und dieses gleich hinterher

ein alter text, aus einer islamwissenschaftlichen hausarbeit (lustiges wort) entnommen, in der ich auch ausrechnete, nach *jüdischen* quellen, wieviele landwirtschaftliche siedlerinnen es in der sogenannten 1. aliya gab. schlappe fünftausend.

für ein seminar zu den *bilu'im* hab ich auch mal versucht nachzurechnen, wieviele bilu es überhaupt gab - irgendwie+schlapp um die 200 -und die meisten wanderten nach usa weiter...

also:

Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land - eine Phrase

 Der Slogan/die Phrase 'Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land' wurde und wird von zionistischen und palästinensischen Organsiationen wie auch in Darstellungen zionistischer wie auch palästinensischer Geschichte zur Vorgeschichte der Entstehung des Staates Israel  als rechtfertigendes Argument  bzw. fälschlicher Anspruch für die Berechtigung der Juden vor allem Europas zur Besiedlung Palästinas und zur Errichtung eines mit quasi-hoheitlichen Rechten versehenen Gebildes eingesetzt bzw. bezeichnet.

Faßt dieser Slogan doch in leicht eingängiger Form das Problem, das der politische Zionismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu lösen angetreten war: die Befreiung Europas wie auch der europäischen Juden vom 'politischen' Antisemitismus durch Massenübersiedlung breiter Schichten vor allem der Juden Osteuropas, im besonderen Rußlands, in ein durch eine 'Charta' 1) von einem souveränen Staat der Epoche zur Ansiedlung erworbenes/überlassenes Territorium, in dem, da mit quasi-hoheitlichen Rechten versehen und ungehindert durch judenfeindliche bzw. antisemitische Vorurteile und rechtliche wie gesellschaftliche Einschränkungen und Ausgrenzungen, die Juden ein Volk bilden und eine jüdische Gesellschaft entwickeln würden.

Gleichzeitig zeigt dieser Slogan jedoch, kritisch gegen die zionistische Bewegung gewendet, daß die zionistische Bewegung letztlich ein Territorium beanspruchte, das bereits von Menschen besiedelt war, die sich ebenfalls als 'ein Volk' verstanden. Zumindest bildete die Bevölkerung Palästinas eine Entität, die seit Jahrhunderten mit dem von ihr besiedelten und bearbeiteten Boden verbunden war, über eine gemeinsame Geschichte und Sprache verfügte und nicht gewillt war, die Bindung an ihr Territorium aufzugeben.

Palästina wurde in der zionistischen Wahrnehmung zu einem 'Land ohne Volk', wiewohl den maßgeblichen Begründern des politischen Zionismus wie auch seinen späteren Vertretern aus meist  eigener Anschauung bekannt war, daß Palästina keine unbewohnte Ödnis war. Zwar mag Palästina gemessen an den Bevölkerungsverhältnissen und der Bevölkerungsdichte im Europa des ausgehenden 19. Jahrhunderts relativ dünn besiedelt gewesen sein. Fraglich ist allerdings schon, ob Palästina im Vergleich zum Argentinien des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in dem ebenfalls philantropisch begründete jüdische Siedlungen entstanden waren, noch als relativ unbesiedelt einzuordnen wäre. Fraglich ist weiter, ob das 1903 Herzl durch Groß-Britannien angebotene Territorium im heutigen Uganda mehr oder weniger besiedelt war als Palästina zum gleichen Zeitpunkt. Vermutlich hätte sich um die Jahrhundertwende auf dieser Erde kein Fleckchen  - es sei denn ein bis heute unbewohntes - finden lassen, das nicht in mehr oder weniger dichter Weise besiedelt war. Schließlich wurde auch noch um die Jahrhundertwende bis weit danach in etlichen Regionen erbittert darum gestritten, ob die von Eroberern, Besatzern, Aufständischen etc. vorgefundene 'autochthone' Bevölkerung legitime Rechte am betreffenden Territorium hat, haben könnte - in einigen Gegenden dauert diese z.T. auch immer noch bewaffnete Auseinandersetzung um diese Frage bis heute an.

