Am heutigen Herbsttag wurde ich Zeuge eines besonderen Schauspiels am Wiener Hauptbahnhof. Schon in der U1-Station schwenken meine Augen von Polizist zu Polizistin, aufgereiht, auf etwas wartend. Sie warten auf einen Zug aus der südlichen Steiermark. Nicht direkt auf den Zug, sondern auf die Insassen. Diese haben nämlich keine Kosten und Mühen gescheut und den Weg nach Wien gesucht, und gefunden. Die Rolltreppe bringt mich auf eine andere Ebene, das Polizeiaufgebot in der U1 Station lasse ich hinter mir.
Am Weg zum Bahnhof eröffnet sich mir ein normales, kaum ungewöhnliches Bild, fast verdächtig ruhig. Im Nachhinein betrachtet war es die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Ich befinde mich nun auf der Hauptebene im Bahnhof, helle Aufruhr zwischen den Aufgängen zu den Bahnsteigen. Eine Menschentraube hat sich gebildet, ich schätze 200 bis 300 Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht, die Exekutive ist zahlreich vertreten um die aufgebrachte Menge kontrollieren zu können, es soll keine Eskalationen geben. Diese Menschen, angereist mit dem Zug aus der südlichen Steiermark, nutzen den Hauptbahnhof in Wien nur zur Weiterreise, niemand will hier bleiben. Die Menge ist aufgebracht, die Menschen schreien kaum verständliche Sprüche in die Hallen des Hauptbahnhofes. Schaulustige, Einheimische und Touristen zücken Smartphones und Kameras, verewigen dieses Schauspiel für die Nachwelt. Die Menschenmenge hat sich in Bewegung gesetzt, einige Polizisten bilden die erste Reihe und führen die Traube in Richtung Stiegenabgang. Die Menschen wirken aggressiv. Kein Wunder, ihre Anreise nach Wien muss beschwerlich gewesen sein. Manche Menschen schrecken nicht einmal davor zurück, ihre Aggressivität mit dem Schwenk einer Bierdose zu unterstreichen. Ja, man möge es kaum glauben, aber unter diesen Menschen gibt es offensichtlich Biertrinker.
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Ein weiteres sehr interessantes Merkmal der Menschenmenge ist die Geschlechterkonstellation. Überwiegend junge Männer sind auszumachen, sie tragen Markenkleidung, besitzen Smartphones. Sie müssen geführt werden, PolizistInnen markieren die Flanken und halten die Menge in Schach. Vor dem Stiegenabgang kommt die Menschenmenge zum Stillstand. Gespannt warten ich und andere Schaulustige auf das Kommende. Anscheinend folgt diese Menschenmenge einem Anführer, einem, der den Schafen Sprüche vorkaut und den Ton vorgibt. Wieder hallen kaum verständliche Schreiverse durch den Hauptbahnhof, doch es ist eindeutig zu erkennen, dass diese Sprüche als Huldigung einer Religion dienen. Einer Religion, die immer wieder mit Gewalt und Aggression für Aufsehen sorgt. Die Menschenmenge verteilt sich auf der kompletten Stiege, nichtbeteiligten Menschen sind Auf- und Abgang versperrt. Niemand hat den Menschen mit besonderen Bedürfnissen wohl erklärt, wie sich ein Mensch in Wien zu verhalten hat, welche gesellschaftlichen Regeln gelten, wie Integration generell funktioniert. Ungeachtet der untragbaren Verhältnisse setzt sich die Menschenmasse in Bewegung, der Weg führt sie in Richtung U1.
Als die letzten Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Hauptebene verlassen haben, sind die Spuren ihres Aufenthaltes kaum zu übersehen. Bierdosen und zusammengeknüllte Taschentücher mussten sich der Schwerkraft hingeben und verteilten sich am Steinboden, Pfützen haben sich gebildet, es fehlt diesen Menschen wirklich am Nötigsten. Ihr Ziel? Das Fußball-Auswärtsspiel von Sturm Graz bei Rapid Wien.