Deutschland, 28.04.2017.
Einige haben es vielleicht schon gehört, aber es ist die Nachricht des Tages. Ein Soldat der Bundeswehr, ein Offizier, dem rechtsextreme Tendenzen nachgesagt werden, hat seit Ende 2015 zeitgleich als Flüchtling in einer Unterkunft mit allen Zuschüssen gelebt und daneben seinen Dienst als Offizier geleistet. Dieses doppelte Spiel konnte Franco A. 1,5 Jahre betreiben. In diesen 1,5 Jahren soll A. mit einem Komplizen angeblich einen Anschlag in Deutschland geplant haben. Seine Tarnidentität war ein syrischer Flüchtling, Christ, Sohn eines Damaszener Obstbauerns, geboren 1988. Er hat in seiner Tarnung all die „Privilegien“ erhalten, die andere Geflüchtete auch erhalten (Sozialleistungen, Zimmer und ein Asylantrag).
Ein Zyniker würde jetzt sagen, Franco A. hätte seinen Eid mit der tapferen Verteidigung „von Recht und Freiheit des deutschen Volkes“ (§ 9 Soldatengesetz) etwas sehr übertrieben. In Wahrheit aber ist an den Taten, die ihm unterstellt werden nichts Rechtsschaffendes, Freiheitliches oder gar Tapferes. Nur ein Verräter an der freien Gesellschaft kann seine Ideen über die Freiheiten der Anderen und das Wohl der Schutzbedürftigen stellen. Stellen Sie sich einen Moment vor, das Franco A. und sein Komplize Mathias F. als Menschen, die ihren Dienst an der Waffe geleistet haben, im Ernstfall alles hätten anrichten können.
Jetzt ist dieses konspirative Verhalten der beiden Soldaten kein Hochverrat, nur damit wir uns nicht missverstehen. Ich glaube aber, wir haben gar keine Begriffe für dieses Verhalten. Bei einem Islamisten in der Bundeswehr gäbe es unter den Zeitungen einen Run darauf, wer als erstes Terrorwarnung, Terrorist, Terror in der Bundeswehr und Terrorsoldat verübt Anschlag auf die Startseite lancieren würde. Gute Schlagzeile, gute Quoten, gutes Geld. Der Islamist dabei ist ein eindeutiges (?) Feindbild, er kommt aus dem Orient und bringt den Okzident gehörig durcheinander mit seinen theokratischen islamistischen Ideen. Wenn so ein Irrer dann durchknallt: Da wird nicht gefragt, wer er war, was er getan hat, welcher Gesinnung er genau war – nein, haltet die Klappe und beschäftigt euch nicht mit den Tätern – er ist ein Terrorist, fertig aus, hoffentlich wird er erschossen oder geschnappt und wir können weiter machen wie bisher.
JETZT: Haben wir ein (bzw. zwei) ganz gewiefte und super integrierte Menschen aus dem hoch angepriesenen „abendländischen Kulturkreis“ (beim Schwadronieren von Kultukreisen bitte immer schön sauber trennen vom „islamischen Kulturkreis“, sonst gibts Kirmes in den Kommentaren), denen vorgeworfen wird konspirativ eine „schwer staatsgefährdende Gewalttat“ vorzubereiten.
Wenn wir unsere bisherige Logik (Islamist = Waffen = Terrorist) durchhalten wollen, müssten wir uns nicht langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass wir aus unseren menschlichen Orchideen des "abendländischen Kulturkreises" auch Terroristen hervorbringen (und sie vielleicht auch so benennen sollten).
Hoffen wir bloß, dass die beiden Terrorverdächtigen auch „einsame Wölfe“ waren. Ehrlich gesagt habe ich nie an die „Einsamer Wolf“-Theorie geglaubt, aber im Falle von Soldaten der Bundeswehr, sollten sich alle ein wenig Resthoffnung bewahren. Ich befürworte die neu kommende Sicherheitsüberprüfung für alle neuen Rekruten der Bundeswehr durch den militärischen Abwehrdienst. Die kommt zwar leider erst im Sommer, aber dieser Fall zeigt doch, wie dringend notwendig sie ist. Ich bin ebenfalls gespannt, wie die Bundeswehr erklären will, dass sie jahrelang einen Rechtsextremisten an Waffen ausgebildet hat, ohne das die Vorgesetzten und Kamerad*innen gemerkt haben wollen, mit wem sie da eigentlich frühstücken.
Ich muss euch gestehen, mir fehlen echt die Worte für solche Menschen. Beleidigungen sind zu einfach und zu billig. Ich kriege einfach kein Wort zusammen, das etwas präziser beschreibt, was hier vorgefallen zu sein scheint. Verrat? Irgendwie ja, aber auch nicht. Spionage? Ja, aber auch irgendwie nicht. Mir fällt dazu nichts mehr ein und ich hoffe sehr, dass, sollten sich die Verdachtsmomente weiter erhärten, die beiden für sehr lange Zeit mit anderen Terroristen ins Gefängnis geht. Genau dorthin, wo sie hingehören.