 Da sich National- wie Regionalgeschichten zwar auf einer abstrakten Ebene miteinander vergleichen lassen, der Vergleich aber in aller Regel nur die Erkenntnis bringt, daß die einen gelegentlich genauso borniert sind wie die anderen, legt es sich nahe, anhand demographischer Daten und belegter konkreter  Entwicklung von lokaler Elitebildung zu untersuchen, ob vom Palästina  des ausgehenden 19. Jahrhunderts als einem 'Land ohne Volk' gesprochen werden kann. Wobei vielleicht auch näher darauf einzugehen wäre, wie es zur Wahrnehmung Palästinas als 'Land' kommen konnte, obwohl im Europa des ausgehenden 19. Jahrhunderts bekannt war, daß das biblische Palästina Teil einer Provinz des osmanischen Reiches war.

Anhand der demographischen Daten wie auch der sonstigen bekannten Geschichte dieses Teiles des osmanischen Reiches wäre weiter zu untersuchen, ob es gerechtfertigt ist, die muslimischen und christlichen Bevölkerungsteile, die heute weitestgehend als 'die Araber'  bzw. ' Palästinenser' bezeichnet werden, als "autochthone Bevölkerung" 2) anzusehen - im Gegensatz zur im 19. Jahrhundert vermutlich in gleicher Weise 'autochthonen' jüdischen Bevölkerung Palästinas.

Die jüdischen Einwanderer, die ab 1882 nach Palästina gelangten und geprägt von den Diskussionen der Hovevei-Zion und anderer  jüdischer intellektueller Zirkel in Osteuropa den Aufbau landwirtschaftlicher Mustersiedlungen als Grundlage einer erneuten territorialen Staatlichkeit des jüdischen Volkes anstrebten, wurden vom 'alten Jishuv' als Bedrohung angesehen; einen inhaltlichen Grund, sich fortan aus dem osmanischen Staatsgefüge auszuklinken und den 'alten Jishuv' als Besonderes sowohl neben dem 'neuen Jishuv' als auch neben den anderen ebenfalls osmanischer Herrschaft unterliegenden Bevölkerungsgruppen zu sehen, boten sie folglich nicht. Daher stellt sich hier die Frage danach, ob und wie und wann im Zuge der faktischen Durchsetzung des 'neuen Jishuv' und  seiner tatsächlichen - womöglich auch nur partiellen - Dominanz im historischen Verlauf die Integration des 'alten Jishuv' gelang. Besondere Aufmerksamkeit verlangt in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß  zionistische/israelische und osmanische Zahlen über die Entwicklung des jüdischen Bevölkerungsanteils im ausgehenden 19. Jahrhundert erheblich differerieren. Im weitesten wäre hier zu untersuchen,  welchen Anteil demographische Erhebungen wie auch demographisches Sich-Erheben-Lassen oder sich-Nicht-Erheben-Lassen an der Wahrnehmung und nachträglichen Rechtfertigung politischer Entwicklungen haben.

Weiter wäre der Frage nachzugehen, ob der osmanischen Bodenrechtsreform von 1856 3) nolens-volens ein wesentlicher Anteil am Gelingen des zionistischen Projekts in Palästina bereits während der sog. 1. Aliya (1882 bis 1903/04) zukommt oder ob man nicht, entgegen der zionistischen Intention und der israelischen Geschichtsdarstellung über die Auswirkung des innerzionistischen Wiederverkaufsverbotes für erworbene Immobilien, angesichts des weiteren statistischen Materials zu dem Schluß gelangen muß, daß zumindest der Erwerb und die Besiedlung von landwirtschaftlich genutzten Immobilien bis zum Ende der 1. Aliya (1903/4) nicht als unmittelbare Umsetzung des Slogans angesehen werden können. Zu fragen wäre auch, ob dies für die weitere Entwicklung im Erwerb landwirtschaftlich nutzbarer Flächen bis 1939 angenommen werden kann oder ob nicht ohne den militärischen Sieg der israelischen Streitkräfte 1948 und ohne die damit verbundene militärische Besetzung großer Teile Palästinas das Wiederverkaufsverbot wie auch das Prinzip der 'jüdischen Arbeit' in den vom UN-Teilungsplan festgesetzten Grenzen wesentlich weniger Wirkung entfaltet hätten.

Zuvor ist aber die Frage zu klären, ob bereits die 1.zionistische Einwanderungswelle von 1882-1903/04 das demographische Gefüge in Palästina so tiefgreifend veränderte, daß die Schlußfolgerung Edward Saids 4)

"daß es in dem Territorium namens Palästina seit Jahrhunderten ein Volk überwiegend bäuerlicher Struktur gab, das sozial, kuluturell, politisch und ökonomisch eine Identität besaß; ein Volk, dessen Sprache arabisch und dessen Religion der Islam war. Dieses Volk, oder, wenn man seine Selbsteinschätzung als Volk ablehnt, diese ethnische Gruppe identifizierte sich mit dem Land, das sie bebaute und auf dem sie lebte (...). Die Realität Palästinas beruht auf dem Akt des Widerstandes gegen diesen fremdgesteuerten Kolonialismus."

bereits für diesen Zeitraum gerechtfertigt ist.

