Das Datum und die Kuh - Fiji

Wer ein geschlachtetes Tier nicht sehen möchte, muss diesen Beitrag kurz vor Ende oder am besten gleich wegklicken. Aber vorerst geht es um etwas anderes.

Auf unserer Seite der Weltkugel - also dort, wo wir gerade nicht sind - macht man sich gemeinhin wenig Gedanken über das Datum. Jedenfalls ich nicht. Und schon gar keine theoretischen. Es wird jeden Tag dunkel - mal früher, mal später -, dann wird es Mitternacht, und schon springt das Datum auf der Uhr um. Oder jemand steht vom Sofa auf und reißt ein Blatt vom Kalender ab. Der neue Tag ist da, ganz ohne Probleme, jedenfalls ohne theoretische. Man nennt das eben beschriebene Phänomen schlicht und einfach "Mitternachtslinie". Sie wandert jeden Tag einmal um die Erde und bringt allen Zeitzonen ein neues Datum. Weit und breit kein Problem zu sehen. Aber da ist eines.

Dieser natürliche Datumswechsel erfordert - so kann man lesen, wenn man nachliest - zwangsläufig einen zweiten Datumswechsel. Zwangsläufig? Da muss ich wohl den Kopf etwas schief halten und nachdenken, um die Zwangslage zu erkennen. Oder eben nachlesen. Die Geschichte geht so: Würde jemand ostwärts um die Welt reisen und - wie es sich gehört - an jeder Zeitzone seine Uhr nach vorne stellen, dann hätte er - wenn er beispielsweise wieder nach Wien zurückkehren würde - seiner Uhr entsprechend einen Tag mehr erlebt, als jemand, der daheim geblieben ist. Und er hätte die Sonne auch einmal mehr aufgehen sehen, als die Nesthocker zu Hause. Bei einer Reise in den Westen würde genau das Gegenteil passieren. Da das nicht sein darf, hat man eine feste Datumsgrenze eingeführt. An ihr springt die Zeit - je nach Reiserichtung - um 24 Stunden vor oder zurück. Auf beiden Seiten dieser Datumslinie ist dieselbe Urzeit, aber ein anderern Tag. Heute und Morgen lehnen Schulter an Schulter, sind aber doch 24 Stunden voneinander entfernt.

Irgendwann hat man sich darauf geeinigt, das diese Datumsgrenze im Pazifik entlang des 180. Längengrads verlaufen soll, weil dort weniger Menschen leben als in Europa. Diesen wenigen, so meinte man, könne man ein konkretes Leben in der All-Gegenwart des theoretischen Datum-Problems eher zumuten als den Europäern. Und seither führt diese Datumsgrenze durch die Inselgruppe der Fijis, genau genommen mitten durch Taveuni. Später wurde die Grenze an dieser Stelle zwar etwas ausgebeult und verschoben, damit die Menschen auf den politisch zusammengehörigen Fiji-Inseln an ein und demselben Tag leben können, aber die Fidschianer haben der globalen Lösung dieses theoretischen Datum-Problems trotzdem ein konkretes Denkmal gesetzt. - Und was hat nun eine Kuh mit all dem zu tun? Im Grunde gar nichts. Sie liegt einfach nur da - zufällig oder nicht -, auf dem 180. Längengrad, genau auf der Datumslinie - geschlachtet zwischen heute und gestern.

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irmi

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fischundfleisch

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