mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Münster, Sharon Fehr, und Reinhard Rupsch, AfD
Sharon Fehr:
Die AfD lässt keine Gelegenheit aus zu betonen, dass viele ihrer Mitglieder auch jüdisch seien. Sie erweckt damit den Eindruck, als würde sie für die Interessen religiöser Minderheiten einstehen und sich für gesellschaftliche Minderheit einsetzen wollen.
Gleichzeitig lässt die AfD ihrer Hetze gegen Muslime und Flüchtlinge freieren Lauf.
Uns Juden kommt, so Ronen Steinke (Redakteur Süddeutsche Zeitung) „(…) in diesem Spiel nur die Rolle der nützlichen Idioten zu. Es irrt gewaltig, wer sich in dieser Rolle geehrt fühlt". Solidaritätsbekundungen der AfD mit uns und Israel? Meine jüdischen Freunde und ich verzichten darauf.
Der Antisemitismus-Experte Gideon Botsch schreibt dazu, dass „(…) dass die AfD ein einseitig instrumentelles Verhältnis zum Antisemitismus hat, der für die AfD immer nur dann wichtig wird, wenn er sich mobilisieren lässt gegen andere Minderheiten, insbesondere gegen muslimische Communities in Deutschland und gegen Flüchtlinge. Andere Facetten des Antisemitismus thematisiert die AfD nicht."
Im Klartext:
Die AfD versucht uns für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
Sie warnt regelmäßig vor dem muslimischen Antisemitismus, um uns auf ihre Seite zu ziehen.
Ich sage mir stets: wer heute gegen Muslime hetzt, hetzt morgen gegen Juden.
Ich denke, dass es so wäre – bei der AfD.
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Antwort von Reinhard Rupsch :
Sehr geehrter Herr Fehr, ich danke Ihnen für Ihre Stellungnahme.
Ich will sie in der gebotenen Sachlichkeit beantworten; auch wenn ich keine Amt (mehr) in der AfD bekleide, so liegt mir ein fairer Umgang mit dieser Partei sehr am Herzen.
"Die AfD lässt keine Gelegenheit aus zu betonen, dass viele ihrer Mitglieder auch jüdisch seien." sagen Sie.
Ja, natürlich.
Auch betonen wir, dass wir weder homophob (wir haben viele Schwule und Lesben in unseren Reihen) noch irgenwie religiös festgelegt sind.
Diese Eigenschaften betrachten wir als Teil einer pluralistischen Gesellschaft und es würde gar nicht nötig sein, darauf hin zu weisen, wenn uns nicht immer wieder von interessierter Seite das Gegenteil unterstellt würde.
Sie werfen uns "Hetze" gegen Muslime und "Flüchtlinge" vor.
Verwechseln sie das nicht mit legitimer Kritik?
Leider ist es zu oft geübte Praxis, Abweichende Meinungen, andere Überzeugungen, ja sogar die Benennung anderer oder ergänzender Fakten als "Hetze" oder "Fake" zu bezeichnen.
Bei vielen unserer Gegner gehört dies leider zum täglichen politischen Geschäft.
Deshalb kann ich jedem Bürger nur empfehlen, Informationen anhand eigener Recherchen (im Internet und anderswo) zu überprüfen.
Auch Ihnen kann ich das nur empfehlen.
Zum Beispiel beinhalten die Video-Botschaften von Henryk M. Broder interessante Denkanstöße.
Er mag uns Alternative nicht gerade - aber hier geht´s ja nicht um Meinungen sondern um Wahrheitssuche.
Zu den Muslimen hat die AfD, habe ich ein ambivalentes Verhältnis.
Wenn eine Religion Frauenrechte ganz anders sieht, als es in Mitteleuropa üblich ist, Glaubensabtrünnige nicht ihrer Wege ziehen läßt sonder verfolgt, Freundschaften mit "Ungläubigen" als "haram" einstuft, Ehrenmord als legitim ansieht, Kinderehen ganz selbstverständlich findet, abendländische Gesetze unter die der Sharia stellt und Gewalt als Mittel des gesellschaftlichen Umgangs akzeptiert, dann ist unser Staat und jeder Bürger herausgefordert.
Wenn sich Muslime dieser Gesellschaft anpassen und sich an unser Recht und Gesetz halten ist, dann gibt es keinen Grund für Kritik.
Jeder soll nach seiner Façon selig werden.
Sagt auch die AfD.
Ähnlich ist es mit den Ausländern / Einwanderern / Flüchtlingen / Schutz- und Schatzsuchenden.
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass nicht die Flüchtlinge selbst sondern unsere Politiker, unsere eigenen Entscheidungsträger in der Kritik der AfD stehen.
Diese sind gefordert, Recht und Gesetz einzuhalten, sind in der Verantwortung Gesetze den Gegebenheiten anzupassen, dass sie praktikabel sind und der Lebenswirklichkeit in Deutschland und dem Recht der "schon länger hier Lebenden" entsprechen. Sie sind in der Pflicht, Behörden so zu organisieren, dass sie Recht und Gesetz in Alltagshandlungen umsetzen können.
Darüber hinaus sind als Gäste dieses Landes - ganz selbstverständlich - auch die Neuen gefordert. Wer die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze dieser Gesellschaft rüde bricht, der hat seinen Schutzstatus verwirkt.
Sehen Sie das anders, Herr Fehr?
Wenn die Süddeutsche Zeitung uns Alternativen unsere Solidarität mit Israel und den Juden nicht abnimmt, dann ist das deren Sache.
Aber Sie, Herr Fehr, hätten ja auch die JUNGE FREIHEIT und das Interview von Moritz Schwarz mit David Berger (Philosophia Perennis) heranziehen können, in dem sehr wohl Gründe und Erfahrungen für eine positive Betrachtung der AfD hätten herauslesen können.
Es ist jedenfalls so, dass Israel die einzige Bastion der Demokratie und westlicher Werte im Nahen Osten ist.
Gleichzeitig halte ich unsere Deutschen jüdischen Glaubens für einen ganz selbstverständlichen Teil unserer freiheitlichen pluralistischen Gesellschaft.
Das ist es, was zählt.
Mit freundlichem Gruß
Reinhard Rupsch