by Richard Krauss - EMET-NEWS-PRESS
Welch ein Glück, daß der vergangene Sonntag kalt und regnerisch war. Eine gute Gelegenheit, sich mit Ansichten und Einsichten, mit dem Wahlprogramm der AfD und anderen Aspekten der demokratischen Diskussionskultur zu beschäftigen. Beginnen wir mit zwei Zitaten: "Der Islam ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, wir sind für ein Verbot von Minaretten und Muezzins."
Ein weiteres Zitat: "Multikulti hat die Aufgabe, die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen." Beide Zitate werden von der Tagesschau und dem Handelsblatt Frau Storch zugeordnet. Bemerkenswert erscheint mir bei diesem zweiten Zitat, dass uns Frau Storch eine vorgekaute Definition unterjubelt. Der Einlassung beginnt mit "Multikulti hat die Aufgabe...." Woher kommt diese manipulative Aufgabenzuweisung an Multikulti? Frau Storch überrascht uns doch sehr mit dieser Kernkompetenz. Und sie fährt fort "Multikulti hat die Aufgabe, die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen."
Leider lässt uns Frau Storch im Unklaren, wie sie zu dieser Aufgabenzuweisung an Multikulti kommt, wie sie das begründet und vor allem, von wem sie das Mandat erhalten hat für die "Völker" zu sprechen. Der Sprachstil auffallend pauschal und manipulativ, auch unter gezielter Verwendung des Wortes "auszulöschen". So stellt sich die Frage, ob sie die von ihr angesprochene Zielgruppe für
so dumm hält oder es ein billiger Versuch ist, der geneigten Zielgruppe unbemerkt in Aussagesätzen mit unbewiesenen Tatsachen als quasi allgemeingültig und vermeidlich richtig unterzujubeln.
Dass sie dabei ihre Zielgruppe für manipulationsfähig hält, ist bezeichnend und überrascht nicht. Sie offenbart dabei, was sie von ihren Claqueren hält und liefert einen Hinweis auf einen eventuell vorhandenen Hang zu einer Allmachtsphantasie. Doch wie für uns alle und auch für Herrn Erdogan oder Frau Storch gilt Artikel 5 des Grundgesetzes. Also eine Meinungsäußerung, wenn auch der der manipulativen Gattung.
Ein Blick nun auf das zweite Zitat. "Der Islam ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, wir sind für ein Verbot von Minaretten und Muezzins".
Im Plurales Majestatis oder kollektiv als Parteistatement wendet Frau Storch zum zweiten Mal die manipulative Technik im Aussagesatz an. Die erkennbare Intention: "Ich sage es, also ist es so." Spontan fällt mir dabei Descartes "Cogito ergo sum" ein . Wobei ich beim Denken im Falle von Frau Storch nicht so wirklich überzeugt bin.
Nehmen wir den ersten Teil des Zitats "Der Islam ist... " Pauschaler geht es wohl kaum. Und differenzierter war es nicht gewünscht. Warum wohl?
Leider lässt uns Frau Storch im Unklaren - eine Begründung fehlt - und konstruiert sogleich die Forderung für ein Verbot von Minaretten und Muezzins".
Wenn Frau Storch es nicht besser wüsste, man könnte sagen, nun ja, jeder bedient sich seiner Kenntnisse und seines Intellekts. Doch die gelernte Juristin aus dem Oldenburger Hochadel weiß doch sehr genau, was sie beabsichtigt.
Doch gerne wollen wir Frau Storch einen erneuten Blick ins Grundgesetz gestatten: Artikel 4 Absatz 1: "Die Freiheit des Glaubens und Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Absatz 2 ergänzt: "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. "
Und ja, jeder Muezzin, jeder Pfarrer, jeder Richter und auch jeder Rechstanwalt hat sich wie Frau Müller und Herr Schmidt an die im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu halten.
Warum also ein Verbot? Warum der vorsätzliche Impuls gegen Artikel 4 des Grundgesetzes? Auch hier lässt uns Frau Storch - sie ahnen es - im Unklaren. Und paradoxerweise: sie behauptet sogar das Gegenteil: "Der Islam ist NICHT mit unserem Grundgesetz vereinbar!" Wo steht das im Grundgesetz? Ist mir ein geläufiger Kommentar zum Grundgesetz von Hesselberger entgangen, der sich explizit an Juristen wendet ?
Wie sind dann Artikel 4 Absatz 1 und 2 zu verstehen ? Ein Irrtum ? Ein falsches Verständnis zu unserer Verfassung ? Nicht auszudenken! Ich glaube ich nicht, daß Frau Storch bei der Examensvorbereitung während ihrer Ausbildung zur Juristin etwas falsch verstanden hat.
Nein, auch hier wird uns erneut untergejubelt, "der Isalm ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbart". Offensichtlich falsch und dennoch unbeirrt in den Raum gebrochen.