Zur Entstehung von "Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land":

Für alle am israelisch-palästinenischen Konflikt Beteiligten  läßt sich die Quintessenz  desselben auf den Slogan 'ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land' reduzieren.

Als Schöpfer dieses Slogans gilt gemeinhin Israel Zangwill (Großbritannien 1864 - 1926), ein Schriftsteller 5).

Im April 1897 nahm er im Rahmen der britischen Makkabäer an einer Pilgerfahrt nach Palästina teil; er zeigte früh Interesse an der entstehenden Bewegung des politischen Zionismus und war Vermittler zwischen Herzl und wichtigen jüdischen Persönlichkeiten und Organisationen in England. Er nahm am 1. zionistischen Kongreß 1897 in Basel teil und galt in der britischen Presse als Sprecher der britischen Zionisten.

Zangwill war ein heftiger Verfechter des Uganda-Planes , im Gegensatz zu Theodor Herzl ein ausgesprochener 'Territorialist' 6) und trat 1905, nach dem 7. zionistischen Kongreß (27. Juli - 2. August 1905 in Basel), der den Uganda-Plan verwarf und Palästina als das einzig legitime Ziel jüdischer Einwanderung festschrieb, aus der zionistischen Organisation aus. Er gründete die Jewish Territorial Organization (ITO), deren Aufgabe der Erwerb von Land in Afrika oder anderswo zur Ansiedlung von Juden sein sollte.

Während des 1. Weltkrieges unterstützte Zangwill Wladimir Jabotinski bei dessen Bemühungen um die Gründung der "Jewish Legion".

1917 kam es zur Versöhnung zwischen Zangwill und Chaim Weizmann. Einer der Sprecher der Feier anläßlich der Balfour Declaration war Zangwill.

Die ITO stellte ihre Aktivitäten ein und Zangwill schloß sich wieder den Zionisten an, vertrat aber zunehmend kritische Positionen gegenüber der zionistischen Politik, die sich aus heutiger Sicht als revisionistisch charakterisieren lassen. U.a. forderte Zangwill den Transfer der palästinensischen Araber in andere arabische Staaten.

Als Schriftsteller, der mit Worten umzugehen wußte, wie auch als einer, der sich im politischen Zionismus bewegte, hätte Zangwill durchaus der Schöpfer dieses Slogans sein können; vielleicht hat er es sogar bedauert, daß dies nicht der Fall war. Insbesondere zum späten Zangwill, der den Transfer der  palästinensischen Araber in andere arabische Staaten forderte, was ja nichts anderes bedeutet, als daß er verlangte, das Land zu einem 'ohne - ein -Volk' zu machen, hätte dieser Slogan durchaus passen können. Dennoch ...

Die eigentlichen Urheber und ihr Kontext

Der Kontext, in dem der o.g. Slogan entstand, läßt sich anhand der allgemein zugänglichen Darstellungen zionistischer Geschichte auf die Schnelle nicht ausmachen. Da er aber zumeist im Kontext der Anfänge des politischen Zionismus angeführt wird, war zu vermuten, daß er sich im Zeitpunkt seiner Formulierung durch Zangwill nicht auf Palästina bezog, von dem die Vertreter des politischen wie auch des kulturellen Zionismus wie Theodor Herzl, Max Nordau und Ahad Ha'am z.T. aus eigener Anschauung wußten, daß es nicht unbewohnt war. Schließlich ließ Herzls 1896 erschienener 'Judenstaat' offen, welches genau das zukünftige Siedlungsgebiet sein sollte; Herzl selbst erwähnt ausdrücklich die Alternative Palästina oder Argentinien 7). Die Annahme lag daher  nahe, daß dieser Slogan den Versuch darstellte, das jüdische Problem in Europa und dessen zionistische Lösung: die Umsiedlung großer jüdischer Bevölkerungsteile durch den Erwerb einer Charta, d.h. hoheitlicher Rechte an einem Territorium, in eine griffige und eingängige Formel zu packen.

