Szenen aus dem Alltag: Helle Empörung brannte in ihrem Gesicht, meine Bekannte war auf 180. Sie ärgerte sich über das AMS, die Wirtschafts- & Arbeiterkammer und etliche Ministerien. Sie fühlte sich gepflanzt, voll verarscht.

Die Vorgeschichte: Rund 30 Jahre lang hatte sie im Mediengeschäft fix angestellt gearbeitet. Dann hatte es geheißen „zu alt, zu teuer“. Doch meine Bekannte ist keine, die den Kopf in den Sand steckt.

Sie meldete sich beim AMS und wurde an eine Beratungsorganisation namens EUSPUG outgesourct. Dort waren die Leute zwar nett, aber ratlos – ehemalige Arbeitslose wahrscheinlich. Jobs in der Medienbranche gibt’s nicht via AMS, soviel war bald klar.

Was also tun? Eigeninitiative zeigen statt Arbeitslosengeld einstecken, dachte meine Bekannte und wurde selbstständig. AMS und EUSPUG hatten ihr unisono dazu geraten. Als „Neue Selbstständige“ lief das Geschäft eher schlecht als recht, ihre Einnahmen lagen oft unter dem Arbeitslosengeld, erzählt sie.

Dann die Überraschung: Ein mittelständischer Medienbetrieb stellte ihr plötzlich eine Fixanstellung in Aussicht. Es gab zwei Mitbewerber, beide deutlich jünger (und billiger) als sie.

Um dem Betrieb ihre Anstellung schmackhafter zu machen, versuchte sie Unterstützung von öffentlichen Stellen zu bekommen. Schließlich tönt doch permanent der Chor aus Kammern, Ministerien und AMS, wie sehr man sich um die Wiedereingliederung von älteren Arbeitnehmern bemühe.  Beschäftigungsinitiativen wurden ausgerufen, 370 Millionen Euro bereitgestellt – Senior, was willst du mehr?

Meine Bekannte klapperte also Wirtschaftskammer, Arbeitskammer und SVA ab, um Unterstützung zu bekommen. Auch beim AMS wurde sie vorstellig.

Machen wir’s kurz: Nicht einen Cent bekam sie. Arbeits- und Wirtschaftskammer erklärten sich ebenso wie diverse Ministerien für unzuständig, die SVA wusste von rein gar nichts. Das AMS fragte ungläubig „Wos woins?“ und sagte ihr, dass sie wegen ihrer „Neuen Selbstständigkeit“ ja nicht arbeitslos sei und folglich keine Hilfe zu erwarten habe. Das war der Punkt, wo meiner Bekannten der Blusenkragen platzte.

Wollen wir also zusammenfassen: Hätte meine Bekannte weiterhin Arbeitslosengeld kassiert, bekäme sie (und der Betrieb) jetzt staatliche „Eingliederungsbeihilfe“. Da sie aber Initiative zeigte, schaut sie jetzt durch die Finger – trotz der amtlichen 50plus-Propaganda. „Ist das nicht typisch österreichisch“, fragt mich meine Bekannte: „Wenn du nix tust, kriegst du Hilfe. Wenn du dich anstrengst, bist du der Blöde“.

Was soll man darauf sagen?

3
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Miki

Miki bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:59

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:59

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:59

2 Kommentare

Mehr von Pluto