In letzter Zeit verbringe ich mehr Zeit als sonst damit, Modeblogs zu lesen und zu analysieren. Ich spiele mit dem Gedanken, auf meinem eigenen Blog Venus in echt eine „Outft of the Day“-Kolumne einzuführen und überhaupt mehr über Mode zu schreiben, und suche nach Inspiration für Bilder und Posen. Ich lese jetzt aber nicht irgendwelche virtuellen Mode-Tagebücher von zeitgeistig schlanken Selbststylistinnen, wobei die natürlich auch sehr fein und inspirierend sind. Sondern Plus Size Fashion Blogs, wo die Kleidergrößen erst bei 42/44 anfangen, und wo die Bloggerinnen eine ähnliche Figur haben wie ich. Ja, es gibt solche Webseiten, und zwar mehr, als man glaubt. Langsam, ganz, ganz langsam dringt es auch ins allgemeine Bewusstsein vor.
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Beck von http://www.Manfattan.com trägt Shorts – obwohl ihre Beine weder dünn noch gebräunt sind …
In den letzten Wochen haben sich z.B. die Missy, das Couch Magazin und die Frankfurter Allgemeine dem Thema gewidmet.Zwar läuft die Berichterstattung irgendwie immer noch unter der Special-Interest-Schiene, aber immerhin, es ist ein Anfang, und ich hoffe, dass es noch mehr solcher Artikel gibt.
Plus-Size-Bloggerinnen leisten Pionierinnenarbeit. In den herkömmlichen Publikationen sehen Modetipps für rundere Frauen (so wir denn überhaupt vorkommen, was rar genug ist) in der Regel so aus: Kaschier! Versteck! Schmeichle! Quetsche in Mieder! Lenke ab! Und dazu das ewiggleiche Gerede von Schwachstellen und Problemzonen. (Mit Verlaub, der Nahe Osten ist eine Problemzone, oder die Krim oder meinetwegen Fukushima. Mein Hintern ist es nicht.) Nicht nur, dass uns diese Tipps vermitteln, dass an unseren Körpern etwas falsch ist, sie nehmen uns die Freude an der Mode, und am Experimentieren. Ein Pulli mit Spitzensaum? Unmöglich, der trägt auf, und lenkt den Blick auf (huch!) unerlaubt breite Hüften.
Gaelle-Vanessa von http://www.thecurvyandcurlycloset.com aus Paris lebt vom Bloggen …
Die Styling-Regeln für schlanke Frauen sind übrigens nur bedingt freundlicher, und ob rund oder schlank, die Regeln fordern, dass man einem nicht existenten Ideal-Körper ähnlicher sieht, anstatt die eigenen Körperformen und die Diversität zu feiern.
Was solche Botschaften mit dem Körperbild einer Frau anstellen, die so etwas immer wieder liest, kann man sich jedenfalls vorstellen …
Die Berliner Bloggerin und Stylistin Maria von http://bodymary.de/ mag´s bunt …
Plus-Size-Modeblogs bilden eine bunte Gegenwelt zur Regelwerk-Tristesse, eine Welt, in der es styling-technisch so ziemlich alles gibt. Natürlich laufen viele Blogs unter dem Motto „Tragbares für jeden Tag“, aber man findet so viele andere Stile: Eleganz und Punk und mädchenhaftes Niedlich-Sein und sexy Sirenen-Posen und minimalistischen Office-Chic und romantische Rüschen und rockige Burlesque-Prinzessinnen und neonbunte Hipster-Bräute und weiß der Teufel was noch. Man sieht Frauen, die sich mögen und schön finden, und der „nur wenn du abnimmst, kannst du glücklich sein“-These ins Gesicht lachen. Das Motto vieler der Bloggerinnen: F**k flattering, höflich übersetzt: Pfeif auf „figurschmeichelnd“. Lustvoll ziehen sie sich Tüll-Röcke an und T-Shirt mit Querstreifen und Shorts und Netzstrümpfe und Overalls und so ziemlich alles andere, was die Mode-Bibeln bei allen Frauen, die nicht elfenschlank sind, als Todsünde bezeichnen. Man sieht Bäuche und Brüste und Schenkel und auch ein paar Dehnungsstreifen, zwar schön arrangiert, aber nur minimal oder gar nicht nachbearbeitet. Man sieht eine Wirklichkeit, die allen Diätthesen widerspricht. Und das finde ich unglaublich befreiend und inspirierend.
Vintage-Chic in Leopoldstadt: Anita von http://thickthreads.blogspot.co.at/
Gefällt mir alles, was ich sehe? Nein. Würde ich mir all das anziehen? Auch nicht unbedingt. Darum geht es auch nicht. Das Wunderbare an diesen Webseiten ist, dass die Modebloggerinnen sich ihr Recht auf Mode zurückerobern, in einer Welt, die dicken Frauen vorschreibt, möglichst unsichtbar zu sein. Statt sich zu schämen, leben die Frauen ihren Spaß an Kleidung aus, machen sich Gedanken, wie sie sich selbst und ihren Stil und ihre Stimmung am besten ausdrücken. Sie spielen mit Spitze und Strass und Schnitten und Farben verspielten Details und klaren Linen, und finden das wieder, was an Mode so wunderbar und sinnlich und erfüllend ist. Die Bloggerinnen schaffen es, toll auszusehen, obwohl Plus-Size-Mode immer noch ein sehr vernachlässigtes Gebiet ist. Und sie stellen konventionelle Sehgewohnheiten in Frage.
Mode sieht bei einem anderen Körpertyp nämlich nicht unbedingt schlechter aus, sondern einfach anders. Gewöhnungsbedürftig. Auch, weil uns die entsprechenden Bilder fehlen. Hier helfen Modeblogs von Frauen mit nicht konventionellen Körpern, weil sie uns die Chance geben, unsere Sehgewohnheiten und Körperbilder zu hinterfragen, und vielleicht auch ein paar Selbstbeschränkungen loszulassen. Die Lektüre von Plus Size Modeblogs sei gerade deshalb auch schlankeren Damen sehr als Herz gelegt – viele unserer dünneren Schwestern im Geiste brauchen in Sachen Körper und Modemut nämlich auch mal Motivation und Unterstützung. Und ich weiß, dass es immer wieder passiert, dass eine Frau mit Normalgröße eine runde Bloggerin in einem wunderschönen Kleid sieht, und sich denkt: also, wenn die sich das traut – dann kann ich es auch!
PS: Eine Liste meiner liebsten Plus-Size-Modeblogs findet man auf venusinecht.com