Bereits bei dem Versuch, diesen Slogan  oder auch diese "Phrase" 8) als ursprünglich in die Ideengeschichte des Zionismus gehörend in einem ihrer grundlegenden Texte  wieder aufzufinden, treten die ersten Schwierigkeiten auf. In keinem der ersten grundlegenden Texte des 'politischen Zionismus', weder in Herzl's 'Judenstaat' noch in den Protokollen der Zionistischen Kongresse noch in den Tagebuchaufzeichnungen Herzl's ( vor allem vom 12.Juni 1895) noch in den zahlreichen Korrespondenzen, läßt sich - auch im Ansatz nicht - die programmatische Idee des 'Land ohne Volk' finden 9).

Erst 1901 schrieb Zangwill  in der New Liberal Review 10):

"Palestine is a country without a people; the Jews are a people without a country. The regeneration of the soil would bring the regeneration of the people."

1920 gab er seine Quelle preis: 

"And if Lord Shaftesbury was literally inexact in describing Palestine as a country without a people, he was essentially correct, for there is no Arab people living in intimate fusion with the country, utilising its resources and stamping it with a characteristic impress; there is at best an Arab encampment..." 11)

Auffällig ist, daß Zangwill etwas klarzustellen bestrebt war, was 1901 der Klarstellung offenbar noch nicht bedurfte, nämlich den Unterschied zwischen Volk/Nation und Bevölkerung. Auffällig ist allerdings auch, daß er dem größten Teil der Bevölkerung, die 1920 in Palästina lebte, die Beziehung zum Territorium und das Interesse an dessen Entwicklung absprach und die arabische Form der Ansiedlung in Palästina als im besten Falle "encampent" bezeichnete - wobei zu fragen wäre, ob die Wertung des 'encampment'  nicht auch für den alten wie den neuen Jishuv gelten müßte. Wenn es auch verlockend ist, sich diesem besonderen 'Schlenker' in der Darstellung zuzuwenden, um herauszufinden, ob hier der homme de lettre oder aber der Politiker - und damit möglicherweise der Revisionist - gesprochen hatte, steht doch im Vordergrund, die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Volk und Bevölkerung im Jahr 1920  näher zu untersuchen. Vorab ist aber nötig, der genauen Formulierung durch Lord Shaftesbury und der Bedeutung, die dieser seiner "Phrase" unterlegte, nachzugehen.

Lord Shaftesbury 12) begann sich mit der Eroberung von Syrien/Palästina 1831 durch Ibrahim Pascha für die Frage der Rückkehr der Juden nach Palästina zu interessieren. Dies stand im Zusammenhang damit, daß er sich zur in England weit verbreiteten chilistiasch/millenaristischen Richtung des Christentums bekannte. Diese endzeitlich und damit heilsgeschichtlich argumentierende Gruppierung erwartete die baldige Wiederkehr Christi, der die Rückführung der Juden nach Palästina  zwingend vorangehen mußte, wobei vorausgesetzt war, daß für die endgültige Wiederkehr Christi die Juden zum Christentum bekehrt werden müßten. Es blieb jedoch unentschieden, ob die Bekehrung vor oder nach der Rückkehr der Juden nach Palästina erfolgen werde bzw. müsse.

Seine "Phrase"   äußerte Shaftesbury 1853 in einem Brief an den damaligen Premierminister Aberdeen , in dem er schrieb, das damalige geographische Palästina (also die osmanische Provinz Syrien) sei "a country without a nation" das einer "nation without a country" übergeben werden müsse. Auf die selbst gestellte rhetorische Frage, ob es diese Nation gäbe, antwortete er: "To be sure there is, The ancient and rightful lords of the soil, the Jews!"13)

Sicherlich hatten auch Lord Shaftesbury's politische Vorstellungen darüber, welche Rolle Großbritannien in den Territorien des Osmanischen Reiches spielen sollte, das zunehmend territoriale Verluste hinnehmen mußte,  ihren Anteil an diesem Vorschlag.  Dennoch ist vermutlich der religiöse Kontext, in dem für Shaftesbury die - noch zu bekehrenden - Juden die "ancient and rightful lords of the soil" darstellten, wegen des heilsgeschichtlichen Zusammenhangs ebenfalls von großer Bedeutung.

Möglicherweise bewegte sich der zweite Schöpfer desselben Gedankens in ähnlichen Zusammenhängen.

