by Richard Krauss EMET-NEWS-PRESS 16.07.2016
Nach nunmehr gut zwölf Stunden ist die Lage in der Türkei augenscheinlich geklärt. Der Chef des Militärs hat die Niederschlagung des Militärputsches bekanntgegeben. 1500 Festnahmen und knapp 200 Tote sind die Bilanz an diesem Samstagvormittag.
War die Situation in den vergangenen zwölf Stunden unübersichtlich und verworren, so kristallisiert sich langsam heraus, dass der Militärputsch gegen die türkische Regierung gescheitert ist.
Verfolgt man die Nachrichtenlage so ist festzustellen, dass ein Großteil der internationalen Staatengemeinschaft Erdogan ihre Unterstützung zusichert. Sie betonen, dass das oberste Ziel die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung wäre und Erdogan schließlich im Rahmen von demokratischen Wahlen gewählt wurde. So wie das eben auch in Warschau oder Budapest ist. Das sind die Spielregeln der Demokratie.
Dass das Thema Militärputsch in der Türkei nichts Neues ist, zeigt der Blick in die Vergangenheit. Bereits viermal, hat das Militär versucht, die jeweilige Regierung aus den Angeln zu heben. In diesem Fall wohl ohne Erfolg. Die Säuberungsaktionen der vergangenen Jahre in der Justiz und dem gesamten Sicherheitsapparat haben dazu beigetragen.
Dass nunmehr Erdogan von Terrorismus spricht und nach knapp zwölf Stunden bereits die Schuldigen ausgemacht hat, überrascht nicht. Schließlich gilt allseits in der Politik der Machiavellische Grundsatz "Der Zweck heiligt die Mittel". Und diese Systematik wendet Erdogan ebenso wie die Putschisten an.
Zugegeben, mir kommt es am heutigen Samstagmorgen etwas scheinheilig vor, dass der eine oder andere Regierungschef betont, dass Erdogan demokratisch gewählt wurde und dies zu respektieren wäre. Wohl kaum einer würde grinsend vor die Mikrofon treten und würde sagen, "leider ist der Destabilisierungsversuch von Erdogan fehlgeschlagen, wir haben uns verrechnet".
Aber es erstaunt mich doch sehr, dass Kommentatoren an diesem Morgen über diesen Putschversuch überrascht waren und ihn nicht für möglich gehalten hatten. Es bleibt festzuhalten, mit aller Wahrscheinlichkeit sitzt Erdogan weiter fest im Sattel und wird sein autokratisches Präsidialsystem installieren und festigen. Ebenso werden die NATO und auch Frau Merkel weiter gute Miene zum bösen Spiel machen. Pragmatismus ist wohl hierfür der Fachbegriff.
Dass der Chef der Terrororganisation Hamas am heutigen Morgen Erdogan zur Niederschlagung des Putsches gratuliert scheint eine Randnotiz zu sein. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass Erdogan die Hamas mit Terroristen gemeint hat.
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