#kulturindustrie
Die derzeitige Diskussion, wer denn nun der nächste Bundeskanzler der Republik Österreich werden solle, zeigt einige aktuelle Probleme der Sozialdemokratie auf.
Einerseits wird als Kandidat ein Manager eines staatsnahen Konzerns gehandelt, der ohne Partei nie in diese Position hätte gelangen können. Es mag vieles auf der Welt geben, aber eines wohl eher kaum: Einen parteilosen und politisch unabhängigen Chef der Bundesbahnen. Vielleicht reicht es ohne Parteibuch zum Fahrdienstleiter, vielleicht Bahnhofsvorstand irgendwo am Land, aber darüber hinaus könnte es ohne Partei im Rücken doch etwas eng werden. Trotzdem wird der CEO der ÖBB in den letzten Tagen von nicht wenigen Medien dieses Landes als „Quereinsteiger“ bezeichnet. Man verwundert doch etwas über diese Art der Berichterstattung. Warum die Bundesbahnen Unmengen an Steuergeldern verschlingen, wird hierbei genauso wenig beleuchtet, wie die Frage, inwieweit und ob es bei der sozialdemokratisch geführten Bahn (und vor allem deren Tochtergesellschaften) prekäre Arbeitsverhältnisse gibt. Man könnte ja zumindest einmal nachfragen.
Ein weiterer Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers, welches der SPÖ zusteht, wäre Gerhard Zeiler gewesen, der soeben abgesprungen ist. Zeiler war Chef einer Deutschen Privatfernsehanstalt, welche in den letzten Jahrzehnten unter anderem mit Trash-TV großartige Quoten erzielte und dadurch gutes Geld verdiente. Der Nutzen für die Förderung von Bildung, Kunst und Kultur für die Allgemeinheit mag doch etwas überschaubar sein. In Anlehnung an den Aufsatz über die „Kulturindustrie“ in „Dialektik der Aufklärung“ (1944) von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno könnte man sogar meinen: Diese Fernsehprogramme haben einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Verdummung ganzer Massen geliefert. Dass hier die Kritik vonseiten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks in Österreich sich auch in Grenzen halten wird, hat nicht nur mit dessen eigener Programmgestaltung zu tun: Schließlich war dieser, gegenwärtig für Turner und CNN tätige Manager auch einmal Chef des ORF.
Die Sozialdemokratie präsentiert also zwei hochdotierte Manager als Kanzlerkandidaten. Kein Intellektueller, schon gar kein Arbeiter, sondern ein Manager dürfte neuer Parteichef der einstigen Arbeiterpartei und Bundeskanzler der Republik werden.
Die Sozialdemokratie ist wohl selbst schon längst Teil jenes Systems geworden, das sie angeblich bekämpfen will.
Youtube Screenshot ÖBB https://www.youtube.com/watch?v=COCCRRMyY5I