Heute gedenke ich einer ganz großen Dichterin und "Schreibkünstlerin" der österreichischen Literatur- und Kulturgeschichte, deren Geburtstag sich heute zum 100. Male jährt.
Vielen Dank an die Betreiberin der Plattform,@Silvia Jelincic, die mich zu diesem Behufe aus der "Isolationshaft" freiließ.
Warum gedenke ausgerechnet ich heute, ausgerechnet dieser Frau, die so anerkannt und so verdienstvoll war, wie ich es in den nächsten 100 Jahren wohl nie sein werde?
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Danke!
ILSE AICHINGER schrieb sehr viel und sehr viel Bedeutendes, doch sie schrieb erstaunlich unprätentiös und ließ sich niemals auf billige Weise vereinnahmen, obwohl sie das unzweifelhaft gedurft hätte und es ihr in den Jahrzehnten nach dem Krieg niemand übelgenommen hätte, war sie doch selbst durch die Grausamkeiten des NS-Regimes aufs Direkteste betroffen.
Sie schrieb allerdings so, dass ihre eigene Sprache für sich eine höchste Intensität bekam und die Präzision des Instruments der Sprache allein durch Wortsetzung, durch Rythmik, durch Melodie und sorgfältige Auswahl erreicht wurde. Das ist ihr "Geheimnis" bzw. ihr Können und ihre Meisterschaft, die nie davon abhängig war, verbrecherische Ideologien auch nur beim Namen zu nennen, um sie dadurch deutlich zu machen.
ILSE AICHINGER war für sich und durch sich deutlich genug.
Sie erkannte auch mit den Jahren, dass die VERKNAPPUNG der Wortmengen als dringlichstes Gebot vor ihrer Schriftstellerklause standen, dass WAHRHEITEN darauf warteten, mit den knappsten zur Verfügung stehenden Wörtern beschrieben zu werden und sie erkannte zunehmend die Gefahr des KONFORMISMUS in der Tätigkeit des Schreibens selbst, als auch in der Objektivierung des Stilmittels SPRACHE AN SICH.
Dort treffen sich die Ansichten und Gefühle der ILSE AICHINGER mit meinen Überlegungen, was SPRACHE kann, zu sein hat, und was SPRACHE vor allem in der heutigen Zeit einer hoch gehypten Dystopie noch bewirken können soll?
Die Vorzeichen sind gänzlich Andere, ich meine auch, dass es einer sehr leidenschaftlichen und intensiven SUBVERSIVEN SPRACHKRITIK bedarf, die auch ruhig und einfach an der Betrachtung eines einzelnen Wortes oder Begriffes beginnen darf und kann.
Doch wo dort und damals die VERKNAPPUNG das Stilmittel der gebotenen Wahl war - unzweifelhaft - ist es heute eine ganz andere Dringlichkeit:
HEUTE geht es darum, die SPRACHDICHTE und die hoffentlich dazugehörige ORIGINALITÄT so intensiv wie möglich aufzubauschen und in lästigster Art und Weise allen möglichen Zeitgenossen um die Ohren zu hauen, denn sie sind die meiste Zeit am Tag auf der Flucht und wollen sich nicht mehr darauf konzentrieren können und müssen, was wichtige Texte von ihnen verlangen!
Diesen Typus MENSCH VON HEUTE kannte ILSE AICHINGER nicht, sie wurde am 1. NOVEMBER 1921 in Wien geboren und sie starb am 11. NOVEMBER 2016 in Wien, 5 Jahre vor ihrem 100. Geburtstag.
Kürzlich hörte ich Briefinhalte, vorgelesen bekommen, die sie sich mit ihrer berühmten Kollegin und Zeitgenossin INGEBORG BACHMANN geschrieben hatte, die unter dem Titel "Halten wir uns fest, und halten wir alles fest!" in einer Ausgabe zusammengefasst und herausgegeben wurden.
ILSE AICHINGER und INGEBORG BACHMANN sind für mich zwei Schriftstellerinnen und zwei Frauen, deren Werke ich auch als Mann durchaus ganz, ganz hoch schätzen, lesen und wertschätzen kann und es wird natürlich etliche Stimmen geben, die ein solches Phänomen durchaus als befremdlich und nicht angemessen bezeichnen werden.
Das werden Stimmen von bestimmten Frauen sein, die im Duktus der zeitgeistigen Frauenbewegung so etwas für schier unmöglich halten werden, das werden aber auch viele Stimmen von Männern sein, die sich noch nie der wunderbaren Lyrik, Eigenständigkeit und hohen Würde der Werke von ILSE AICHINGER oder INGEBORG BACHMANN ausgesetzt haben, um wirklich zu begreifen, welche Autonomie im Geist, in den Gefühlen und - bei Ingeborg Bachmann - auch im Eros der Worte einer Frau stecken.
ILSE AICHINGER hat für mich, trotz aller Ernsthaftigkeit ihrer wichtigen Werke, auch die seelenvolle Ausstrahlung eines Kobolds oder einer verschmitzten Hexe, dies scheint in vielen kleinen Textpassagen ihres Werkes immer wieder durch, sie war in gewisser Weise sehr sympathisch verspielt!
Das nur zur letzten Verdeutlichung meiner Entscheidung, ihr zu Ehren zu ihrem 100. Geburtstag eine kleine Hommage zu schreiben.
Ihre POETIK DES SCHWEIGENS wird nicht die meine sein, zumindest nicht auf dieser Plattform hier, denn hier geht es darum, den Menschen in Erinnerung zu rufen, wo, wann und warum SPRACHE entstanden ist und dass es keine Zähmung und Domestizierung innerhalb und mittels der SPRACHE geben darf und auch nicht geben kann, auch wenn noch so viele Sittenwächter und ideologisch vorbelastete Sprachtäter versuchen, Menschen, die sich durch derben und deftigen Sprachgebrauch kenntlich machen, aus der Öffentlichkeit und aus Foren auszuschließen.
Das wird nicht, kann nicht und darf auch nicht passieren, denn das nimmt der Suppe das Salz und dem Gehirn das Schmalz.
Die Einförmigkeit unserer Forensprache hier ist leider Tatsache, die Aggressivität derer, die die Produzenten bunter Flecken systematisch verfolgen und dem Ausschluß zuführen, ist es leider auch.
Solchen Leuten empfehle ich ganz dringend die Lektüre des Werkes von ILSE AICHINGER, sie würden dabei hoffentlich merken, welche Dinge im Leben wirklich zählen und wohin jede Lust, andere auszuschließen und zu deklassieren, im Endeffekt für jeden selbst führen können.
Wenn man den Totengedenktag ALLERHEILIGEN für ein Gedenken an eine solch herausragende Schriftstellerin wie ILSE AICHINGER verwenden könnte, wäre schon sehr viel getan.