Die Gesellschaft ist geprägt von einem kontinuierlichen Wandel: Immer wieder kommen technische und technologische Neuerungen auf den Markt. Viele machen das Leben einfacher – Smartphones etwa sind kaum noch aus dem Alltag wegzudenken. Doch bei manchen Neuheiten sind Verbraucherschützer kritisch.
1. eSIM-Karte: Einschränkung der Entscheidungsfreiheit
Eines der Schwerpunktthemen des Verbraucherschutzes ist die Telekommunikationsbranche, die einem ständigen Wandel unterliegt und in den letzten Jahren wegen unseriösen Geschäftspraktiken in den Fokus rückte. So ziehen manche Mobilfunkunternehmen auch Geld für andere Anbieter ein und berechnen Leistungen für Drittanbieter.
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Schon seit einer Weile wird zudem über die Einführung der „embedded SIM“, kurz eSIM-Karte, diskutiert, die dieses Jahr auf den Markt kommen soll. Dabei handelt es sich um eine fest ins Smartphone eingebaute SIM-Karte, die den Vertragswechsel erleichtern soll: Sie kann per Funk gesteuert werden, sodass ein Anbieter- oder Tarifwechsel ohne Kartentausch abgewickelt werden kann. Doch Kritiker befürchten einen Kontrollverlust des Kunden sowie eine Abschaffung seiner Entscheidungsfreiheit bei der Anbieterwahl:
„Kritiker befürchten allerdings, dass die eingebaute eSIM-Karte (…) dem Kunden die freie Wahl seines Anbieters nimmt. (…) Bisher entscheiden Kunden selbst über die Kombination eines Mobilfunkvertrags und dem verwendeten Gerät – dank einsetzbarer SIM-Karte. Auch Prepaid-Karten, mit denen Nutzer heute günstig und vor allem anonym telefonieren können, wären mit einem Schlag überholt.“
So wie damals, als das erste iPhone zu Beginn seiner Vermarktung in Deutschland nur bei der Telekom erhältlich war, könnte es laut Verbraucherschützern auch mit der eSIM ablaufen und die Kunden dadurch zu eng an einen Anbieter binden. Das würde die Position der Endkunden verschlechtern. Nur, wenn alle Beteiligten mitspielen, bleibt den Kunden die freie Wahl zwischen allen Angeboten. Daher müsste es eine neutrale Stelle geben, deren Betreiber jeden Anbieter aufnehmen muss. Aus diesem Grund sind einige regulatorische Maßnahmen nötig. Die eSIM muss genormt werden und Netzbetreiber, Gerätehersteller und SIM-Karten-Hersteller müssen kooperieren.
2. Hoverboards: Trendige Bretter mit Explosionsgefahr
Seit letztem Jahr sind Hoverboards richtig angesagt: Die zweirädrigen Bretter erinnern an eine Mischung aus Segway ohne Lenksäule und aus motorgetriebenem Waveboard. Der Nutzer steht auf zwei über eine Achse verbundenen Plattformen und lenkt das Gefährt durch Gewichtsverlagerungen. Das E-Board ist nicht selbstschwebend wie das von Marty McFly in „Zurück in die Zukunft II“, die Nutzung macht aber Spaß und ist somit für viele eine tolle Neuentwicklung.
Doch Verbraucherschützer warnen vor der Technik der Hoverboards: Diese sind beispielsweise mit Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet, die überhitzen könnten und dadurch eine große Bedrohung darstellen. So wurden bereits zahlreiche Wohnungsbrände durch brennende oder explodierte Hoverboard-Akkus ausgelöst. Die amerikanische Verbraucherschutzbehörde CPSC (Consumer Product Safety Commission) hat deshalb kürzlich 500.000 Hoverboards wegen Explosionsgefahr zurückgerufen. Am 8. Juli waren mehrere Modelle von zehn Marken betroffen, die laut Forderungen der CPSC nicht mehr verwendet werden sollen. Seit kurzem gibt es auch zertifizierte Hoverboards, die von der Underwriters Laboratory-Sicherheitsorganisation ausgestellt wird. Die CPSC empfiehlt, vor dem Kauf nicht nur nach dem Hersteller zu schauen, sondern auch zu prüfen, ob das gewünschte Modell zertifiziert wurde. Das UL-2272-Zertifikat bezieht sich allerdings nur auf die elektrische Sicherheit der E-Boards und nicht etwa auf die Fahrtauglichkeit oder die Fahrsicherheit.
