Journalisten trompeten vom Ende der Schwarzen und Roten. Diese ehemaligen Großparteien seien ab nun Kleinparteien. Soviel ich mich erinnern kann, standen auf dem Stimmzettel keine Parteien zur Auswahl sondern Personen. Und zwar alte und ganz alte. Einzig der spätere (Vor-)Wahlsieger präsentierte sein Gesicht als knabenhaftes Smiley. Es gewann Jung gegen Alt. Das kommt in Wahlgängen öfter vor. Obama gewann seinerzeit (2008) gegen ein ergrautes Haupt mit schütterem Haarwuchs. Amerikanische Karikaturisten brachten es bildlich auf den Punkt: ein strammer schwarzer Phallus besiegt ein hängendes weißes Zumpferl.

Dass die Blauen den politischen Rest Österreichs geschlagen hätten, behaupten in den Medien die Flottschreiber und Kurzdenker. Ein reanimierter Jörg Haider hätte etwa den schwarzen Kurz auch nicht geschlagen. Wäre dieser ÖVPler bei der Präsi-Wahl zur Auswahl gestanden, brauchten wir möglicher Weise gar keine Stichwahl.

Man kann sich schwerlich andere Kandidaten der Schwarzen und Roten vorstellen, die noch weniger Stimmen erhalten hätten. Den koalierenden Parteien kann man den Vorwurf nicht ersparen, dass sie die Präsidentschaftswahl nicht ernst genug genommen haben. Auch wenn der Präsi-Posten de facto nicht einmal so viel politische Kraft hat wie die Schwiegermutter im Haushalt der Schwiegertochter, wenn sie manchmal zu Besuch kommt, hätte Schwarz/Rot die atmosphärischen Auswirkungen nicht ignorieren sollen. Auch die nächste Nationalratswahl wird durch die vorherrschende Stimmungslage entschieden. Ein blauer Präsi wird sich da mit Sicherheit nicht vornehm heraushalten. Immerhin ist Hofer seit 20 Jahren Mitglied der Bundesparteileitung, stv. Bundesparteiobmann und stellvertretender Klubobmann.

Aber es ist nicht so viel in Scherben zerbrochen, wie die polternde Journaille jetzt behauptet. Die Regierung ist nicht am Ende, schon allein mangels Alternativen. Vielleicht setzt sich jetzt strategische Vernunft in den koalierenden Parteien durch; zum Beispiel möge der alte Pröll partei-intern langsam und nachhaltig demontiert werden, oder die im Wohlstand erstickte Frühpensionistenriege der SPÖ-Funktionäre verabschiedet sich endlich von ihrem lähmenden "Gesudere" (Gusenbauer).

Die wichtigste Lehre aus der Präsi-Wahl lautet: Die alten Gesichter will keiner mehr sehen. Vielleicht sehen wir bei der kommenden Nationalratswahl Babler/Kurz/Strache/Strolz. Das wäre keinesfalls eine g'mahte Wiesn für Blau. Schon gar nicht, wenn das Staatsoberhaupt gefühlter Maßen eine Flagge für die FPÖ am Dach der Hofburg wehen lässt.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 27.04.2016 23:21:41

fischundfleisch

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