John Lawson Stoddard (1850-1931,  aus Brookline, Massachusetts) äußerte seinen Gedanken vermutlich erstmals bei einem Vortrag über Jerusalem und das heilige Land im Jahr 1891/92 14). Stoddard gehörte zu einer der prominenten Familien New Englands, erhielt eine ausgezeichnete universitäre Ausbildung und bereiste zwischen 1874 und 1876 Griechenland, Konstantinopel, Ägypten und Palästina. Nach seiner Rückkehr in die USA begann er eine Karriere als Vortragsredner. Im Frühjahr eines jeden Jahres bereiste er Indien, Ost-Asien, Europa oder Latein-Amerika und im Winter eines jeden Jahres hielt er über seine Reisen Vorträge in den USA. 1896 stellte er diese Tätigkeit ein. Seine Vorträge wurden veröffentlicht in John L. Stoddards Lectures: llustrated and Embellished with Views of the World's Famous Places an People, Being the Identical Discourses Delivered During the Past Eighteen Years under the Title of the Stoddard Lectures. Band II der 1897 veröffentlichten Vorträge enthält die Berichte über Konstantinopel, Jerusalem umd Ägypten. Unter anderem schreibt er dort:

"In a place so thronged with classic and religious memories as Palestine, even a man who has no Hebrew blood in his veins may indulge in a dream regarding the future of this extraordinary people. Suppose a final solution to the "Eastern Question". Suppose the nations of the earth to be assembled in council, as they were in Berlin a few years ago. Suppose the miserably governed realm of the Sultan to be diminished in size. Imagine some portions of it to be governed by various European powers, as Egypt is governed by England at the present time. Conceive that those Christian nations, moved by magnamanitiy, should say to this race which they, or their ancestors, have persecuted for so long: " Take again the land of your forefathers. We guarantee you its independence and integrity. It is the least that we can do for you after all these centuries of misery." 15)

Danach fährt er fort:

"At present Palestine supports only six hundred thousand people, but, with proper cultivation it can easily maintain two and half millions. You are a people without a country; there is a country without a people. Fulfil the dreams of your old poets and patriarchs. Go back,-- go back to the land of Abraham."

Vermutlich handelt es sich nicht um einen Vortrag für eine jüdische Gemeinde, denn aus dem Dankschreiben Jacob H. Schiffs,  der sich für die offenen Worte Stoddards gegenüber den 'gentiles' bedankt, geht hervor, daß der Vortrag vor einem mehrheitlich nicht-jüdischen Publikum gehalten wurde 16).

Es ist nicht verbürgt, ob und auf welchen Wegen Stoddards Ansicht nach Europa und vor allem in jüdische Kreise gelangte. Hierüber kann man nur Vermutungen anstellen.

Deutlich ist allerdings, daß sowohl bei Shaftesbury als auch bei Stoddard in Bezug auf  Palästina von einem Land ohne ein Volk, also ohne eine Nation im Sinne des 19. Jahrhunderts, die Rede ist. Ebenso deutlich ist auch, daß von beiden die außerhalb Palästinas lebenden Juden nicht einfach nur als Fremde, sondern als Volk bzw. Nation mit Anspruch auf ein bestimmtes Territorium angesehen wurden. Beiden geriet aus wahrscheinlich machtpolitischen Gründen, die mit der zunehmenden Schwäche der Zentralregierung in Konstantinopel, deren zunehmenden Territorialverlusten und der immer stärker werdenden Durchdringung der Region durch koloniale/hegemoniale europäische Bestrebungen zusammenhingen, die in der Region Palästina ansässige Bevölkerung als Entität aus dem Blick.

Für Lord Shaftesbury mag dies seine religiöse Ausrichtung erklären, für Stoddard mögen seine Motive offen bleiben. Festzuhalten bleibt, daß sowohl im Amerika des 'nation-building' als auch im Europa der aufbrechenden und sich durchsetzenden Nationalismen das osmanische Reich mit seiner Bevölkerung nicht als eine Nation, auch nicht als Zentralregierung mehrerer klar voneinander unterschiedener Nationen gesehen wurde, sondern als Zentralregierung eines Konglomerates von Bevölkerungen unterschiedlichen nationalen Reifegrades. Für Palästina wäre hier der Frage nachzugehen, warum ausgerechnet dessen Bevölkerung nicht als nationale Entität (und sei es auch in nuce), sondern als je anderen Regierungen zuschlagbare Manövriermasse angesehen wurde.

