ein neues Game musste her, und zwar in Virtual Reality - denn das Gefühl direkt im Spiel zu sein, schlägt den Flatscreen um Längen.

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Das komplette Sortiment an VR Spielen war schnell durch, und letztlich fiel die Wahl nicht auf Batman, sondern auf das mysteriös anmutende “Here They Lie” vom noch unbekannten Studio "Tangentlemen", welches mit 19,90 € preislich im Mittelfeld liegt. Den spärlichen Rezensionen entnahm ich, dass es eine sehr intensive Atmosphäre hat, ein Aspekt der mir beim spielen besonders wichtig ist.

Und zuerst fing alles noch normal an. Man schlüpft in die Haut eines in die Jahre gekommenen Protagonisten der auf der Suche nach einem Mädchen namens Dana ist, offenbar eine verflossene Liebe, und irgendwie vermutet man, dass sie nur noch in seiner Phantasie existiert. Nachdem man mit der U-Bahn auf einem alten Bahnhof ankommt, landet man schnell in einer Stadt die grafisch das bisher beste ist, was ich in VR gesehen habe - auch wenn mir da ein paar Leute widersprechen werden, aber diese Mischung aus Blade Runner und Dark City hat mich vom ersten Moment an gefesselt! Und mit diesem Wort haben wir auch schon einen guten Übergang zu dem Part der mit dann eindeutig zu seltsam wurde, denn “Here they Lie” verwandelt sich von einem gewöhnlichen Horror Game, in dem man vor einem humanoiden Monster mit Hirschgeweih davonlaufen muss, zu einem grotesken Fetisch-Horror Spiel, das den Film Eraserhead von David Lynch wie eine Erstkommunion aussehen lässt. Nach einer moralisch noch “vertretbaren” Szene, in der man von einer Gruppe Männer mit Tiermasken aufgefordert wird, ein selbst wählbares Opfer tot zu prügeln - sehr zur Belustigung der Anwesenden - landet man im “Red Light District” der morbiden Stadt. Spätestens hier wir einem klar, dass das Game keine logische Handlung hat, sondern düstere Winkel des menschlichen Daseins aufgreift, um den Spieler zu verstören. Wie im Amsterdamer Rotlicht Viertel, stehen Leute hinter Glastüren in kleinen, rot beleuchteten Kammern, und machen diverse Dinge die keine Sinn ergeben - einer malt ein Bild, der andere macht einen Kopftstand, ein weiterer trinkt eine Flasche Wein. Sowohl die Kunden vor den Scheiben als auch die Menschen hinter den Türen tragen alle Tiermasken - Pferde, Zebra oder Schweinemasken - man muss wohl nicht extra erwähnen, dass dieser Umstand das Game nicht weniger verstörend macht! Verläuft man sich in eine Seitengasse kann es sein, dass man totgeschlagen wird, unter Umständen vielleicht sogar von zwei Männern mit Zebramaske, die zuvor noch Intimitäten ausgetauscht haben. Ja, es wird konstant seltsamer!

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Irgendwann gelangt man in eine Art Laufhaus, vorher nimmt man aber noch an einem Ritual Teil, in dem man an einen Stuhl gefesselt vom Wesen mit Hirschgeweih aufgeschlitzt wird, um dann per Astralreise in besagtem Puff zu landen - achja, während dieser Reise sieht man wie die ganze Stadt beginnt sich gegenseitig zu ermorden. Im Bordell geht man dann durch einen Gang, und kann dem schwarz weissen Treiben durch halb geöffnete Türen zuschauen. Am Ende weiß man nicht mehr was seltsamer ist, dass ein Typ mit einem Fernseher kopuliert, oder eine Frau mit Schweinemaske einen kopflosen Körper am Bett fesselt. Mir reichts, ich suche den Auspuff - irgendwo muss man ja aus dem kranken Bordell wieder raus kommen.

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“Here They Lie” ist kein gewöhnliches Game, soviel ist klar. Die Stadt ist aufgrund ihrer Bauweise - sie scheint nach oben und unten hin kein Ende zu haben - sehr gut gelungen, und die Atmosphäre mit der schwarz/weiss Optik kommt im VR Modus ausgesprochen düster rüber. Dass die Entwickler aber in ihrem Bestreben ein verstörendes Spiel zu machen, die Fetisch Elemente eingebaut haben, dürfte wohl nur eine sehr kleine Zielgruppe interessieren, zumal ich meine Bedenken habe, dass sich zur Fetisch Szene eine “Early Adopter” Gruppe zählt, die jetzt schon eine VR Brille ihr eigen nennen.

Ich finde es gut wenn die Gaming Industrie sich von ihrer experimentellen Seite zeigt, aber ein derartiges Nischenprodukt auf den noch sehr jungen VR Markt zu werfen, das hat mich doch etwas überrascht. Ich spiele jetzt erstmal wieder Driveclub. Das ist farbenfroh, schnell, und es laufen keine Freaks mit Schweinemaske herum, die nach einem Röhrenfernseher suchen, mit dem sie Liebe machen können...

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 26.03.2017 23:01:55

Michael59

Michael59 bewertete diesen Eintrag 26.03.2017 11:38:35

Bettina82

Bettina82 bewertete diesen Eintrag 26.03.2017 10:08:58

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