Wie erreicht man mit seinen 2 Wahlstimmen maximale Wirkung?

Aus gegebenem Anlass hier nochmal eine Kurzfassung meiner Abhandlung zu Wahlstrategien. Wie kann man auch in festgefahrenen Systemen Signale setzen und Veränderungen bewirken.

Mal wieder eine Richtungswahl?!

Umgang mit der Erststimme:

Die Erststimme bestimmt bzw. ermittelt durch einfache Mehrheit den Kandidaten eines Wahlkreises (Es gibt in Deutschland 299 Wahlkreise und 299 Kandidaten - In Österreich 39 Wahlkreise, auf die 183 Abgeordnete verteilt werden, wobei Stimmensplitting nicht erlaubt ist). Alle anderen Kandidaten fallen durch. Das bedeutet, dass auch sämtliche Stimmen für sämtliche anderen Kandidaten verloren sind. Es macht deshalb keinerlei Sinn, auf unbekannte Kandidaten kleiner Parteien zu setzen. Soll die Stimme nicht schlicht verloren gehen, hat man nur zwei Möglichkeiten: Man unterstützt einen der beiden populärsten Kandidaten (in der Regel die der beiden „Volksparteien“, regional können es aber natürlich auch parteilose Kandidaten oder populäre Vertreter kleiner Parteien sein). Oder man versucht, einen der Beiden zu verhindern, indem man seine Stimme dem jeweils anderen (dem zweiten populären) Kandidaten gibt. Wenn man beide nicht mag, entscheidet man sich für das kleinere Übel. Würde man stattdessen einen Kandidaten der bevorzugten Partei oder der persönlichen Sympathie wählen, obwohl er keine Chance hat, eine Mehrheit zu erlangen, ist die Stimme schlicht verloren.

Damit ist dann auch schon das Stimmen-Splitting erklärt (in Österreich nicht möglich, dort kann man nur Kandidaten der gewählten Partei wählen). Man wählt mit der Erststimme das kleinere Übel unter den beiden populärsten Kandidaten, und mit der Zweitstimme die Partei, die man favorisiert (wobei auch hier als Einschränkung die 5 Prozenthürde (in Österreich 4 Prozent) gilt. Eine Stimme für eine Partei, die keine Chance hat, die 5-Prozenthürde zu überwinden, ist eine verlorene Stimme, kommt also einer Wahlenthaltung gleich. Auch hier wählt man also besser das kleinere Übel als eine Partei, die völlig chancenlos ist.)

Protestwahl:

Das Prinzip der Protestwahl ist es, nicht die Person oder Partei zu wählen, der man am ehesten zutraut, das Land zu regieren (was ohnehin eine reine Illusion ist), sondern stattdessen ein politisches Statement abzugeben. Man stärkt eine Partei, die eventuell nur geringe Chancen hat, an der Regierung beteiligt zu werden, setzt damit aber ein Signal für den Bürgerwillen. Dieses Signal hat durchaus nicht nur symbolischen Charakter, sondern ist auch eine schmerzhafte Abstrafung der Regierungsparteien. Diese verlieren nämlich gut dotierte Sitze und Posten für ihre Parteisoldaten. Sie werden sich deshalb zwangsläufig, spätestens nach der Wahl, mit der Frage auseinandersetzen, wie sie solchen Sitzverlust zukünftig verhindern können und ihre Politik und ihre Programme entsprechend überarbeiten.

Der Einfluss kleiner Parteien auf die Politik findet generell eher über diesen indirekten Weg, quasi die „Unterwanderung“ der Politik und Ideologie der etablierten Parteien statt. Besonders deutlich wurde das bei den Grünen, deren Ideen inzwischen von fast allen Parteien mehr oder weniger adoptiert wurden. Aber auch die Ideen der AfD gewinnen zunehmend an gesellschaftlicher Akzeptanz, zumindest in den konservativen Parteien.

Es ist also eher unerheblich, ob die kleinen Parteien per Koalition an der Regierung beteiligt werden und es ist auch egal, ob sie „regierungsfähig“ sind. Wichtig ist, dass sie ein schmerzhaftes Bürgerstatement an die Adresse der Etablierten sind. Eine Stimme für eine der kleinen Parteien, je nach politischer Präferenz, hat also mehr Gewicht als eine Stimme für eine Volkspartei, die ja zudem keinerlei Differenzierung bei den politischen Wünschen und Vorstellungen erlaubt. Volksparteien muss man nehmen wie sie sind, inklusive der regelmäßig gebrochenen Wahlversprechen.

Bleibt noch die Ausschluss-Liste:

Wenn man sich weder für eine Person noch für eine Partei zu entscheiden vermag, fertigt man eine Negativ-Liste an und wählt dann die Partei oder Person mit den wenigsten Negativ-Punkten bzw. Nachteilen, sprich: Das kleinere Übel.

Wenn man die Wahl zwischen Regen und Wolkenbruch hat, warum sollte man dann die Entscheidung, welchem Wetter man zukünftig ausgesetzt wird, anderen überlassen?

Den kompletten Beitrag, inklusive Hintergrunderläuterungen, findet Ihr hier:

https://www.fischundfleisch.com/pommes/wahlstrategie-fuer-nichtwaehler-protestwaehler-unentschlossene-und-solche-die-einfach-mehr-wollen-38999

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pirandello

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