Da die Mini-Segways ein Tempo von bis zu 20 Kilometern pro Stunde erreichen können, gelten sie in Deutschland als „Kraftfahrzeug“ und dürfen daher nicht auf Gehwegen verwendet werden. Für die Benutzung auf Straßen fehlt dagegen die Zulassung. Da es für die Fahrt mit dem E-Board einige Übung benötigt und ungeübte Fahrer schnell das Gleichgewicht verlieren können, ist selbst beim Fahren auf privatem Gelände Schutzkleidung wie beim Skaten zu tragen. Insgesamt sind die trendigen Bretter also zwar für viele ein aufregender und neuer Freizeitspaß, bergen aber auch Gefahren für die Verbraucher.
3. Pokémon GO: Fragliche Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen
Es ist die Trend-App des Jahres 2016: Pokémon GO wurde in Deutschland am 13. Juli 2016 veröffentlicht und löste einen wahren Hype aus – und zwar nicht nur bei denjenigen, die bereits in ihrer Kindheit die Serie rund um Ash und Pikachu mitverfolgten. Das positionsbezogene Spiel, das von Niantic entwickelt wurde, nutzt die Spielumgebung auf dem noch recht neuen Prinzip der erweiterten Realität (Augmented Reality). So ermittelt die App durch GPS und Mobilfunkortung die Standortdaten des Gamers und positioniert ihn virtuell auf einer Landkarte, die der realen Umgebung entspricht. Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen der materiellen Welt werden zur Gestaltung einer virtuellen Spielwelt genutzt. So wie Ash in der Pokémon-Serie können die Spieler virtuelle Pokémon wie Pikachu, Bisasam und Schiggy fangen, trainieren, entwickeln und gegen andere Pokémon kämpfen lassen.
Doch die neue App polarisiert: Neben den vielen begeisterten Gamern werden immer wieder kritische Stimmen laut. Denn durch unachtsames Umherlaufen oder das Spielen während des Autofahrens kam es bereits zu zahlreichen Unfällen. Doch damit nicht genug: Eine Woche nach der Erstveröffentlichung in Deutschland mahnte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Pokémon GO-Entwickler Niantic ab: Denn nach Ansicht des Verbands verstoßen die Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen gegen deutsche Standards – insgesamt fünfzehn Klauseln seien betroffen.
• Datenschutzerklärung: Die Datenschutzerklärung enthält laut vzbv schwer verständliche oder zu weitreichende Einwilligungserklärungen. Personenbezogene Daten könnten an unbeteiligte Dritte weitergegeben werden. Anonymes Spielen sei unmöglich, da Nutzer sich entweder über ein Google-Konto oder im Pokémon Trainer Club anmelden und dabei Nutzerdaten wie die E-Mail-Adresse angeben müssen.
• Nutzungsbedingungen: Der Entwickler könnte den mit dem Spieler geschlossenen Vertrag jederzeit ändern oder die Dienste einstellen, und zwar ohne Geld, das in In-App-Käufe geflossen ist, zu erstatten.
Die Verbraucherschützer haben daher von Niantic bis zum 9. August eine Unterlassungserklärung gefordert, damit die kritisierten Klauseln nicht mehr verwendet werden.
4. Fitnessarmbänder und Co.: Datenschutzprobleme
Durch die Digitalisierung stellen sich für den Verbraucherschutz immer wieder neue Herausforderungen. Das betrifft nicht nur Spiele wie Pokémon GO, sondern auch den Gesundheitsbereich: Neuheiten wie Gesundheitsapps, Schrittzähler und Fitnessarmbänder liegen sowohl bei Hobby- als auch bei Amateursportlern voll im Trend und unterstützen Nutzer beim Abnehmen, Sportmachen und bei der gesunden Ernährung. So können Fitnessarmbänder etwa die Herzfrequenz, die Schrittgeschwindigkeit, die Muskelanstrengung oder die Häufigkeit und konkrete Dauer sportlicher Betätigung messen. Sportler bekommen also einen guten Eindruck über ihre gesundheitliche Verfassung und ihr Trainingspensum.
