Was macht man mit einem wütenden und aggressiven Großgrundbesitzer, der Dir nachspioniert? Der dich anhand deines Autokennzeichens identifizieren lässt und seinen Angestellten befiehlt dem Pfarrer die Leviten zu lesen, weil der mit mir zusammenarbeitet? Ein bisschen macht es ja auch stolz, denn es zeigt, dass man mit seiner Arbeit anscheinend den richtigen Nerv getroffen hat. Aber so einfach ist das Ganze leider nicht.
Die Nachricht über seinen Wutausbruch und die verbalen Attacken gegen den lokalen Priester erreichte mich ganz unerwartet während eines Zwischenstopps auf dem Busbahnhof in Brumado, Bahia. Die Geschichte allerdings hat sich in Rondonia abgespielt und die Nachwehen dauern wie ich erfahren habe noch bis heute an!
Gemeinsam mit zwei Mitarbeitern der CPT Rondonia war ich mehrere Tage unterwegs auf den zerstörerischen Spuren für Mensch und Natur anhand der Expansion der Sojafront - fast ausschliesslich zum Export nach Europa sowie China - im Südwesten des Bundestaates. In Zusammenarbeit mit unserer Partnerorganisation, dem Welthaus Graz, soll ein Film darüber entstehen, der die verheerenden Konsequenzen wie Landraub, Abholzung, Pestizideinsatz, verseuchtes Trinkwasser aufzeigen wird.
Mehr zufällig fuhren wir damals an einer Fazenda vorbei und entdeckten eine riesengroße frisch abgeholzte Fläche von ca. 250 ha Fläche. Klar konnten wir da nicht so einfach vorbei und mussten stehen bleiben. Während ich die Aufnahmen machte, kam wie aus dem Nichts plötzlich der Besitzer in seinem Auto angefahren und blieb neben mir stehen. Er wollte wissen was ich hier wollte und ob etwas nicht Ordnung sei. Auf seine Frage antwortete ich ihm, dass ich nur ein paar Landschaftsfotos gemacht und ein bisschen gefilmt hätte und fragte ihn, ob er den etwas sehen würde das nicht in Ordnung wäre? Auf diese Frage antwortete er mir allerdings nicht und wollte wissen ob ich aus Porto Velho (Hauptstadt von Rondônia) angereist war. Ich verneinte und sagte ihm, dass ich von viel weiter her komme! Daraufhin schlug er die Hände über dem Kopf zusammen und verstummte.
Ich verabschiedete mich, stieg ins Auto und wir fuhren weiter. Am selben Abend, zurück in unserer Unterkunft, haben wir dann die Anzeige mit dem Bildmaterial erstellt und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Somit war für uns die Sache vorerst erledigt und die Reise ging weiter.
Zwei Tage darauf habe ich mich mit dem für das Bundesland Rondônia verantwortlichen Landwirtsschaftssekretär Evandro Padovani, im Regierungspalast, getroffen. Während des Gesprächs versicherte er mir mehrmals, dass es in Rondônia, nach der Einführung des "Null Entwaldung"-Programms zu keinen neuen Rodungen mehr gekommen ist. Nach einiger Zeit, denn ich wollte ja nicht "unhöflich" erscheinen, musste ich ihn dann aber doch unterbrechen und von dem was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe berichten. Daraufhin, hat er mich sofort um das Bildmaterial gebeten und mir versichert, dass er persönlich dieser Sache nachgehen werde.
Ob er dies getan hat, weiß ich nicht. Was ich allerdings weiß, ist das der Fazendeiro damals unsere Autonummer aufgeschrieben hat, und anhand seiner Kontakte bei den Regierungsstellen ausgeforscht hat wem das Auto gehört: nämlich der Landpastoralkommission! Daraufhin, wütend anhand der Anzeige die bei ihm mittlerweile ins Haus geflattert ist, hat er seine Mitarbeiter zum Pfarrer geschickt um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Der Arme, der wusste nämlich noch gar nichts von dem ganzen Vorfall.