Alle von uns kennen den Einfluss der Darmbakterien auf unsere Gefühlslage. Erinnert euch nur an eure letzte Magen-Darm-Infektion zurück. Schmetterlinge im Bauch? Gutes oder schlechtes Bauchgefühl? Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, dass Darmbakterien unsere Stimmung und unser Verhalten positiv beeinflussen können. Wie sie das machen ist noch nicht gänzlich geklärt, jedoch eröffnet es neue Wege um Depressionen bzw. Zwangsstörungen zu behandeln.
Sofort nach der Geburt beginnt im menschlichen Darm das Wachsen der kommensalen Mikroorganismen, ein einzigartiges Mikrobiom, das in Symbiose mit uns lebt. Es gibt weit mehr Bakterien in unserem Darm als Zellen in unserem Körper und die ungefähre Masse dieser Mikroorganismen entspricht unserer Gehirnmasse. Die genetische Vielfalt der Kommensalen ist gigantisch, sodass sie fähig sind hunderte verschiedene Moleküle zu produzieren, die essentiell für die Signaltransduktion in unserem Gehirn sind. Dopamin, Serotonin (der Glücklichmacher, zu 95% von Darmbakterien hergestellt) und γ-Aminobuttersäure (GABA) – alle Neurotransmitter werden in unserem Darm produziert. Weiters besteht unser Gehirn größtenteils aus Fett, dessen Vorstufen auch aus dem Metabolismus unserer Darmbakterien entstammen.
Hätten wir keine Darmbakterien würde sich die Funktion und die Struktur unseres Gehirnes drastisch verändern. Studien haben gezeigt, dass Mäuse in einem sterilen Umfeld ohne Kontakt zu Bakterien aus der Umwelt signifikante Veränderungen in deren Gedächtnis, emotionalen Zustand und Verhalten aufwiesen. Sie zeigten autistische Verhaltensmuster und wirkten leblos.
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Eine andere Forschungsgruppe aus Boston hat herausgefunden, dass eine bestimmte Bakterienspezies im Darm GABA für das Wachstum braucht. GABA ist essentiell für die Hemmung von bestimmten neuronalen Signalen im Gehirn und die Tatsache, dass diese Bakterien sich davon ernähren, könnte für die Erklärung, warum unser Mikrobiom unsere Stimmung beeinflusst, hilfreich sein. Hat der Mensch zu wenig GABA resultieren daraus Depressionsmuster und Stimmungsschwankungen.
2011 zeigte eine Studie, der zufolge ein anderer Typus, Lactobacillus rhamnosus, die GABA-Aktivität in den Gehirnen von Mäusen dramatisch erhöhen kann und diese auch stressresistenter wurden. Der Effekt verschwand, sobald der Nervus vagus durchtrennt wurde – was Rückschlüsse auf die enge Verbindung zwischen Gehirn und Darm zulässt und dadurch auch Fragen über den Einfluss der Darmbakterien auf unser Gehirn aufwirft.
Eine andere Studie zeigte einen interessanten Effekt von Bifidobacterium longum. Wissenschaftler kennen einen Zusammenhang zwischen chronischer Colitis und Angstverhalten. Bifidobacterium longum normalisierte das Angstverhalten in Mäusen. Nach durchgeführter Vagotomie konnte kein Anti-Angst-Effekt mehr festgestellt werden. Ein weiterer Hinweis für die Darm-Gehirn-Kommunikation.
Natürlich versprechen diese Erkenntnisse aus der Mikrobiomforschung keine Heilung für psychische Krankheiten, dennoch können sie wesentlich zu einer verbesserten Lebensqualität von betroffenen Patienten beitragen.
Quellen:
http://www.pnas.org/content/108/38/16050
http://www.abstractsonline.com/pp8/#!/4060/presentation/18619
Bercik, P., Park, A. J., Sinclair, D., Khoshdel, A., Lu, J., Huang, X., Verdu, E. F. (2011). The anxiolytic effect of Bifidobacterium longum NCC3001 involves vagal pathways for gut-brain communication. Neurogastroenterology And Motility: The Official Journal Of The European Gastrointestinal Motility Society
Foster, J.A., and McVey Neufeld, K.A. (2013). Gut-brain axis: how the microbiome influences anxiety and depression. Trends Neurosci36, 305-312.