Vermutlich speist sich dieser Blick aus einer Mischung bestehend aus der religiösen Prägung Europas, d.h. auch der religionsgeschichtlichen, zu der der religiös motivierte Judenhaß untrennbar hinzugehört, und den kolonialen/hegemonialen Ambitionen der europäischen Kolonialmächte.

Fakt ist, daß Zangwill 1920 die Notwendigkeit sah, die Bedeutung seines Rekurses auf Shaftesbruy zu erklären und dessen Meinung, wenn auch ex negativo, klarzustellen.

Zu fragen wäre, welche Konstellation Zangwill zu dieser Erläuterung drängte. Da dies aber einer gesonderten Untersuchung bedürfte, soll hier darauf verzichtet werden.

 Fußnoten:

      1        Dan Diner, Israel in Palästina. Über Tausch und Gewalt im Vorderen Orient,

            Königstein/Ts. 1980, 21, Fn 21, gibt eine kompakte Darstellung der Idee   

            der  Charta 

2    so durchgängig Dan Diner, Israel in Palästina

3    nach Diner die Einbruchstelle für das zionistische Unternehmen in Palästina;    

      zu  den in  Palästina üblichen Eigentumsformen an Boden vergl. die

      ausführliche Darstellung  bei  Kenneth W. Stein, The Land Question in

      Palestine, 1917-1939, University of North Carolina Press 1984, 3ff

4    Edward Said, Zionismus und palästinensische Selbstbestimmung, Stuttgart 

      1981, 23

5 Encyclopedia of Zionism and Israel, hrsg. von Raphael Patai,

6 ein Befürworter der Ansiedlung in dem 1903 angebotenen heutigen Uganda, im Gegensatz zum 'Zionisten', für den die Ansiedlung nur in 'Zion', dem biblischen Palästina in Frage kam

7 Theodor Herzl, Der Judenstaat, Faks. von 1896, (27) "Man gebe uns die Souveränität eines für unsere gerechten Volksbedürfnisse genügenden Stückes der Erdoberfläche, alles andere werden wir selbst besorgen." und (29) "Palästina oder Argentinien? - Ist Palästina oder Argentinien vorzuziehen? Die Society wird nehmen, was man ihr gibt und wofür sich die öffentliche Meinung des Judenvolkes erklärt. Die Society wird beides feststellen."

8 Adam M. Garfinkle, On the Origin, Meaning, Use and Abuse of a Phrase, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript ohne Datum aus dem Zionistischen Zentralarchiv

9 auch in den Tagebuchnotizen vom 12.6.1895, die beispielsweise Nur Masalha, Expulsion of the Palestinians, The Concept of "Transfer" in Zionist Political Thought 1882-1948, Washington 1992, 8f als Beleg für Herzls bereits 1895 formulierte Transferpläne dienen, kommt der Begriff 'Palästina' nur in der Formulierung 'Palästina-Rothschild' vor. *

10 The Return To Palestine, New Liberal Review, London, II, Dez. 1901, 627, zit. nach Garfinkle, 3

11 The Voice of Jerusalem, p.109, zit. nach Garfinkle, 8

12 1801-1885, Anthony Ashley-Cooper, seit 1851 17. Earl von Shaftesbury

13 zit. nach Garfinkle 10 m. w. Nachweisen

14 Garfinkle, 12

15 zit. nach Garfinkle, 11

16 Garfinkle, 13

* Da diese Tagebuchnotiz - übrigens eine von vielen des 12.6.1795 - bis heute

auch in wohlmeinenden nicht-israelischen Kreisen als Beleg dafür herangezogen wird, daß Herzl das Kernproblem des israelisch-palestinensischen Konfliktes von Anfang an erkannt habe, so z.B.in einer Buchbesprechung im Tagesspiegel am 11.8.1997, die sie auch noch in die Palästina-Reise Herzls im Jahr 1898 verlegte, sei sie im Wortlaut wiedergegeben:

"Bei der Landnahme bringen wir dem Aufnahmestaate gleich Wohlfahrt zu. Den Privatbesitz der angewiesenen Ländereien müssen wir sachte expropriieren.

Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Land jederlei Arbeit verweigern.

Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Das Expropriationswerk muß, ebenso wie die Fortschaffung der Armen, mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen. (...)

Heute steigt mir der Gedanke auf, ob ich nicht viel mehr als die Judenfrage löse.

Nämlich tout bonnement die sociale Frage!"

(Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher, hrsg. von Alex Bei, Hermann Greive, Moshe Schaerf, Julius H. Schoeps, Frankfurt/M. 1983, Bd. 2, 117ff)

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