Ihr kennt die Geschichte aus der Bibel mit den 5 Broten und 2 Fischen? Wie Jesus damit mehr als 2000 Leute gespeist hat? Ich erzähl euch heute die Geschichte eine wundersamen Landvermehrung. Die allerdings bei weitem nicht so heilig ist, wie das vertraute Gleichnis aus dem neuen Testament.
Kann sich jemand von Euch vorstellen wie groß 229.000 Hektar sind. Ich ehrlich gesagt nicht! Aus diesem Grund habe ich ein bisschen nachgeforscht und jetzt weiß ich, dass diese Fläche nur ein bisschen kleiner ist als das Bundesland Vorarlberg, und fast viermal so groß wie der Bodensee. Ihr fragt Euch jetzt vielleicht, was hat es aber mit diesen 229.000 Hektar auf sich?
Es sind mehr als 10 Jahre her, als ich zum ersten Mal durch die Sanddünen, auf einem trügerischen und schlecht befahrbarem Weg die Fahrt zu den Dörfern in die Region “Brejos” im Bezirk Barra, 650km entfernt von Salvador, wagte. Damals schon lebten hier fast 40% der Bevölkerung des Bezirks unter einfachsten Bedingungen in großer Armut und vor allem weit weg von allen öffentlichen Diensten wie Bildung, Gesundheitswesen, Transport und vieles mehr.
Allerdings war und ist dieses Gebiet auch gekennzeichnet durch seine Einzigartigkeit, einer sehr großen Artenvielfalt und sehr, sehr viel Wasser.
Schon damals, während unseres ersten Besuchs im Jahr 2012, war es uns ein Anliegen mit den dort lebenden Familien über ihren Rechtsanspruch auf ihr Territorium zu debattieren. Obwohl die Menschen hier seit Jahrzehnten leben, handelt es sich um öffentliches Land, und sie besitzen “nur” das Nutzungsrecht. Unser damaliges Ziel war es den Bauern und Bäuerinnen zu erklären wie wichtig es ist wenn sie auf offiziellem Weg dieses fast 50-Dörfer umfassende Territorium für sich einfordern und sie im Grundbuch als Besitzer eingetragen wären. Über die Jahre war diese Debatte allerdings nicht auf sehr fruchtbaren Boden gestoßen und die Familien machten sich nicht wirklich Sorgen, dass sie aus ihrer Heimat vertrieben werden.
Jetzt – nicht weil wir es besser wussten oder den Teufel an die Wand malen wollten – hat sich diese Situation schlagartig verändert. So erzählt uns Zé do Capricho während unseres kurzfristig organisiertem gemeinsamen Treffen mit über 200 Bauern, verschiedener politischer Vertreter des Bezirks sowie dem Bischof Luis Cappio, dass ihm vor wenigen Monaten von zwei unbekannten Herrn ein Kaufangebot für seine 2 ha Land am São Francisco Flussufer gemacht wurde: “Ich habe ihnen von Beginn an gesagt, dass ich kein Interesse am Verkauf habe und wir (mein Vater) keine Besitzurkunde vom vorigen Besitzer dieses Landes bekommen haben”. Darauf hin verschwanden die zwei Herrn auf dieselbe Art und Weise wie sie erschienen sind. Noch am selben abend allerdings, klingelte bei Zé do Capricho das Telefon und einer der zwei Herrn, die ihn am Vormittag besuchten, teilte ihm mit das sie sich mit dem vorigen Besitzer geeinigt hätten. In den darauf folgenden Monaten wurde es wieder still und niemand meldete sich mehr bei der Familie des Bauern. Umso mehr staunten Zé Capricho und die unzähligen Familien als sie nun vor die vollendete Tatsache gestellt wurden - dass die zwei Herrn im Auftrag der in Juazeiro da Bahia ansässigen Rechtsanwaltskanzlei Almeida Mendes Advocacia - mit einem anderen Bauern, dem vermeintlichen Vorbesitzer, ins Geschäft gekommen sind. Selbiger hatte ihnen ihr Angebot nicht abgeschlagen und aus 2 ha verkauften Land wurde ein offiziell von der INCRA (=Nationales Institut für Kolonialisierung und Agrarreform) registrierter Landtitel mit insgesamt 229.000 hektar Fläche.
Ihr könnt Euch vielleicht die Fassungslosigkeit unter den Anwesenden vorstellen. Doch viel mehr als dies, wollen sie antworten auf eine jede Menge Fragen und Unklarheiten. Denn wie zum Beispiel, kam der Vorbesitzer des Grundstücks von Zé do Capricho zu einer Besitzurkunde… klar gibt es Indizien, dass die Rechtsanwaltskanzlei aus einem falschen Dokument von 2ha ein 229tausend ha großes Dokument angefertigt hat, aber: Wer hat sie dabei unterstützt? Wer von den INCRA Mitarbeitern hat ihnen dabei geholfen? Warum ist das niemand aufgefallen?….
Fragen über Fragen denen es gilt ihnen nachzugehen und zu klären. Eine noch am selben Tag gegründete Kommission, in die auch wir von der CPT (=Lanpastoralkommission) integriert sind, hat sich deren angenommen. Harte Knochenarbeit steht an: es gilt jetzt die Fragen bei den zuständigen Regierungsstellen zu klären um die weiteren rechtlichen Schritte einzuleiten...leider Business as usual.