Sind Sie in Weihnachtsstimmung? Nein? Keine Sorge, das dürfte so ziemlich niemand sein. Zu sorgenvoll die Zeiten, als dass man im Namen der Besinnlichkeit abschalten könnte. Schnee ist außerdem auch keiner in Sicht. Davon abgesehen war doch gerade erst Weihnachten 2014. Die Zeit vergeht mit zunehmendem Alter bekanntlich schneller. Der Jahrhundertsommer 2015 war doch gerade erst, die Weihnachtsmärkte eröffnen auch immer früher und dann ist schon wieder Silvester, nicht-eingehaltene Vorsätze inklusive.

Dass die Masse sich grundsätzlich nach wie vor gerne in gewisse Stimmungen versetzen lässt, zeigt jede Fußball-EM oder –WM und momentan der Hype rund um Star Wars. Generationen von jungen Menschen sind mit diesen Filmen aufgewachsen und es dürfte wohl nicht wenige geben, die die Episoden und die dazugehörigen Charaktere besser kennen als die Geschichte von der Geburt Jesu oder den historischen Hintergrund zu Nikolo und Weihnachtsmann. Auch ein Zeichen erfolgreicher Säkularisierung: So halten wir an Traditionen fest, ohne dem Hintergrund wirkliche Beachtung zu schenken. Weihnachten als sinnentleerte Hülle, als der Tag, für den man panisch in letzter Sekunde Geschenke kauft, die oft ohnehin nicht gefallen. Oder Gutscheine, der pragmatische Umgang mit dem Dilemma, die zu beschenkende Person nicht gut (genug) zu kennen. Die nächste Stufe wäre dann die bloße Übergabe von Bargeld. Das kann man noch überall ausgeben – wie praktisch, damit lässt sich das Risiko etwas Falsches zu schenken mehr oder minder vollständig eliminieren.

Weihnachten ist so gesehen jedenfalls für areligiöse Menschen eine höchst ambivalente Zeit. Keiner will darauf verzichten, zumal man ja damit von frühester Kindheit sozialisiert wurde. Alternativen haben sich auch keine ausgebildet. Und in Zeiten allgemeiner Unsicherheit vermitteln alljährlich zur gleichen Zeit stattfindende Ereignisse zumindest ein Mindestmaß an Halt. Gleichzeitig ist der Anlass letztlich doch nicht mehr als ein nettes Märchen ohne valider Geltung für den Alltag.

So versucht man jedes Jahr aufs Neue den Spagat zwischen Boykott und geheuchelter Weihnachtsstimmung. Ein schwieriger Mittelweg, von dem die Star Wars-Euphorie willkommene Ablenkung verspricht. Scheinen die Episoden und alles was dazugehört einer Religion doch einigermaßen nahezukommen – kollektive Erinnerungen und Erlebnisse, ein gemeinsamer Mythos – ohne einem den dazugehörigen Ballast, allen voran die zahlreichen Regeln, anzulasten. Auch wenn Star Wars die Weihnachtsstimmung nicht gekillt hat, verdeutlicht es doch einprägsam, wie wenig sie dieses Jahr aufkommt.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
4 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

irmi

irmi bewertete diesen Eintrag 17.12.2015 22:35:53

Noch keine Kommentare

Mehr von Ralph Janik