Und ich komme nicht umhin, mich an ein Zitat von Zarko Petan, einem serbischer Schriftsteller, zu erinnern: "Historiker fälschen die Vergangenheit, Ideologen die Zukunft". Was und ob in diesem Zusammenhang etwas auf Frau Storch zutrifft, belasse ich getrost ihrer Urteilskraft.
Ich möchte Ihnen dieses Werk nicht aufgrund seiner überzeugenden oder gar qualitativen Substanz zur gesamten Lektüre empfehlen, sondern um zu sehen, welche Blickrichtung und Intension sich hinter Frau Storch verbirgt. Und auch im Europäischen Parlament war man sich über Frau Storch doch sehr einig, als sie vergangene Woche aus der Europapartei ECPM austrat um einem Ausschluß vorzukommen.
Teil1: die Präambel. Wie Sie wissen ist eine Präambel eine in feierlicher, gehobener Sprache abgefasste Erklärung einer Urkunde, einer Verfassung oder eines völkerrechtlichen Vertrages. Wir dürfen gespannt sein.
Seite 3:
Ab Zeile 15 ereilt uns das Motiv des Handelns: u.a "Dem Bruch von Recht und Gesetz, der Zerstörung des Rechtsstaats und verantwortungslosem politischem Handeln gegen die Prinzipien wirtschaftlicher Vernunft konnten und wollten wir nicht länger tatenlos zusehen " . Behauptung und faktische Belegung - Fehlanzeige .Nicht einmal ansatzweise. Ein klarer Manipulationsversuch und einer Juristin unwürdig.
Spannend wird es in Zeile 31. Ohne Zustimmung des Volkes darf das Grundgesetz nicht geändert werden und kein bedeutsamer völkerrechtlicher Vertrag geschlossen werden.
Das bedeutet faktisch, daß das Parlament entmachtet wird und die repräsentative Demokratie an dem das Volk durch demokratische Wahlen seine Abgeordneten wählt, entmachtet wird.
In der Konsequenz würde das auch bedeuten, daß die freiheitlich demokratische Grundordnung durch eine Volksabstimmung abgeschafft werden könnte.
Die Folgen sind in Polen und Ungarn zu beobachten. Einschränkung der Pressefreiheit, Abschaffung der Gewaltenteilung, Gleichschaltung der Medien usw. . Das bedeutet, daß die AfD die repräsentative Demokratie in der gegenwärtigen Form massiv in Frage stellt. (Seite 3 ab Zeile 31) .
Seite 4 :
"Der Staat hat sich verzettelt." Pauschale und plakative Behauptung ohne argumentativen Nachweis. Einer Juristin unwürdig.
"Nur ein schlanker Staat kann ein guter Staat sein." Pauschale und neoliberale Behauptung ohne argumentativen oder belegbaren Nachweis oder Nennung eines Argumentes, es sei denn, eine ausschließlich neoliberale Geisteshaltung wird zum Stein der Weisen erkoren.
"Staatliche Aufgaben sollen durch "andere Organisationsformen" ersetzt werden".
Unlogisch, da eine Aufgabe nicht durch eine Organisationsform ersetzt werden kann.
Allerdings könnte man daraus folgern: Die staatliche Aufgabe der Gewährleistung der inneren Sicherheit durch die bisherigen Sicherheitsorgane konnten durch andere Organisationen ersetzt werden. Zum Zeitpunkt der Nationalsozialsiten gabe es hierfür abschreckende Beispiele. (GeStapo, SS etc.) .
"Die geschichtliche Entwicklung bleibt unabgeschlossen und offen für überraschende Entwicklungen und Aufbrüche". Sehen diese überraschenden Entwicklungen wie derzeit in Ungarn,Polen,Russland oder der Türkei aus ? Eine geschichtliche Entwicklung ist grundsätzlich nie abgeschlossen, sondern ein kontinuierlicher Prozeß. Eigentlich logisch für das AfD Klientel anscheinend erklärungsbedürftig.
Seite 5 / Zeile 30
"Die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung haben unabhängig und loyal zu sein." Ein krasser Widerspruch. Es stellt sich die Frage, unabhängig gegenüber wem und ebenso loyal gegenüber wem ? Wir nehmen die Befehlsform "haben unabhängig und loyal zusein " zur Kenntnis in aufrechter Haltung und salutierend . Die klassische "ciu bono" Frage ! Wenngleich substanziell wiedersprüchlich.
Für heute solls genug sein. Ganz sicher werden wir schon sehr bald die Reihe "Neues aus dem Storchennest" fortführen und uns mit weiteren zuweilen auch sehr verworrenen Geistesblitzen von Frau Storch und der AfD beschäftigen. Der größte Fehler wäre jedoch wie beim Schach, seine Gegner zu unterschätzen. Dies sei vor allem den etablierten Parteien gesagt.
Einem unbekannten Zeitgenossen verdanken wir dieses Zitat zum Schluss: "Ideologie ist ein Impfstoff, der einen gegen das klare Denken immunisiert."
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