Seit Trump im Amt ist, macht sich Widerstand in den USA breit. Der Widerstand geht von den Universitäten aus. Es sei Zeit sich mit Büchern gegen Trump zu bewaffnen. Read-Ins werden organisiert, Treffen bei denen vorher abgesprochene Lektüre zusammen diskutiert wird. Das wäre im Grunde uninteressant, wenn dieses Lesen gegen Trump nicht unter dem Begriff des Widerstandes laufen würde. Nicht nur Wissenschaftsgesellschaften, sondern auch Buchverlage geben Leselisten heraus "Books against Trump: an anti-Trump reading list". - Ist das Realität?
Gerade weiß ich nicht, ob diese Leselisten witzig, naiv oder einfach nur traurig sind. Lesen gegen Trump, als wäre die Wahl Donald Trumps auf die mangelnde Lektüre von US-Wissenschaftlern zurückzuführen. Soll das etwa bedeuten, dass sie zuvor nicht genug gelesen hätten?
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: ich finde es großartig wenn Menschen sich aus freien Stücken mit Foucault, King jr. Gramsci, Plato, Schmitt der guten alten Hannah Arendt beschäftigen wollen. Aber das Lesen als Akt des Widerstandes zu bezeichnen, in den USA!? Freie Menschen in den USA (auch weltweit) lesen nicht verbotene Bücher, um ihre Gesellschaft gegen Trump zu verteidigen. Wie bitte?
Gerade die Lektüre von Hannah Arendt offenbart einem ganz bitter, dass es in wirklich gefährlichen Zeiten keine Zeit mehr zum Lesen als Akt des Widerstandes gibt, wenn die eigene Extermination droht. Aus diesem Anlass, habe ich für die lesefaulen unter uns das legendäre Interview von Günter Gaus mit Hannah Arendt hier eingestellt. Arendt die sehr genau schildert, wie es für die Juden an sich aber vor allem, wie sie die Zeit bis zu ihrer Flucht in die USA 1933 in Deutschland und Frankreich erlebt hat, wie sie versucht hat Widerstand zu leisten, bis es zu spät. Wie sie einen Polizeibeamten belügen musste über ihre Identität, damit sie wieder freigelassen wird, um dann zu fliehen und sich in den USA ein neues Leben als Politikwissenschaftlerin und Historikerin aufzubauen. Das war ein Leben im Widerstand.
Was diese verklärten Gestalten in den USA erlebt haben ist eine simple Wahlniederlage der Demokraten und offenbar sind große Teile der Amerikaner nicht willens ihr eigenes Wahlsystem zu verstehen, geschweige denn zu verändern (sollten sie es unfair finden). Vielleicht sollten diese Leute mit ihren Leselisten einmal überdenken, ob sie ihre Lebenssituation mit der von Arendt vergleichen können, dann vielleicht einen Gang runterschalten und getreu Arendts mächtigstem Trieb damit beginnen ihre eigene politische Kultur zu verstehen.