Einige bedeutende "Ausländergruppen" des letzten Jahrhunderts in Österreich: Böhmisch/mährische Ziegelarbeiter, Heimkehrer nach dem ersten Weltkrieg, Vertriebene nach dem 2. Weltkrieg, Ungarnflüchtlinge, jugoslawische Gastarbeiter, Tschechenflüchtlinge, türkische Gastarbeiter, Philippini, Polenflüchtlinge, "Jugo"-Flüchtlinge...
Alle diese Menschen wurden nicht von Ideologen zum Zweck der "Umvolkung" (so nannten die Nazis ihre Germanisierung Europas) nach Österreich geschickt. Masaryks oder Stalins Slawisierung war nicht der Grund. Hunger, Verfolgung und Krieg trieb sie.
Aktuelles Ergebnis ist eine österreichische Bevölkerung, die aus Menschen verschiedener Herkunft besteht. Jeder Versuch, DEN Österreicher zu beschreiben, kann nur eine Minderheit betreffen.
Dennoch haben viele Menschen in Österreich ein bestimmtes Bild DES Österreichers. Es gleicht dem Bild, das sie von sich haben. Ein Bregenzerwälder hat ein anderes Bild DES Österreichers als ein Innviertler, als ein Kärntner, als ein Wiener, ein Favoritner in Wien, ein Hietzinger in Wien... Lauter verschiedene Vorstellungen DES Österreichers.
Dennoch hat eine große Anzahl dieser verschiedenen Menschen mit verschiedenen Vorstellungen vom Österreicher "Angst, dass die österreichische Kultur, der österr. Lebensstil zerstört wird" (Präsidentschaftskandidat Khohl in ZIB 2, 11.1.2016; Khol fantasiert auch, gemeinsam mit vielen andeen Menschen hierzulande, "von einem reichen Instrumentarium, den Zufluss [der Flüchtlinge] zu reduzieren").
Dahinter steht die Grundhaltung, dass sich "der andere" mir anpassen soll. Der andere soll mir ähnlich werden. Oder anders ausgedrückt: dass ich das Anders-Sein nicht akzeptieren kann/will.
Darum ist es so wichtig, dass österreichweit (in den Medien) von ALLEN Bevölkerungsgruppen Diskussionen GEMEINSAM geführt werden, was Österreich sei. Man wird sehen, dass es viele verschiedene Österreicher gibt. Man kann sich trotzdem oder gerade deshalb wohlfühlen. Man muss sich nur trauen, es zu versuchen.
Ich sitze öfters mit meinem Nachbarn zusammen, der aus Tirol kommt, dessen Vorfahren aus Sizilien abstammen, dessen Freundin aus Odessa herzog, die wiederum einen deutschen Vater und eine russische Mutter hat, wir sitzen dann gemeinsam in einer Pizzeria in Wien, die seit mehr als 20 Jahren von einem Chinesen (er hat mittlerweile drei erwachsene Söhne) geführt wird. Und ich esse eine Pizza, die ein Afghane in der Küche zubereitet hat, die von einer Kellnerein aus Polen, die deutsche Großeltern hat, serviert wird. Manchmal hole ich mir von einem Asia-Shop frisch zubereitete japanische Reisspeisen. Der Shop gehört einem Ägypter. Fleisch kaufe ich in einer türkischen Fleischerei meines Vertrauens. Obst und Gemüse am Markt oft von einer Wiener Gärtnerei, die Kroaten gehört...
...Die Angst vor anderen hat, wenigstens hier in Österreich, in den meisten Fällen irreale Wurzeln. Bekämpfen wir diese Angst, und nicht "die anderen".