Ask a fat girl – Gibt es Dicke mit Bulimie?

Letztens habe ich erfahren, dass eine Bekannte angeblich an Ess-Brech-Sucht leidet. Das kann ich mir aber gar nicht vorstellen, die Frau hat sicher 90 Kilo oder mehr. Kann es das geben – Dicke, die an Bulimie leiden?

Ja, es gibt bulimische Dicke. Und magersüchtige Männer. Essstörungen könnnen jeden treffen, und es wird Zeit, dass man ein Bewusstsein dafür entwicklet.

Das fiese an Essstörungen ist, dass sie sich oft nicht erkennen lassen, gerade, wenn ein Mensch rein optisch nicht zum Bild passt, das man sich von Essstörungspatienten macht. Daran sind die Medien nicht ganz unschuldig. Auch wenn es Gott sei Dank immer mehr Berichte zum Thema gibt, sind die Bilder leider immer noch ziemlich ähnlich – zarte, junge Frauen erkranken an Magersucht und Ess-Brech-Sucht, und die Dicken steckt man – wenn man überhaupt über sie schreibt – in die Binge-Eating-Schublade.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Ältere Menschen können genauso betrofen sein wie junge, Frauen genauso wie Männer. Man sieht den Betroffenen auch oft nicht an, mit welcher Essstörung sie genau kämpfen, oder mit welchen Essstörungen –  die Grenzen zwischen den Krankheiten sind fließend. Es gibt Schlanke, die mehr essen, als ihrem Körper gut tut, es gibt Dicke, die sich nach dem Essen regelmäßig übergeben, und es passiert immer wieder, dass ehemals Übergewichtige durch Diäten in die Bulimie oder in die Magersucht rutschen. Besonders gefährdet sind sie übrigens, wenn sie schon sehr jung mit den Hungerkuren begonnen haben.

Ich bin ein sehr gutes Beispiel dafür, wie nahe die Essstörung an einander liegen: mit Mitte 20, nachdem ich zwar die Diäten aufgegeben habe, mein Binge-Eating aber noch nicht im Griff hatte, war ich eine Zeit lang drauf und dran, in die Bulimie abzurutschen. Was mich damals gerettet hat, war vielleicht etwas untypisch: keine Therapie, sondern Gesangsunterricht und die Angst um meine Stimmbänder …

Es gibt übrigens nicht nur die drei oben genannten Essstörungen, sondern noch andere, z.B. die Orthorexie, den Zwang, sich ausschließlich „gesund“ zu ernähren, oder Anorexia Athletica, den Versuch, durch übermäßigen Sport abzunehmen. Und selbst wenn man nicht in die Kategorie der klinischen Essstörungen fällt, kann man ein unentspanntes bis ungesundes Verhältnis zu seinem Körper und zum Essen haben, zum Beispiel durch die Spätfolgen von Diäten.

Es wird jedenfalls an der Zeit, die Berichterstattung zum Thema auszuweiten. Und es wird an der Zeit, darüber zu reden,warum Essstörungen immer mehr zunehmen, was in unserer Gesellschaft schief läuft und was jeder einzelne von uns dagegen tun kann …

Foto (c) Rhea Krcmarova

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Sabine Altmann

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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