Die Bundespräsidentschaftswahlen bestätigen eine schon seit geraumer Zeit bestehende Polarisierung: Die FPÖ gegen „die anderen“, die sich bei heiklen Themen zu einer Art Einheitspartei verschmolzen haben – siehe dazu etwa die Reaktionen auf die Vergewaltigung am Praterstern und ganz allgemein die Frage der Behandlung straffällig gewordener Asylwerber.
Der politische Grundkonsens
Die FPÖ ist die einzige Partei, die hier (und anderswo) ausdrücklich und offen vom politischen Grundkonsens abweicht. Also von all jenen Positionen und Werten, die parteienübergreifend geteilt werden: Die unbedingte Einhaltung der Menschenrechte, die möglichst weitgehende Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen oder ein dezidierter „pro-EU“-Kurs. Weswegen sie bei streitbaren beziehungsweise unangenehmen Themen als einzige Alternative zum Rest punkten kann.
Dazu ein plakatives und zeitnahes Beispiel, die tragische Vergewaltigung einer 21-jährigen Studentin durch drei afghanische Asylwerber am Wiener Praterstern und die damit einhergehende Frage der Abschiebung und Bestrafung straffälliger Asylwerber. Hier hat die FPÖ in einer Pressemitteilung schon in der Headline einmal mehr die „[s]ofortige Abschiebung krimineller "Flüchtlinge" und Asylanten“ gefordert. Die dahinterliegende ratio ist klar: Solche Menschen braucht man hierzulande nicht, solche Menschen haben kein Asyl verdient.
Die übrigen Parteien ignorieren derartige Themen (ich habe zum Stichwort „Praterstern“ keine Presseaussendung der NEOS, der ÖVP oder der SPÖ gefunden) oder üben sich in abstrakten Differenzierungen, die nach Beschwichtigung riechen. So forderten die Grünen „Angebote für Männer, die aus sehr patriarchalen Gesellschaften und Gesellschaftsschichten kommen“ ohne näher darauf einzugehen, was damit eigentlich gemeint sein soll – davon dürften sich nur die wenigsten Wähler angesprochen fühlen.
Jetzt geht die Sache noch weiter: Aufgrund des jugendlichen Alters der Straftäter ist trotz der schweren psychischen Folgen für das Opfer wohl eine eher milde Strafe zu erwarten. Schließlich spielt die Sühne für erlittenes Leid beziehungsweise der Rachegedanke im modernen Strafrecht keine Rolle. Was sich anschaulich anhand des Gerichtsurteils nach der Vergewaltigung einer 72-jährigen Pensionistin durch einen damals 17-jährigen Asylwerbers aus Afghanistan zeigt: 20 Monate Haft, weil geständig und zum Tatzeitpunkt unter 18. Auch bei der Vergewaltigung am Praterstern sind die mutmaßlichen Täter unter 18, auch hier gibt es bereits ein teilweises Geständnis.
Darüber hinaus ist in beiden Fällen keine Abschiebung zu erwarten, weil faktisch und rechtlich nicht möglich. Einerseits aufgrund der leidigen Schwierigkeiten, Heimreisezertifikate auszustellen, andererseits aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (siehe etwa Ahmed gegen Österreich), derzufolge niemand – egal, wie schwerwiegend das Verbrechen – in ein Land abgeschoben werden darf, in dem ihm unmenschliche Behandlung droht (was in Afghanistan der Fall ist).
Die FPÖ-Sonderstellung
Um die Sache bewusst auf die Spitze zu treiben: Drei brutal vorgehende Vergewaltiger bekommen eine (gefühlt-)milde Strafe und dürfen auch nach deren Verbüßung auf unbestimmte Zeit in Österreich bleiben. Die einzige Partei, die sich derartiger Themen mit einer klaren Haltung (unabhängig davon, wie man zu dieser Steht) annimmt, ist die FPÖ, die seit her für harte Strafen und Abschiebung um jeden Preis eintritt. Vom Rest kommt wenig und wenn, dann kaum Konkretes. Sollten andere Parteien ihre Furcht vorm rechten Eck ablegen und auf den Zug aufspringen wollen, wird man es ihnen nicht abkaufen. Schmied oder Schmiedl, die xxx-te.
Jetzt könnte man lange darüber reden, ob die FPÖ ihre Forderungen überhaupt faktisch umsetzen kann (auch die FPÖ würde hinsichtlich der faktischen Einflussmöglichkeiten auf die afghanische Regierung an ihre Grenzen stoßen). Oder darüber, ob das wirklich eine sinnvolle Lösung darstellt beziehungsweise ob es keine Alternativen gibt. Aber darum geht es nicht. Entscheidend ist, dass die FPÖ gerade auf solche Fälle mit greifbaren Forderungen reagiert. Während „die anderen“ entweder nichts sagen oder dermaßen bemüht abstrakt-differenziert reagieren, dass viele Wähler erst recht keine Antwort erkennen können. Genau hier liegt ihre große Stärke: Ungeachtet dessen, was sie wirklich tut, tun kann, wer für sie arbeitet und welches Gedankengut hinter ihr steckt: Die FPÖ fordert Dinge, die impulsartig vielen anderen Menschen in den Sinn kommen. Sie gibt den Menschen das Gefühl, in ihren Ängsten, Sorgen und Emotionen ernstgenommen zu werden. Solange keine der anderen Parteien das schafft, wird sie stark bleiben. Dass man FPÖ-Wähler nach jeder Wahl fast schon routinemäßig als dumm, proletoid und als Nazis abstempelt, wird daran übrigens nichts ändern.