Solange solche Fitnesstools als Spiel betrachtet werden und die Menschen beispielsweise motiviert, mehr Sport zu treiben, stellt das für Verbraucherschützer kein Problem dar. Schwieriger wird es jedoch, wenn es um die Datenübertragung geht und sich Nutzer fragen, an wen ihre persönlichen Daten weitergegeben werden und was damit gemacht wird:
„Bis heute ist die Transparenz in dem Bereich mangelhaft. Die Stiftung Warentest hat das neulich mal für eine Reihe von Produkten getestet und war extrem ernüchtert, wie die Daten freigiebig weitergeleitet werden – zum Teil eben an die Hersteller der Armbänder oder der Geräte,“ erklärt Klaus Müller, seit 2014 Cheflobbyist beim vzbv, in einem Interview. Auch die Weiterleitung der Daten an die Krankenkassen sei problematisch, so ein Experte von Gidu.ch. Viele Krankenkassen möchten die elektronischen Patientenakten um die Daten aus den Fitnesstools erweitern, da diese zusätzlichen Informationen eine Hilfe bei der ärztlichen Behandlung darstellen könnten. Manche wollen sogar Tarifmodelle entwickeln, bei denen Versicherte, die ihre kompletten Gesundheitsdaten übermitteln, einen günstigeren Tarif bekommen. Privatpersonen dürfen jedoch nicht durch die Aussicht auf möglicherweise niedrigere Krankenkassenbeiträge zur Veröffentlichung solcher sensiblen Daten gedrängt werden. Dabei können über Vergleichsportale wie www.preisvergleich-krankenkasse.ch schon preiswertere Krankenkassentarife gefunden werden.
Besonders die Benachteiligung alter und kranker Menschen wird von Verbraucherschützern befürchtet. Diese würden durch die Verweigerung, Fitnesstools zu nutzen oder die Daten weiterzugeben, schnell identifiziert und diskriminiert, da sie im Gegensatz zu gesunden, fitten Kunden, die eher solche Tools nutzen, nicht von den neuen Tarifmodellen profitieren könnten.
5. Reiseportale: Tricksereien und Internet-Abzocken
Auch der Online-Handel ist ein Bereich der zunehmenden Digitalisierung, der Verbraucherschützer immer wieder auf den Plan ruft. Grundsätzlich haben Online-Shops und Reiseportale im Internet zwar viele Vorteile für die Nutzer – etwa die Möglichkeit, unabhängig von Öffnungszeiten einzukaufen oder Urlaube zu buchen und dabei Preise zu vergleichen.
Klaus Müller vom vzbv sieht jedoch ein Problem darin, dass möglicherweise Profile über die Nutzer erstellt werden, die dann darüber entscheiden, was ihnen in Zukunft angeboten wird und was nicht, oder welche Preise sie zahlen müssen. So werden beispielsweise auf Reiseportalen je nach Tageszeit oder Wochentag ganz unterschiedliche Preise angeboten. Auch andere Tricksereien sind bei der Buchung über Reiseportale üblich: Werben sie anfangs noch mit den günstigsten Flügen oder Hotels, berechnen sie im Verlauf der Buchung oft unerklärliche Service-Gebühren oder Gebühren für die Kreditkartenzahlung. Verbraucherschützer kritisieren die Unübersichtlichkeit dieser Plattformen: Onlinebucher müssten eigentlich viel früher sehen, was Flugtickets im Internet wirklich kosten. Die Rechtslage zum Thema Preistransparenz ist eindeutig: Der Endpreis muss immer von Anfang an mitgeteilt werden. Trotzdem verstecken manche Anbieter immer noch die echten Kosten.
6. Smart Meter: Einschränkung der Entscheidungsfreiheit
Auch die Digitalisierung der Energiewende stellt den vzbv vor eine neue Herausforderung. Im November 2015 wurde ein Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, wonach auch Kleinverbraucher zum Einbau von intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Metern, verpflichtet würden. Diese Stromzähler sollen einen Beitrag zur Energiewende leisten, indem Konsumenten ihren eigenen Stromverbrauch kennenlernen und so effizient Energie sparen können. Die Suche nach Stromfressern wird beispielsweise erleichtert, und Verbraucher haben ihre Stromkosten jederzeit im Blick, sodass sie nicht durch Nachzahlungen überrascht werden.
Die intelligenten Stromzähler seien jedoch laut vzbv zu teuer, und eigentlich müssten Stromnetzbetreiber und Energieversorger für die Kosten aufkommen. Vor allem die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit wird kritisiert: „Verbraucher sollten selbst entscheiden können, ob sie dem Einbau digitaler Stromzähler zustimmen“, findet der vzbv. Auch in punkto Datenschutz und Datensicherheit gebe es Lücken. So könnten Konsumenten der mit den Smart Metern verknüpften Preisgabe sensibler Daten nicht widersprechen.