Hirtenbrief an die sharende, likende und blökende Facebook-Gemeinde, ihre an und für sich hübschen Gesichter nicht mit Nationalfarben zu verschandeln.
Ja genau Ihr, ihr Facebook-Schafe, wie kommt ihr auf die Schnapsidee, eure an und für sich hübschen Gesichter mit Nationalfarben anzupinseln? Was wollt ihr damit sagen? Je suis La Grande Nation? Eure Anteilnahme sollte den Angehörigen, Freunden & Freundinnen der 129 Toten gelten, eure Solidarität allen, die der Barbarei entgegentreten. Und nicht der jeweiligen Umverteilungsfirma, auf deren Gelände die Barbarei stattfand. Mit eurer blökenden Mitmachkultur seid ihr bloß Teil des Problems. Wollt ihr von Marine Le Pen ins Ohrläppchen gezwickt werden und gallische Mistelzweige geschenkt bekommen? Ha?
Was, wenn die terroristischen Massaker bei uns in Großkaufhäusern und Supermärkten passierten? Seid ihr dann alle Peek & Cloppenburg und macht eure Profilbilder zum blässlich-hässlichen Logo von Hofer oder Spar Gourmet?
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Der Vergleich hinkt? Tatsächlich? Das tut er nur insofern, als dass genannte Firmen euch bloß auf „Konsumenten & Konsumentinnen“ reduzieren, ihre Mitarbeiter & Mitarbeiterinnen und Arbeitskraft in Zulieferländern ausbeuten. Die Firma namens Nationalstaat hat noch ein paar delikate Entmündigungsmodelle mehr in ihrem Portefeuille. Wären eure Fratzen schwarz-rot-gold, wenn die Morde in Deutschland geschähen?
Die Tricolore steht aber für mehr als eine Nationalfarbe, werdet ihr mir jetzt entgegenhalten. Sie steht für Liberté, Égalité, Fraternité, für die Werte, die mit den Morden angegriffen wurden. Auf die hat aber keine Nationalfolklore das Monopol, unter dieser Flagge wurden Olympe de Gouges, Antoine de Lavoisier und Gracchus Babeuf geköpft, und sie wehte über den Foltergefängnissen von Algier.
Eure Symbole, die euch per Sharen und Liken zu inhaltslosen Gemeinschaften zusammenpferchen, wären auch nichts als Ersatz fürs Denken, wenn sie nicht falsch wären. Schaltet für zwei Wochen Facebook aus und denkt, anstatt bestürzt zu sein und bei jedem Blödsinn mitzumachen. Die Welt würde dadurch gewinnen.
Und hört endlich mit dem Quatsch von „unseren europäischen Werten“ auf! Die sind längst bis ans Ende aller Tage versaut, seitdem Sarkozy, Merkel, Hollande, Juncker und Schäuble an ihnen herumfingern. So diese Werte taugen, haben sie keine Nationalfarben; sie mögen auf europäischem Boden gegen europäische Reaktion erkämpft worden sein, doch haben sie keine Heimat, keine Scholle außer die Welt selbst. Sie sind universell.
Auch der radikale Islamismus beansprucht universelle Gültigkeit. Dieser unsäglichen Barbarei mit der Kleinbarbarei des Nationalismus zu kontern, ist das Geschäft der Faschisierung Europas, die gerade in vollem Gange ist. Und am Flaggenverkauf verdienen noch jene nationalen Konzerne und Machteliten mit, die bereits als Hebammen des Islamischen Staates gut verdient haben.
Alors, ihr Facebook-Schafe, lasst eure Wolle nicht national einfärben. Eure Gesichter sind eigentlich zu ansehnlich, um hinter ohnehin verblassenden Wirtschaftsstandortsfarben zu verblassen. Das Design der Fahnen hat nur auf Klopapier Berechtigung! Wie jämmerlich sind alle Nationalfarben der Welt im Vergleich zur Buntheit, in der die noch zu schaffende Gesellschaft leuchten wird. Die aber wird keine Flaggen brauchen.